27. Dezember 2024

Die DKP diskutiert: »Marxismus-Leninismus« oder nicht?

Versteht sich die DKP als marxistisch-leninistische Partei?Im Vorfeld des am kommenden Wochenende stattfindenden 21. Parteitags diskutiert die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) über eine Passage des Leitantrags, in dem die Organisation als »marxistisch-leninistisch« definiert wird. Vor allem aus dem Umfeld der Rechtsabspaltung »marxistische linke« wird dieser Begriff scharf attackiert. Wir dokumentieren nachstehend einen Beitrag des stellvertretenden DKP-Vorsitzenden Hans-Peter Brenner zu dieser Diskussion:

Ein in den vergangenen Monaten manchmal sehr emotional und kontrovers diskutiertes Thema in der Debatte des Leitantrages des 21. Parteitags war und ist das Thema „Marxismus-Leninismus“. Die Kontroverse entzündet sich an zwei schlichten Sätzen des Leitantragentwurfes. Sie lauten:

„Die DKP steht für die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau des Sozialismus. Als marxistisch-leninistische Partei geht sie vom gesellschaftlichen Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit und der Notwendigkeit der revolutionären Überwindung des Kapitalismus aus.“

In verschiedenen Anträgen aus Rheinland-Westfalen, dem Saarland , Hamburg oder auch Rheinland-Pfalz gibt es dazu ausführliche ablehnende Argumentationen und Gegenträge. Auf der Bezirksdelegiertenkonferenz Rheinland-Westfalen, an der ich selbst als Delegierter und zugleich als offizieller Gast des PV teilnahm, nahmen die Debatten – auch auf Grund meiner eigenen heftigen Intervention – zum Teil ungewohnt harte Züge an.

Ich musste mich nachträglich selbst fragen (lassen), ob ich bei diesem Thema nicht zu heftig aufgetreten sei. Ich meine, dass diese Diskussion mehr als nur notwendig ist, weil es sich nicht um irgendein Thema handelt, sondern weil es um das Selbstverständnis einer KP geht, die unter dem Eindruck der historischen Niederlage von 1989/90 bis zum heutigen Tag um ihr eigenes Selbstverständnis ringt. Und das geschieht – zum Glück ! – nicht im luftleeren Raum oder in ruhigen, abgeschiedenen Studiersälen, sondern inmitten zahlreicher aktueller Herausforderungen und inmitten eines vielstimmigen „Chores“ anderer linker Organisationen und Diskussionszusammenhänge.

– mehr ist als eine „theoretische“ Frage, weil sie die Gesamtheit der Persönlichkeit und der Biographie der sich als Kommunistinnen und Kommunisten organisierten Menschen berührt. Wir haben es mit Fragen wie den folgenden zu tun:

Sind wir als KP nur ein politischer „Zweckverband“? Vielleicht nur mit zeitweiligen politischen Gemeinsamkeiten und auch stark variablen und lockeren Netzstrukturen? Oder sind wir in einem gewissen Sinne „Überzeugungstäter?“ D.h. sind wir von gemeinsamen wissenschaftlichen und politisch-weltanschaulichen Grundüberzeugungen geleitet, die uns auf Dauer zusammenhalten, weil wir uns in einer „radikalen“ Gegnerschaft zum System der Ausbeutung von Mensch und Natur durch das System des Kapitalismus-Imperialismus sehen?

Die Klärung dieser aus meiner Sicht „existentiellen“ Fragen wird dadurch erschwert, dass in der Diskussion einige Dinge durcheinander geworfen werden und teilweise nur mit geschichtlichem Teilwissen oder gar nur gestützt auf bürgerliche Behauptungen argumentiert wird.

Es lassen sich dabei drei Argumentationsstränge erkennen.

Erster Argumentationsstrang:

Der Begriff Marxismus-Leninismus stehe für eine „stalinistische Deformierung.“

Was ist dem entgegen zu halten?

