Kommunistische Partei der Ukraine verboten
In Kiew ist in der vergangenen Woche der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) jede öffentliche Betätigung und die Teilnahme an Wahlen untersagt worden. Wir dokumentieren dazu eine Erklärung der Partei vom 17. Dezember 2015:
Gestern, am 16 Dezember 2015, wurden zwei Urteile gegen die Kommunistische Partei der Ukraine verkündet.
Am Morgen des 16. Dezember wies das Kiewer Berufungsgericht die Berufung der Kommunistischen Partei der Ukraine gegen das negative Urteil des Distriktsverwaltungsgerichts Kiew (DACK) zu vier Klagen der KPU gegen das Justizministerium zurück, die zu einem Fall zusammengefasst wurden. Auf Grundlage dieses Beschlusses konnte das DACK am Abend des 16. Dezember 2015 als Gericht erster Instanz gegen ukrainisches Recht und internationale Standards in einem schriftlichen Verfahren ohne Anhörung der Prozessparteien ein weiteres Urteil in der Klage des Justizministeriums zum Verbot der KPU verkünden.
Zur Erinnerung, die erste Klage gegen die KPU wurde vom Justizministerium im Juli 2014 eingereicht. Diese Klage scheiterte vollkommen, da die sogenannten „Beweise“ für illegale Aktivitäten der KPU grob gefälscht waren. Die Vorwürfe gegen die Kommunistische Partei waren derart absurd, dass der Richter Kuzmenko, der für den Fall verantwortlich war, feststellte, dieser Prozess sei politisch motiviert und sich für befangen erklärte. Alle weiteren Richter des Distriktverwaltungsgerichts Kiew folgten seiner Handlung. Diese Befangenheitserklärung führte dazu, dass der Fall an ein anderes Gericht weitergeleitet wurde, das für solche Fälle keine Zuständigkeit besitzt. Der Zorn des Regimes ließ nicht lange auf sich warten – die Gerichtsgebäude wurden durchsucht. Gegen die Richter, Kuzmenko eingeschlossen, wurden Strafverfahren eingeleitet.
Im Frühjahr 2015 wurden in der Ukraine die neuen sogenannten „Dekommunisierungsgesetze“ angenommen und traten in Kraft. Zweifellos widersprechen diese „Dekommunisierungsgesetze“ der gültigen Verfassung, dem internationalen Recht, der universellen Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den Schlussfolgerungen der Venedig-Kommission.
Dennoch wurde vom Justizministerium auf Grundlage dieser Gesetze eine neue Klage auf Verbot der KPU beim DACK eingereicht.
Durch einen eigenartigen Zufall und die „Macken“ des elektronischen Systems zur Verteilung der Fälle unter den Richtern wurde dieser neue Fall „zufällig“ dem Richter Kuzmenko zugeteilt, gegen den ein Strafverfahren läuft. Außerdem wurde dieser Richter vor etwa einem Jahr zum Militärdienst in der Zone des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine einberufen, aber es gelang ihm irgendwie, dem Militärdienst zu entgehen. Mehr noch, der gleiche Richter hat dieses Jahr bereits zwei andere kommunistische Parteien verboten.
Das Regime besteht darauf, die Partei solle auf ihren Namen „kommunistisch“ verzichten wie auf die Symbole: Stern und Hammer und Sichel – die allgemein anerkannten Symbole der kommunistischen Weltbewegung.
Um den Bemühungen des Justizministeriums um Verbot der Partei entgegenzuwirken und um ihre Rechte und Interessen zu verteidigen, reichte die KPU vier Klagen gegen die Handlungen, Nichthandlungen und Verwaltungsakte des Justizministeriums ein. Das DACK legte die vier Klagen zusammen und beschloss, entgegen den allgemeinen Verfahrensgarantien für ein faires Verfahren wie auch gegen das ukrainische Recht, diese Klagen auf Grundlage eines schriftlichen Verfahrens zurückzuweisen. So lehnte das Berufungsgericht des Kiewer Verwaltungsgericht die Berufung der KPU gegen die obige Entscheidung ab.
