Rede von DKP-Vizechef Hans-Peter Brenner auf dem Internationalen Mai-Fest in Bonn
Auf dem »Internationalen Mai-Fest«, das von einem breiten Bündnis deutscher und ausländischer Organisationen in der Bonner Altstadt traditionell am 1. Mai durchgeführt wird, hielt der stellvertretende DKP-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Brenner eine Grußansprache, die wir nachstehend dokumentieren:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,
während wir hier in Bonn heute vormittag eine von den Größenordnungen sehr überschaubare und vom inhaltlichen und äußeren Ablauf friedliche und friedfertige traditionelle gewerkschaftliche 1.-Mai-Demonstration und Kundgebung erlebten und während wir heute Mittag hier in den Bonner Altstadt ungestört unser Internationalistisches Maifest begehen, kämpfen in vielen Ländern rund um den Globus Arbeiterinnen und Arbeiter für ihr Recht den 1. Mai, den internationalen Kampftag den Tag der Solidarität der Arbeiter und aller Werktätigen, überhaupt begehen zu können.
Von Istanbul hören wir, dass auf dem traditionellen Aufmarschplatz, dem Taksim-Platz heftige Kämpfe mit Tausenden Polizisten und Soldaten toben, die auf Befehl der reaktionären Erdogan Regierung alle Mai-Kundgebungen auf diesem Platz mit brutaler Gewalt verhindern wollen.
Wir hören aus dem postsozialistischen Russland, das jetzt von der neuen kapitalistischen Monopolbourgeoisie, die man dort verharmlosend als »Oligarchen« bezeichnet, so als ob sie etwas ganz anderes seien als ihre Klassenkumpane in den anderen vom Groß- und Monopolkapital beherrschten Ländern -, dass 1. Mai-Demonstration verboten werden. Denn heute ist ja das russisch-orthodoxe Osterfest. Und da hätten die Leute gefälligst mit ihren Popen zu beten und fromme Lieder zu singen anstatt für ihre sozialen und politischen Rechte zu demonstrieren.
Wir hören von der großen kämpferischen Mai-Demonstration in der Hauptstadt von Venezuela, Caracas, wo sich Zigtausende den Putschplänen gegen die sozialistische Regierung des demokratisch gewählten Nachfolgers von Hugo Chávez, Nicolás Maduro, entgegenstellen. Dort kommt es ebenfalls zu Straßenschlachten mit den reaktionären Contras, die vom USA-Imperialismus mit Millionen Dollars finanziert werden.
Ja, in vielen Ländern hat der 1. Mai noch immer dasselbe blutige Gesicht wie in seinen Anfangstagen. Damals, am 1. Mai 1886, waren in den USA in New York, Philadelphia, Chicago, Louisville, Saint Louis, Milwaukee und Baltimore in 11.562 Betrieben rund 350.000 Arbeiter in Streiks für den achtstündigen Arbeitstag getreten. Besonders hart und blutig verlief der Ausstand in Chicago. Von den Unternehmern bewaffnete Streikbrecher terrorisierten unter dem Schutz der Polizei die demonstrierenden Arbeiter. Als es am 3. und 4. Mai zwischen Streikbrechern und den Streikenden zu einem Zusammenstoß kam, ging die Polizei mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vor. Zehn von ihnen wurden erschossen.
Das war der blutige Beginn des 1. Mai als seither weltweit begangenen gewerkschaftlichen und politischen Kampftags der internationalen Arbeiterklasse.
Wenn es hierzulande derzeit nicht zu diesen gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt, so besagt das absolut nicht, dass die Gewalt bei uns verschwunden ist. Der Grundwiderspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital kann jederzeit wenn die Klassenauseinandersetzungen sich zuspitzen auch andere Formen annehmen.
Die Kapitalisten, der Kapitalismus – greift notfalls immer zu Verboten und Gewalt, wenn es um seine Profite geht.
