(Keine) Mehrheit für die Unabhängigkeit
Es ist ein ironisches Ergebnis: Wären die am Sonntag in Katalonien durchgeführten Regionalwahlen tatsächlich ein Referendum über die Unabhängigkeit gewesen, wie es Regierungschef Artur Mas proklamiert hatte, wären die Befürworter einer Abspaltung von Spanien gescheitert. Lediglich 47,86 Prozent der Abstimmenden votierten für eine der beiden Listen, die offen für die Unabhängigkeit eintreten: 39,65 Prozent für die von Mas geführte »Junts pel Sí« (Gemeinsam für das Ja) und 8,21 Prozent für die linksradikale und antikapitalistische CUP (Kandidatur der Volkseinheit). Doch nach dem spanischen Wahlrecht reicht dieses Ergebnis für die absolute Mehrheit im katalanischen Parlament: Zusammen 72 Sitze im 135 Abgeordnete zählenden Parlament.
Entsprechend feiert vor allem Junts pel Sí das Ergebnis als Sieg der Unabhängigkeit – obwohl weder Mas noch Spitzenkandidat Raül Romeva dieses Wort am Sonntagabend bei der Wahlfeier in den Mund nahmen. Doch das böse Erwachen könnte schnell kommen, denn die CUP hat angekündigt, Mas wegen dessen neoliberaler Kürzungspolitik der vergangenen Jahren nicht zum Regierungschef wählen zu wollen. Einen anderen Bündnispartner hat Mas jedoch nicht. So könnte es entweder einen Kompromiss geben, damit der Prozess der Unabhängigkeit von Spanien nicht ins Stocken gerät – oder die Verhandlungen zwischen beiden Listen scheitern und es gibt Neuwahlen. Das aber dürfte gleichbedeutend mit dem Ende der Unabhängigkeitsbewegung sein.