Selbst Argumente der KPU, die „Dekommunisierungsgesetze“ müssten von der Kommission von Venedig überprüft werden und die Ergebnisse dieser Überprüfung würden erst am 18. Dezember 2015 vorliegen, haben das Gericht nicht von dieser Entscheidung abgehalten. Offensichtlich wurde die Kammer gedrängt, diese Entscheidung vor den Ergebnissen der Venedig-Kommission zu fällen, ungeachtet der Tatsache, dass diese Ergebnisse kaum positiv für die Regierung der Ukraine ausfallen dürften, so dass das Gesetz – die Grundlage dieser Entscheidung – verbessert oder aufgehoben werden müsste.
Angesichts all dieser Umstände ist es unmöglich, bei den weiteren Gerichtsverhandlungen, die Klage des Justizministeriums auf Verbot der KPU betreffend, von Unparteilichkeit und Objektivität zu sprechen.
Der Gerichtsbeschluss, die KPU zu verbieten, verletzt grob und schwer die Menschenrechte und die Grundfreiheiten wie auch grundlegende Verfahrensgarantien. Die Kammer war bei der Entscheidung über diesen Fall offensichtlich abhängig und parteiisch. Den Prozessparteien wurde das Recht der Teilnahme an den Gerichtsberatungen verweigert und beinahe alle Verfahrensanträge der KPU wurden vom Gericht zurückgewiesen.
Das Recht, sich zu versammeln, die Meinungsfreiheit und politische Aktivitäten
Alle Handlungen des Staates, die KPU zu verbieten, beruhen auf dem Gesetzt „Über die Verurteilung kommunistischer und nationalsozialistischer (Nazi-) totalitärer Regime in der Ukraine und das Verbot ihrer Symbole“ (Dekommunisierungsgesetz). Dieses Dekommunisierungsgesetz ist so schlecht geschrieben, populistisch, undemokratisch und anti-europäisch, dass es tatsächlich Unlogik beim Funktionieren des Staates und des öffentlichen Lebens erzeugt.
Da sie eine Reihe politischer und rechtlicher Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union eingegangen ist, muss sich die Ukraine an die grundlegenden europäischen Maßstäbe im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten halten. Die erwähnten Maßstäbe widersprechen völlig der Ideologie der Dekommunisierung. Alle fortgeschrittenen Staaten der EU heute haben Gesetze abgeschafft, die den Gebrauch der kommunistischen Ideologie und der Symbolik der sowjetischen Periode untersagen.
Zum Beleg – 2005 schlugen einige ehemalige sozialistische Staaten und jetzige Mitgliedsstaaten der EU dem EU-Parlament vor, kommunistische Symbole zu verbieten. Die Europäische Kommission lehnte diese Initiative ab, da sie der Agenda des Kampfes gegen Rassismus widerspräche.
Im Dezember 2010 stellte die Europäische Kommission einen Mangel an Konsens zwischen Mitgliedsstaaten fest, die strafrechtlichen Regeln für die Zustimmung zu, die Leugnung oder Verharmlosung der Gefahr des Kommunismus betreffend. Das war das Ergebnis eines Antrags der Außenminister Bulgariens, der Tschechischen Republik, Ungarns, Lettlands, Litauens und Rumäniens, der gescheitert war.
In der Resolution 2013 (2009) des Europäischen Parlaments zum europäischen Bewusstsein und Totalitarismus werden alle totalitären und undemokratischen Regime streng verurteilt, aber sie erwähnt nichts über den Gebrauch kommunistischer Symbole.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat den Gebrauch der Symbole politischer Bewegungen im Kontext des Artikels 10 der europäischen Konvention in folgenden Fällen für legal erklärt: „Vaschnay ./. Ungarn“ (Fall 33629/06), Urteil vom 08.07.2008 (§ 53 des Urteils); „Fratanolo ./. Ungarn“ (29459/10) Urteil vom 3.11.2011; „Faber ./. Ungarn“ (40721/08), Urteil vom 24.7.2012.