Wir Kommunisten unterstüzen das diesjährige Mai-Motto des DGB, »Zeit für mehr Solidarität«. Es ist richtig, dass dabei die Solidarität mit den Geflüchteten, aber auch mit denen, die unter Lohndumping, Leiharbeit und schlechten Arbeitsbedingungen leiden im Fokus steht. Es ist richtig, dass wir als Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen für all diejenigen eintreten, die trotz lebenslanger Arbeit von ihrer Rente nicht leben können, dass wir mit und für die Forderungen der Frauen demonstrieren, die immer noch für gleiche Arbeit mehr als ein Fünftel weniger Lohn bekommen.
Wir Kommunistinnen und Kommunisten unterstützen den DGB und seine Einzelgewerkschaften im Kampf um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Denn nur damit wird der sozialen Demagogie der Rechten und Ultrarechten, die sich mit den offenen Faschisten verbünden und die sich heute mit ihrer Speerspitze, der AfD, auf ihrem Programmparteitag in Stuttgart zusammenrotten, der Boden entzogen werden können.
Ausländerfeindlichkeit, Flüchtlingshetze und Überfälle sind zu einem großen Teil nicht allein Ausdruck dumpfbackiger Xenophobie; sie entspringen auch einer Zukunftsangst, die reale Ursachen in den ökonomischen und sozialen Nöten vieler Werktätigen besitzt.
Aber wir warnen als Kommunistische Partei heute besonders vor einer Entwicklung, die im Vergleich zu den Toten von 1886 ganz andere Dimensionen erreichen würde. Die Bundeswehr ist bereits in 18 Regionen der Welt im Einsatz. Jetzt, so hat es Kanzlerin Merkel verkündet, jetzt – ausgerechnet im 75. Jahr des Überfalls Hitlerdeutschlands auf das sozialistische Russland, auf die Sowjetunion – werden wieder deutsche Soldaten an der russischen Grenze aufmarschieren. Die reaktionär-konservative litauische Regierung hat die Beteiligung der Bundeswehr an der Truppenmassierung der NATO »als starken Schritt der Solidarität« begrüßt.
Die NATO, die entgegen aller Zusagen in den 90er Jahren längst unmittelbar an die russische Staatsgrenze vorgerückt ist, probt mit ständig rotierenden Eliteeinheiten den blitzartigen Überfall. Modernste Panzertruppen, Fallschirmjäger und Bomber stehen bereit wie vor 75 Jahren wieder in Russland einzufallen.
Das wäre der Auftakt zu einem Krieg, der womöglich noch die Schrecken des II. Weltkrieges um ein Vielfaches übertreffen würde. Und das deutsche Rüstungskapital denkt wieder und freut sich auf Milliardengewinnen wie zu »Führers Zeiten«.
Der offizielle Rüstungsetat soll jährlich von 35 auf 56 Milliarden Euro steigen. Hinzu kommt ein Aufrüstungsprogramm von 130 Milliarden Euro. Deutschland ist weltweit Waffenexporteur Nummer drei weltweit. Der Einsatz der Bundeswehr im Innern soll ermöglicht werden.
Wir müssen alles dafür tun, dass diese Entwicklung gestoppt wird: Wir müssen denen in die Arme fallen, die letztlich von Kriegen profitieren und unendliches Leid in Kauf nehmen. Das sind die Monopole und Rüstungskonzerne, die am Krieg verdienen und ihre Profite auf neuen Märkten sichern wollen.
»Kanonen statt Butter.« Dieser Logik des Militarismus müssen wir uns entgegenstellen. Mit Protesten und Mahnwachen wie Ende Mai am Stationierungsort der US-amerikanischen Atombomber am Standort Büchel in der Eifel. Wie mit der örtlichen Vorbereitung der bundesweiten Herbstdemonstrationen gegen Rassismus und Krieg.
Nicht »Friede, Freude. Eierkuchen und Sozialpartnerschaft« heißt unsere Orientierung. Unsere »Willkommenskultur« und unser Mai-Aufruf, nicht nur gegenüber allen, die vor Krieg und Not hierher fliehen, sondern auch an die, die hier als Einheimische gegen Arbeitslosigkeit, gegen Lohnklau, Bildungsmisere, Wohnungsnot und Altersarmut kämpfen, heißt: Leisten wir Widerstand!
Ob schwarz ob, braun, ob weiß, ob gelb, – ob Mann oder Frau, ob Junge oder Alte.
Leisten wir Widerstand!! Gemeinsam!!!