3. Dezember 2024

Im Andenken an den katalanischen Präsidenten Lluís Companys (1882-1940): Zur Verteidigung der Demokratie

Gedenken an Lluís Companys. Foto: Ajuntament de Vilanova i la Geltrú (CC BY-ND 2.0)Wir dokumentieren eine Erklärung der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) in Deutschland:

Am 15. Oktober 2015 jährt sich zum 75. Mal der Tag, an dem das faschistische Regime General Francos den 123. Präsidenten der Generalitat von Katalonien, Lluís Companys i Jover, erschießen ließ.

Am Ende des spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) ging Präsident Companys ins Exil nach Frankreich. Drei Wochen nach dem Waffenstillstand von Compiègne, bei dem sich Frankreich Nazideutschland ergab, nahm die Gestapo auf Bitte der spanischen Botschaft hin den katalanischen Präsidenten fest. Companys wurde den spanischen Behörden ausgeliefert und nach Madrid gebracht, wo er gefoltert wurde. Danach inhaftierte man ihn in Barcelona in der Festung von Montjuïc. Dort wurde er vor ein militärisches Standgericht gestellt, ohne rechtliche Garantien. Am frühen Morgen des 15. Oktober 1940 wurde Lluís Companys in der Festung von Montjuïc hingerichtet.

Um die Tragweite dieses Verbrechens zu begreifen, sollte unterstrichen werden, dass der Präsident der Generalitat der höchste institutionelle Vertreter Kataloniens ist. Companys war und ist der einzige demokratisch gewählte Präsident Europas, der von den Faschisten exekutiert wurde. Im Andenken an Präsident Companys und an tausende von den Faschisten Ermordete erklärte die katalanische Regierung den 15. Oktober zum Nationalen Gedenktag an die Opfer des Bürgerkriegs und der faschistischen Unterdrückung.

Zum 50. Jahrestag der Ermordung von Lluís Companys, am 15. Oktober 1990, schrieb der damalige Außenminister, Hans-Dietrich Genscher, im Namen der Bundesrepublik Deutschland an den damaligen Präsidenten der Generalitat, Jordi Pujol i Soley:

„Der 50. Jahrestag der Hinrichtung des Präsidenten der Generalitat von Katalonien, Lluís Companys i Jover, ruft uns eine der düstersten Perioden der Geschichte Deutschlands und Spaniens schmerzlich in Erinnerung. Lluís Companys, eines ihrer bekanntesten Opfer, steht für viele, die ihr Eintreten für Freiheit und Demokratie mit dem Leben bezahlten. Wir teilen Ihre Trauer um den zweiten Präsidenten der Generalitat de Catalunya (seit der spanischen Republik, Anmerkg.). Wir sind uns der Beteiligung in deutschem Namen bewusst. Wir wissen uns mit Ihnen in der Überzeugung einig, dass die Ideale, für die Lluís Companys i Jover sein Leben gab, letztlich über die Macht der Gewalt gesiegt haben”.(Originalschreiben im Zentralarchiv des „Departament de Presidència de la Generalitat“, Documentacio Institucional, Fons President Pujol.)

Es ist also schon 25 Jahre her, dass Deutschland für die Beteiligung der Gestapo an der Verhaftung Companys um Entschuldigung bat. Doch der spanische Staat, in dessen Namen Companys gefoltert und ermordet wurde, hat bis heute, nach 37 Jahren Demokratie, kein einziges Wort der Entschuldigung gefunden. Trotz wiederholter Anfragen der Regierung Kataloniens wurde Companys bis heute nicht rehabilitiert, die militärischen Gerichte jener Zeit wurden nicht für illegal, das Urteil nie für null und nichtig erklärt, und es wurde nie um Verzeihung gebeten.

Vor 75 Jahren wurde der damalige katalanische Präsident erschossen, den Worten Genschers zufolge, weil er Freiheit und Demokratie verteidigte. Und auf den Tag genau 75 Jahre nach jenem Verbrechen ist der heutige katalanische Präsident Artur Mas vor die spanische Justiz bestellt worden, weil man ihm vorwirft, das demokratische Mittel der Stimmabgabe an den Urnen unterstützt zu haben, um eine Befragung der Katalanen über ihre politische Zukunft am 09.11.2014 zu ermöglichen. Dass die spanische Justiz gerade den 15. Oktober, den 75. Jahrestag von Companys Erschießung, gewählt hat, ist kein Zufall. Es ist eine bewusste Demütigung der Katalanen und ihrer Institutionen.

Im Andenken an Präsident Companys und an die Ideale, die er verteidigte und für die er mit seinem Leben bezahlte, verteidigen wir, die Bürger Kataloniens, über verschiedene politische Meinungen und Ideologien hinweg die Demokratie und unsere Institutionen. Wir glauben, dass politische Konflikte nicht durch juristische Urteile gelöst werden können, sondern lediglich durch die freie Entscheidung der Bürger, manifestiert durch deren Stimmabgabe. Wir halten es für unvorstellbar, dass jemand bestraft werden soll, weil er die Aufstellung von Urnen erlaubt hat, die uns Bürgern auf demokratische Weise ermöglichte, unsere Meinung zu äußern.

Die spanische Justiz greift damit nicht nur die katalanische Unabhängigkeitsbewegung an. Indem sie die demokratischen Prozesse, die der Befragung des 9. Novembers vorausgingen und die Befragung an sich in Frage stellt und kriminalisiert, greift sie die Souveränität jedes einzelnen Bürgers Kataloniens an.

Für eine politische Zukunft Kataloniens und für einen Ausweg aus der Sackgasse, die der spanische Staat mit seinen sichtbaren demokratischen Mängeln geschaffen hat, brauchen wir die Solidarität und die Fürsprache aller Bürger und Institutionen Europas.

15.10.2015 ANC-Deutschland.

 

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