In dieser Hinsicht sollte man sich auch die Schlussfolgerung der Venedig-Kommission und der OSZE/ODIHR von 2013 ins Gedächtnis rufen, die sich mit dem rechtlichen Verbot der Symbole der kommunistischen Ära befasst, das in der Republik Moldawien stattfand. In dieser Schlussfolgerung hat die Kommission das Gesetz, dass die kommunistische Ideologie und die Symbole der kommunistischen Ära verbietet und das vom Parlament der Republik Moldawien angenommen wurde, scharf verurteilt. Auf der letzten Seite des Urteils, das vom Justizminister Petrenko am späten Abend des 16. Januar platziert wurde, stellte das Gericht fest, diese Schlussfolgerung der Kommission von Venedig solle vom Gericht ignoriert werden.
Im Ergebnis annullierte das Verfassungsgericht der Republik Moldawien dieses Gesetz.
Es ist wert, festzuhalten, dass in Übereinstimmung mit den Instruktionen zur Regulierung politischer Parteien, die von der OSZE/ODIHR und der Kommission von Venedig angenommen wurden, „.. das Verbot und die Auflösung politischer Parteien nicht geschehen kann, weil ihre Ideen inakzeptabel, unattraktiv oder beleidigend sind. Wenn die Partei keine Gewalt gebraucht oder den gesellschaftlichen Frieden und die demokratische Verfassungsordnung des Landes bedroht, sind weder ein Verbot noch eine Auflösung gerechtfertigt.“
Ein weiteres Beispiel, das helfen kann, die Verfassungsmäßigkeit oder -widrigkeit des Gesetzes zur Dekommunisierung zu beurteilen, ist eine wichtige Entscheidung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall „Vaschnay ./. Ungarn“, in dem der europäische Gerichtshof folgendes entschied:
„.. Die mögliche Propaganda der kommunistischen Ideologie, so unerträglich sie sein mag, kann nicht der einzige Grund sein, den Gebrauch eines Symbols zu begrenzen, insbesondere in vielen Zusammenhängen, insbesondere mit strafrechtlichen Folgen. Das schlichte Zeigen oder der Gebrauch eines Symbols durch eine Person, einschließlich eines Mitglieds einer registrierten politischen Partei, die keinerlei Art totalitärer Ambitionen zeigt, kann nicht mit gefährlicher Propaganda gleichgesetzt werden.“
Teilnahme an lokalen Wahlen
Die KPU und andere Linke wurden aus dem politischen Leben ausgeschlossen. Das Justizministerium hat es der KPU verboten, an den Kommunalwahlen am 25 Oktober dieses Jahres teilzunehmen, auf Grundlage einer Verletzung der Dekommunisierungsgesetze.
Teilnahme am Entscheidungsprozess
Die Entscheidung des Justizministeriums, vor Gericht zu gehen, um die KPU zu verbieten, beruht auf den Ergebnissen der sogenannten unabhängigen Kommission. Diese Kommission besteht aus Beamten des Justizministeriums. Einige davon sind direkte Untergebene des Kommissionsvorsitzenden – des Staatssekretärs. Die Vertreter der KPU wurden nicht einmal von den Kommissionssitzungen zum Fall der KPU informiert. Die KPU hat mehrmals schriftlich nachgefragt, worin die Unvereinbarkeiten in Programm und Statut der KPU bestünden. Es erfolgte keine Antwort. Die Entscheidung der Kommission zur Unvereinbarkeit liefert keine konkrete Stellungnahme, die Unvereinbarkeit der KPU mit den Anforderungen des Dekommunisierungsgesetzes betreffend, sondern nur eine allgemeine Entscheidung. Auch die Klage selbst liefert keine Analyse solcher Verletzungen. Nur die Feststellung, die Partei habe die Dokumente nicht geändert.
Unter diesen Umständen ist es unmöglich, bei weiteren Verhandlungen die Klage des Justizministeriums auf Verbot der KPU betreffend, von Unparteilichkeit und Objektivität zu sprechen.
Wir sind uns sicher, dass dieses Verfahren politisch motiviert ist und darauf abzielt, die Kommunistische Partei der Ukraine zu zerstören – die einzige wirkliche Opposition gegen das jetzige Regime.
Die Kommunistische Partei der Ukraine wird ihren Kampf für die Herrschaft des Rechts und der Demokratie, für Menschenrechte und Grundfreiheiten auf jeden Fall fortsetzen.
Die KPU ist für jeden Beistand, jede Unterstützung, Hilfe und Solidarität in diesem ungleichen Kampf dankbar!
Quelle: news.dkp.de / RedGlobe