„Marxismus-Leninismus“ als Resultat eines kollektiven Diskussionsprozesses

Wie ich schon auf der 1. Theoretischen Konferenz in Hannover in spontaner Einlassung zur Kritik an der Formulierung des Leitantrages, wonach die DKP eine „marxistisch-leninistische Partei“ ist, erklärt hatte, stammt der Begriff „Leninismus“ oder auch „Marxismus-Leninismus“ keineswegs originär von Stalin. Diese Kritik habe ich dann auf der folgenden 13. PV Tagung vertieft, sie ist nachzulesen in den entsprechenden „DKP-Informationen.“

Der Begriff „Leninisten“ bzw. „Leninismus“ wurde zunächst im 1. Weltkrieg als Kampfbegriff Trotzkis gegen die Bolschewiki benutzt. Nach Lenins Tod sprachen und schrieben dann viele der führenden russischen Kommunisten von und über den „Leninismus.“ Darunter G. Sinowjew, N. Bucharin, M. Kalinin, J.W. Stalin aber auch Lenins Witwe N. Krupskaja.

Trotzki sprach bspw. in seinem Telegramm zum Tode Lenins von der „Fackel“ bzw. „Leuchtfeuer“ des Leninismus, die/das die Bolschewiki weitertragen müssten.

Diese breite und vielstimmige Diskussion war völlig logisch. Denn natürlich mussten die Bolschewiki sich darüber verständigen, was nach Lenins Tod von seiner theoretischen Arbeit weiterhin Bedeutung haben würde und musste. Wenige Monate nach Lenins Tod im Januar 1924 argumentierten auch auf dem V. Kongress der Kommunistischen Internationale sehr viele Redner, bekannte und unbekannte, Vertreter aus Betrieben und Hochschulen, zum Begriff und zum Inhalt des „Leninismus.“

In der Führung der wichtigsten Partei der Komintern, der KPdSU(B), waren es besonders G. Sinowjew, der Vorsitzende des Exekutivkomitees der Komintern und enge Weggefährte Lenins aus dem Schweizer Exil, und J.W. Stalin, der Generalsekretär der Partei der Bolschewiki, die sich beide in Vorlesungen an der Swerdlow-Universität ausführlich und auch mit unterschiedlichen Akzentuierungen über den „Leninismus“ äußerten. Dabei betonte Stalin im Unterschied zu Sinowjew mehr den allgemeinen internationalen Charakter des Leninismus. Auf dem 5. Kominternkongress hielt Sinowjew dann sein Hauptreferat vor allem zu diesem Thema.

„Marxismus-Leninismus“ als Resultat eines internationalen Diskurses über die „Bolschewisierung“

Auch viele nichtrussische Delegierte des V. Kominternkongresses beteiligten sich an der Debatte über den „Leninismus“. Darunter die deutschen Kommunisten mit Wortmeldungen von Ruth Fischer und Ernst Thälmann. Auch der damals kaum bekannte vietnamesische Revolutionär Nguyen Ai Quoc, der später als Ho Tschi Minh in die Geschichte einging, benutzte den Begriff „Leninismus.“ In den beiden Protokollbänden des Kongresses ist das alles nachzulesen.

Im Herbst 1924 beschloss dann die 5. Erweiterte Tagung des Exekutivkomitees der Komintern in Fortsetzung der Debatte auf dem V. Komintern-Kongress das Konzept der „Bolschewisierung“ der Kommunistischen Parteien.

Das Ziel der „Bolschewisierung“ war ein doppeltes: Basis der Organisation sollten künftig nicht mehr die nach den offiziellen Wahlbezirken ausgerichteten Wohngebietsgruppen sein, sondern Betriebsgruppen. Die organisationstheoretischen und -politischen Erfahrungen der Oktoberrevolution und der Bolschewiki sollten stärker für die eigenen Kampfbedingungen angewendet werden. Das Prinzip des Demokratischen Zentralismus sollte in den Kom-Parteien verankert werden. Untrennbar damit verbunden war die Orientierung auf die umfassende inhaltliche Aneignung der als „Leninismus“ bezeichneten Lehren Lenins. Die 5. (erweiterte) EKKI-Tagung machte dies zur Verpflichtung für alle KPen.

Der Anstoß dazu war ausgegangen von der KPD, die aus der Niederlage im Herbst 1923 – dem sog. „Hamburger Aufstand“ – die Konsequenz eines organisatorischen und ideologischen Umbaus im Sinne der Weiterentwicklung ihres noch von der alten SPD geprägten Parteikonzeptes zog. Aber auch die norwegische KP hatte schon früher von sich aus eine Debatte über die „Bolschewisierung“ begonnen.

Der Pole Krajewski sprach auf dem V. Kominternkongress sogar davon, dass seine Partei unabhängig von formalen Beschlüssen der Komintern bereits mit der „Bolschewisierung“ begonnen hätte.

