Piraten könnten bald regieren
Vor den am Samstag in Island stattfindenden Parlamentswahlen kann sich die dortige Piratenpartei Hoffnungen machen, zweitstärkste Kraft zu werden. Die Piraten, die Umfragen zufolge auf rund 20 Prozent der Stimmen könnten, arbeiten bereits an der Bildung eines Regierungsbündnisses. An den Kooperationsgesprächen nahmen drei andere Oppositionsparteien teil: die Linksgrüne Bewegung, die Sozialdemokraten und die Partei »Glückliche Zukunft«. Zusammen kommen die vier Parteien in aktuellen Prognosen auf über 50 Prozent der Stimmen.
Zur Begründung der für etablierte Parteien ungewöhnlich frühen Verhandlungen erklärte die Piratenpartei, in Koalitionsverhandlungen nach der Wahl seien unter dem Vorwand »politischer Zwänge« immer wieder Wahlversprechen gebrochen und Wähler betrogen worden. Sie hätten jedoch einen Anspruch darauf zu wissen, was ihre Stimme bei der Wahl bewirke. »Unsere Partei konzentriert sich auf die Menschenrechte im digitalen Zeitalter, speziell auf direkte Demokratie«, charakterisierte die Parlamentsabgeordnete und frühere Parteivorsitzende Birgitta Jonsdottir ihre vier Jahre junge Partei. »Wir betrachten uns als Hacker unserer derzeitigen veralteten Regierungssysteme.«
Islands Piraten wollen unter anderem eine »crowdgesourcte« neue Verfassung mit direkter Demokratie in Kraft setzen, die öffentliche Teilhabe an politischen Entscheidungen verstärken, das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückgewinnen und Korruption bekämpfen. Zu der Islandwahl am Samstag reisen Vertreter von Piratenparteien aus ganz Europa an. Aus Deutschland machen sich die Europaabgeordnete Julia Reda, der Bundesvorsitzende Patrick Schiffer und der NRW-Fraktionsvorsitzende Michele Marsching auf den Weg nach Reykjavik.