Cyberraum Schauplatz eines neuen Kalten Krieges
»Die Antwort des Bundesinnenministeriums zu angeblichen Cyberangriffen der russischen Regierung zeigt, dass die Vorwürfe einer Überprüfung nicht standhalten. Weder sind Planungen zur Störung der Bundestagswahl erkennbar, noch lassen sich Medienberichte zu einer Beeinflussung des Brexit-Votums belegen«, erklärt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion, Andrej Hunko, zur Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage. Das Bundesinnenministerium bezeichnet die angeblichen Cyberangriffe auf die Bundestagswahl lediglich als »Annahme«. Als einzigen Beleg führt sie Untersuchungen an, die einen Hackerangriff vom Sommer dieses Jahres auf Server der Demokraten in den USA nachweisen sollen.
Andrej Hunko weiter: »Ich zweifle diese Studien an, denn es ist kein Indiz für einen russischen Cyberangriff, wenn beim Programmieren der Hackertools eine kyrillische Tastatur verwendet wird. Dies kann genauso zur Verschleierung der Urheberschaft genutzt werden. Ehemalige US-Geheimdienstler bestätigen diese Auffassung.
Weder kann die Bundesregierung derzeit russische ‚Desinformation‘ belegen, noch wurden in der jüngeren Vergangenheit Anwerbeversuche zur Spionage registriert. Trotzdem haben das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die behauptete russische Einflussnahme zu untersuchen. Ich fordere die Bundesregierung auf, den bereits fertiggestellten Bericht umgehend öffentlich zu machen und damit einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen.
Es freut mich, dass das Brüsseler EU-Zentrum STRATCOM EAST für die ‚strategische Kommunikation‘ gegenüber Russland nun doch nicht ausgebaut wird. Es ist aber ein schlimmes Signal, dass die EU und die NATO die Gelder lieber in den Aufbau von Geheimdienstabteilungen zur Aufrüstung im Cyberraum stecken. Eine entsprechende Bedrohung ist dabei kaum zu erkennen: Die Zahl von durchschnittlich einem geheimdienstlichen Angriff auf das Regierungsnetz pro Woche ist aus meiner Sicht niedriger als oft behauptet. Es verwundert hingegen, dass die Bundesregierung das mutmaßliche Eindringen des US-Geheimdienstes NSA auf deutsche Server bagatellisiert. Das ist aber ein Fall für die Spionageabwehr.
Mich wundert, dass sich viele Journalisten, aber auch Wissenschaftler von der Bundesregierung, der Europäischen Union und der NATO für die Diskreditierung Russlands einspannen lassen. Sogenannte ›Sicherheitskreise‹ kolportieren über große Medienhäuser im Wochenrhythmus angeblich ›präzise‹ Behauptungen über russisches Störfeuer, die sich später als Luftnummer entpuppen.
Deutlich wird, wie der Cyberraum zum Schauplatz eines neuen Kalten Krieges wird. Die Europäische Union und die NATO gehen dabei in die Offensive. Der Westen muss deshalb dringend zu einer Entspannungspolitik gegenüber Russland zurückfinden.«