„Wir haben früher als andere Parteien die Losung der Bolschewisierung der Partei gestellt und haben alle Anstrengungen gemacht, um diese Bolschewisierung möglichst gründlich durchzuführen. Unser zweiter Kongress, den wir im Herbst vorigen Jahres abgehalten haben, bedeutete eben eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Bolschewisierung.“ (Protokoll des V. Kongresses der Komintern, Bd. 1, S. 284)

Die Losung von der „Bolschewisierung“ – und damit auch der Durchsetzung des Marxismus und des Leninismus in der Komintern als verbindlicher Grundlage hatte demnach nicht einen einzigen Urheber – schon gar nicht etwa Stalin, der auf dem 5. Weltkongress der Komintern keine besonders herausgehobene Position einnahm. Zu diesem Zeitpunkt war er nur einer von mehreren prominenten Führern der russischen Partei. Die wichtigsten Reden der russischen Delegation – abgesehen vom Hauptreferat G. Sinowjews – wurden von Bucharin, Kalinin, Radek und Manuilski gehalten. Auf Stalin wurde lediglich vereinzelt als Spezialist und Theoretiker für Fragen der Nationalitätenpolitik Bezug genommen.

Togliatti, Gramsci und das Programm der Komintern über Marxismus-Leninismus

Unter denen, die diese Beschlüsse sehr begrüßten, waren die sicherlich nicht mit dem Etikett „Stalinisten“ abzuqualifizierende Clara Zetkin oder auch der Italiener Antonio Gramsci, der sich vehement für die Bolschewisierung der Italienischen Partei einsetzte und in seinen „fünf Punkten“ für das Wirksamwerden einer echten kommunistische Partei explizit verlangte: „Jeder Kommunist“ muss Marxist-Leninist“ sein. (A. Gramsci: Zu Politik, Geschichte und Kultur, Leipzig 1980, S.127) In den gemeinsam mit P. Togliatti verfassten Thesen für den im Januar 1926 stattfindenden III. Parteitag der KPI sprachen sich beide für die „Umwandlung der kommunistischen Parteien in bolschewistische Parteien, in denen sich die Avantgarde der Arbeiterklasse zusammenschließt“ aus.

Nach einem kurzen Rückblick auf den Zusammenbruch des früheren sich noch auf Marx berufenen Zusammenschlusses der sozialistischen und sozialdemokratischen Arbeiterparteien in der „II. Internationale“, die unter dem Einfluss des Rechtsopportunismus und Revisionismus so sehr politisch und moralisch degeneriert waren, dass sie schließlich der Kriegspolitik ihrer jeweiligen Regierungen zugestimmt hatten, schrieben sie:

Die einzige Partei, die sich vor der Degenerierung rettete, ist die Partei der Bolschewiki, … weil sie aus ihren Reihen die antimarxistischen Strömungen ausschloss und mit Hilfe der Erfahrungen aus drei Revolutionen den Leninismus ausarbeitete, der der Marxismus der Epoche des Monopolkapitalismus, der imperialistischen Kriege und der proletarischen Revolution ist.“ (a.a.O.: S. 150)

In Italien sei bislang der Aufbau der Kommunistischen Partei auch deshalb so schwierig und langwierig erwiesen, weil „in ihren Reihen eine tiefe und weitverbreitete Kenntnis der Theorien des Marxismus-Leninismus“ gefehlt habe. (a.a.O. , S. 163)

Und: „Grundlage der ideologischen Einheit ist die Theorie des Marxismus und des Leninismus, wobei letzterer als marxistische Theorie zu verstehen ist, die der Periode des Imperialismus und des Beginns der proletarischen Revolution entspricht (Thesen über die Bolschewisierung).“ (ebenda)

Diese und andere Debatten und Beschlüsse über das Selbstverständnis der Komintern-Parteien mündeten in das vom VI. Komintern-Kongress 1928 beschlossene offizielle Programm der Komintern ein. Darin wurde der Marxismus und der Leninismus als Grundlage der der Komintern definiert.

