91 Atombomben auf Berlin
Die USA haben in den 50er Jahren geplant, Millionenstädte wie Berlin, Moskau und Leningrad mit massiven Atomschlägen anzugreifen. Allein für »Ost-Berlin« waren 91 Ziele vorgesehen gewesen. Das geht aus Dokumenten hervor, dass das Nationale Sicherheitsarchiv der USA am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichte. Den Antrag dazu hatten Wissenschaftler der George-Washington-Universität bereits 2006 gestellt. Der Chef der Gruppe, William Burr, bezeichnete es gegenüber der »New York Times« als »verstörend«, dass ausdrücklich die »Bevölkerung« (Population) als zu attackierendes Ziel aufgeführt worden sei.
Abgesehen von der menschenverachtenden Planung selbst wird in dem Papier von 1956 auch offenkundig, dass der vom Westen während des Kalten Krieges unermüdlich gepredigte Schutz Westberlins leeres Gerede war. Burr schreibt in seiner Studie über das Dokument: »Ostdeutschland war der Ort mit den meisten sowjetischen Luftstützpunkten und Ost-Berlin selbst war ein Ziel für die ›systematische Zerstörung‹. Eine Zusammenstellung der SAC (Strategic Air Command) Flugplatzliste führt mehr als einige von den Sowjets betriebene Einrichtungen unter den wichtigsten 200 auf, von denen einige nicht weit von Berlin entfernt lagen. Zu ihnen gehörten Briesen (Nr. 140), Gross-Dolln (Templin, Nr. 70), Oranienburg (Nr. 95), Welzow (Nr. 96), Werneuchen (Verneuchen, Nr. 82). Oranienburg zum Beispiel, das damals Stützpunkt für Il-28 (Beagle) Bombenflugzeuge war, liegt nur 34 Kilometer nördlich von Berlin. Templin, zunächst Stützpunkt für Il-28-Bomber und später für sowjetische Kampfflugzeuge befindet sich 66 Kilometer nördlich von Berlin. Werneuchen (Nr. 82), eine Basis für Abfangjäger und Bomber, liegt etwa 33 Kilometer nordöstlich. Diese Stützpunkte wären vermutlich mit thermonuklearen Waffen angegriffen worden, die das Gebiet von Berlin einer riesigen Gefahr, einschließlich radioaktiver Niederschläge, ausgesetzt hätten.
Ost-Berlin hatte eine Priorität von 61 auf der Liste der Industriestädte, die für ›systematische Zerstörung‹ ausgewählt wurden. Die SAC-Studie nannte 91 DGZs (›Designated Ground Zeros‹) in Ost-Berlin und seinen Vororten: ein breites Spektrum von Industrie und Infrastruktur, einschließlich Stromversorgung, Eisenbahnverbindungen, Benzintanks, Maschinen sowie Radio- und Fernsehsender. Zusätzlich wurden für Ost-Berlin und Vororte die Bevölkerung als Ziel aufgenommen, ebenso wie für Warschau (Priorität 62). Der Abwurf von Atombomben auf Ost-Berlin und seine Vororte hätte sehr wahrscheinlich unter anderem Feuerstürme mit zerstörerischen Folgen für Westberlin verursacht. Unbekannt ist, ob das SAC Studien über die Verwundbarkeit Westberlins für die Folgen nuklearen Attacken auf Ost-Berlin oder andere ostdeutsche Städte durchgeführt hat.«
Quellen: George Washington University, New York Times / RedGlobe