Vorsitzender des Exekutivkomitees war zu dieser Zeit Nikolai Bucharin, der von Lenin einst als „Liebling der Partei“ bezeichnet worden war. Er war schon gar nicht ein „Stalinist“ – Bucharin war der Hauptautor des Programms und wurde 1937 eines der Verurteilten der sog. „Moskauer Prozesse“. Der Leninismus wurde im Komintern-Programm bestimmt als „Marxismus des 20. Jahrhunderts“, als „Marxismus der Epoche der proletarischen Revolution.“ Dass dies auch mit der Definition Stalins in seiner Vorlesung vor der Swerdlow Universität übereinstimmte, ist in etwa so sensationell wie die Feststellung , dass dieser in seinen Reden und Artikeln auch solche Begriffe benutzte wie „Sozialismus“, „Kommunismus“, „Proletariat“, „sozialistische Revolution, etc., pp.

Zweiter Argumentationsstrang: Der Begriff Marxismus-Leninismus stehe für eine theoretische Verengung

Die in diesem Zusammenhang derzeit öfter angeführten Hinweise auf den „Kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU“ von 1938 (!) oder auch auf das Statut der KPdSU von 1934 (!) tragen weder zur Erhellung der Entstehungsgeschichte noch der inhaltlichen Definition des Begriffs „Marxismus-Leninismus“ bei. Beide Dokumente sind 10 oder fast 15 Jahre später verfasst worden.

Sie sind auch wenig hilfreich zum Verständnis der historischen Wirksamkeit oder der theoretischen Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus vor allem nach 1945. Sie erhellen auch nicht Irrwege und Irrtümer bei der Weiterentwicklung der Theorie von Marx, Engels und Lenin – wie es sie übrigens auch in allen anderen wissenschaftlichen Systemen und in der Wissenschaftsentwicklung generell gibt.

Wenn im „Kurzen Lehrgang“ von Marxismus-Leninismus die Rede ist, dann entspricht dieser Gebrauch völlig dem damaligen Gesamtkonsens der internationalen kommunistischen Bewegung und der breiten Diskussion über das Erbe und die historische Rolle Lenins.Und man sollte auch nicht so tun, als sei dies das „einzige und letzte Wort“, das von marxistisch-leninistischen Wissenschaftlern und Theoretikern seit 1938 dazu gesagt wurde.

Wie differenziert die weiteren internationalen wissenschaftstheoretischen Debatten beim Bemühen um die Erfassung und Weiterentwicklung des philosophischen und politischen Erbes von Marx, Engels und Lenin waren, erhellen z.B. die in diesem Jahr erschienene Autobiographie des bekannten DDR- Philosophen Alfred Kosing „Innenansichten als Zeitzeugnisse“ oder auch die schon etwas ältere Autobiographie des DDR-Philosophen und Naturwissenschaftlers Herbert Hörz, „Lebenswenden“, aus dem Jahre 2005.

Beide, so unterschiedlich die Verfasser als Personen, so verschieden ihre eigenen theoretischen Beiträge zur Entwicklung der marxistischen Philosophie und so groß die Unterschiede in einigen theoretischen Fragen zwischen ihnen waren und sind, äußern ihren Respekt vor den theoretischen Leistungen ihrer Vorgänger. Sie machen zugleich deutlich, wie kompliziert die Erschließung von theoretischem Neuland und die Systematisierung neuer Erkenntnisse in Natur- und Gesellschaftswissenschaften innerhalb des „Paradigmas“ des Marxismus-Leninismus war und ist.

Ich selbst habe in meiner Studie zur Entwicklung der marxistischen Persönlichkeitstheorie in der DDR anhand des Projektes der „bio-psychosozialen Einheit Mensch“ ja nur einen kleinen Ausschnitt dieser Bemühungen nachvollziehen und darstellen können. Aber – ich wiederhole: Zick-Zack-Wege in der Theorieentwicklung, das sind keine Besonderheiten der marxistisch-leninistischen Theoriegeschichte, das ist Teil des normalen Prozesses von Wissenschaftsentwicklung überhaupt.

Wenn vor diesem geschichtlichen Hintergrund die Begriffe „Marxismus-Leninismus“ oder „marxistisch-leninistisch“ als Unworte behandelt werden, dann ist das in meinen Augen ein nicht nachvollziehbarer politischer Irrweg. Es ist letztlich auch ein politischer Kniefall vor dem ideologischen Druck des Gegners.

Und ich sage das auch im Zusammenhang mit dem dritten Argumentationsstrang in den heutigen Diskussionen: Es ist einfach historisch falsch, dass die KPD nach ihrem Verbot von 1956 und dass dann auch wir nach der Neukonstituierung zur DKP den Begriff Marxismus-Leninismus abgelehnt und nicht mehr benutzt hätten.

Ich verweise auf den Programmentwurf der KPD vom Frühjahr 1968: er sollte damals von Herbert Mies und Max Schäfer auf einer Pressekonferenz in Frankfurt vorgestellt werden. Die Polizei verhinderte das. H. Mies wurde damals kurzzeitig inhaftiert.

Was schrieb die KPD in diesem Programmentwurf über ihre Haltung zum Marxismus-Leninismus?

Ich zitiere:

  1. 25: „Wir fordern die Verwirklichung des Rechtes der Information, der Meinungs- und Geistesfreiheit, einschließlich des Rechtes, die marxistisch-leninistische Theorie und unsere politischen Auffassungen in Wort und Schrift zu vertreten.“
  2. 30: „Die Arbeiterbewegung der Bundesrepublik, wird, ausgehend von den allgemeingültigen Grundsätzen des Marxismus-Leninismus die Wege und Methoden im Kampf um den Sozialismus finden, die unseren gesellschaftlichen und politischen Bedingungen entsprechen.“
  3. 32: „Die Arbeiterklasse, die demokratischen Volkskräfte brauchen eine starke KPD. Geleitet von den Idee des Marxismus –Leninismus tritt sie für die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen tagesinteresse des Volkes ein, verbindet sie diese Forderungen mit dem Kampf um die demokratische Umgestaltung des Bundesrepublik und weist den arbeitenden Menschen das sozialistische Ziel.“
  4. 43: „Die KPD ist die marxistisch-leninistische Partei der Arbeiterklasse in der Bundesrepublik.“
  5. 44. „Die Stärke der internationalen kommunistischen Bewegung beruht auf der wissenschaftlichen Theorie des Marxismus-Leninismus, auf der Einheit und Geschlossenheit ihres Handelns. … Die KPD setzt sich für eine schöpferische Anwendung des Marxismus-Leninismus auf die gegenwärtigen Probleme der Arbeiterbewegung ein.“

Also, 12 Jahre nach dem KPD-Verbot und 6 Monate vor der Neukonstituierung als DKP definierte sich die KPD eindeutig als marxistisch-leninistische Partei.

Und 1969 bezeichnete der Vorsitzende des weiterhin illegal wirkenden KPD-Zentralkomitees Max Reimann auf der Internationalen Beratung der Kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau (S.221) die KPD natürlich als „marxistisch-leninistische Partei“, als er sagte: „Wir gehen weiter davon aus, dass es für uns als marxistisch-leninistische Partei in der Bundesrepublik für uns notwendig ist, Klarheit zu schaffen über die gegenwärtige Rolle der sozialdemokratischen Parteiführung.“

Trotz der komplizierten juristischen Lage, die das KPD-Verbot geschaffen hatte, das eine Trennung zwischen erlaubter und vom Grundgesetz geschützter marxistisch-leninistischer Weltanschauung und einer davon getrennten politischen Praxis konstruierte – was die KPD dann in diesem (!!!) Kontext mit dem Begriff der „Lehre von Marx, Engels und Lenin“ zu umgehen versuchte – stand immer fest, dass die westdeutsche kommunistische Partei vom Charakter her eine marxistisch-leninistische Partei ist.

So war es auch von Beginn an bei der DKP.

Es ist historisch nicht richtig, wenn behauptet wird, dass die DKP sich niemals auf den Marxismus-Leninismus berufen hätte. Die DKP verstand sich von Beginn an nicht als linkspluralistische „Wischi-Waschi“-Gruppierung, als lockerer Zirkelverband und als rosaroter Splitter einer „Mosaik-Linken.“

Die Grundsatzerklärung von 1968 definiert die DKP als „die marxistische Partei der Bundesrepublik“, als „revolutionäre Arbeiterpartei“, die ihre Tätigkeit auf die „Lehre von Marx, Engels und Lenin“ gründet, die „demokratisch verfasst“ ist und deren Mitglieder die „für alle verbindlichen Beschlüsse der Parteitage und der gewählten Organe … verwirklichen.“ (Grundsatzerklärung der DKP, S. 59/60)

Also Marx, Engels , Lenin und das Prinzip des „demokratischen Zentralismus.

Die Grundsatzerklärung enthielt folgende klaren Positionierungen gegen über Revisionismus und Opportunismus:

Die DKP stärkt und entwickelt sich im ständigen politischen und ideologischen Kampf gegen die der Arbeiterklasse feindlichen, bürgerlichen und antimarxistischen Theorien und Strömungen. Sie wendet sich gegen den modernen Revisionismus, der die theoretischen und politischen Grundlagen des Marxismus zu verfälschen versucht und die allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes verneint.“ (S. 59/60)

Die eindeutige Selbstcharakterisierung als einer Partei mit einer gemeinsamem weltanschaulichen und klar definierten marxistisch-leninistischen Grundlage, wurde auch im Parteiprogramm von 1978 deutlich, das ich als Delegierter mit verabschiedet habe.

Im Mannheimer Parteiprogramm gibt es ein ganz eindeutiges Bekenntnis zu Marxismus-Leninismus:

„ Die DKP gründet ihre Politik auf die Theorie von Marx, Engels und Lenin. Sie kämpft für die freie Verbreitung der Weltanschauung der Kommunisten, des Marxismus-Leninismus in der Bundesrepublik.“ (DKP Programm 1978, S. 84; Hervorhebung durch mich-HPB)

Dieses Programm, mit dieser Passage, wurde einstimmig (!) auf dem Partei verabschiedet!

So merkwürdig es vor diesem Hintetgrund auch anmutet: Dies ist aber der derzeit umstrittene eigentlich Knackpunkt im Vergleich zum Programm von 2006, der nach einer Klarstellung verlangt.

Im Programm von 2006 wird lediglich vom Recht zur „freien Verbreitung des Marxismus-Leninismus“ gesprochen, für das sich die DKP einsetze. (Programm der DKP 2006, S. 46). Es wird – anders als 1978 – der Marxismus-Leninismus aber nicht mit dem Attribut „Weltanschauung der Kommunisten“ versehen. Es erschließt sich mir heute nicht, was die Autorengruppe von 2006 zu dieser Veränderung bewogen hat. Im Nachhinein zeigt sich m.E., dass zumindest für einen gewissen Teil diese so unscheinbar anmutende Veränderung mhr als nur ein „stilistische Änderung“ oder eine „Vergesslichkeit“ war.

Denn in den letzten Jahren hat diese „Korrektur“ zu einem von L. Mayer und seinem politischen Umfeld praktizierten Umgang mit dieser unserer weltanschaulichen Grundlage geführt, die im „ML“ den Ausdruck von „Erstarrtheit“, „Orthodoxie“ und jetzt auch von „Stalinismus“ sieht.

Mit unserem Leitantrag beseitigen wir diese unnötige Unsicherheit. Wir bringen damit jedoch nichts Neues in die Programmatik der DKP und schon gar nicht vollziehen wir einen Bruch mit unserer Geschichte und Politik, sondern wir bekräftigen und stellen den jahrzehntelangen programmatischen Konsens wieder her.

Wir bestätigen gerade in diesem Jahr auch einen Satz, den Fidel Castro vor einigen Monaten aus Anlass des 70. Jahrestags des Sieges über den deutschen Faschismus gesagt hat.

„Fidel Castro: Unser Recht, Marxisten-Leninisten zu sein

„Lenin war ein genialer revolutionärer Stratege, der nicht zögerte, die Ideen von Marx anzunehmen und ihre Umsetzung in einem riesigen und nur zum Teil industrialisierten Land in Angriff zu nehmen, dessen proletarische Partei im Angesicht der größten Bedrohung, die der Kapitalismus über die Welt gebracht hatte, zur radikalsten und tapfersten des Planeten wurde. …

Die 27 Millionen Sowjetbürger, die im Großen Vaterländischen Krieg gestorben sind, taten dies auch für die Menschheit und für das Recht zu denken und Sozialist zu sein, Marxist-Leninist zu sein, Kommunist zu sein und die Vorgeschichte zu verlassen.“

Fazit:

Wir gehen mit unserem Leitantrag aus und bleiben bei unserem seit der Neukonstituierung als legaler KP in Deutschland in allen programmatischen Dokumenten bekräftigten Selbstverständnis als einer marxistisch-leninistischen Partei der Arbeiterklasse.

Quelle: news.dkp.de / RedGlobe

21. Parteitag der DKP