Thesen des ZK der KKE zum 20. Parteitag
Wir dokumentieren nachstehend in deutscher Übersetzung die Thesen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) für den 20. Parteitag, der vom 30. März bis 2. April 2017 stattfindet:
VORWORT
Das Zentralkomitee der KKE übergibt der Öffentlichkeit seine Thesen für den 20. Parteitag, der satzungsgemäß vier Jahre nach dem 19. Parteitag, vom 30. März bis zum 2. April 2017, stattfinden wird.
Seit dem 19. Parteitag haben wir ein neues Programm, das die ausgearbeitete Strategie der Partei für dieArbeitermacht, für den Sozialismus formuliert, und die Leitlinien für die Arbeit der Partei als Vorhut unter allen Bedingungen festlegt.
Das Programm, das auf dem 19. Parteitag der KKE angenommen wurde, und alle seine Beschlüssehaben große Akzeptanz innerhalb der Partei und der KNE gefunden, aber auch bei Anhängern undFreunden der Partei und darüber hinaus in breiten Arbeiter- und Volksschichten innerhalb dergriechischen Gesellschaft. Diese Akzeptanz wird in der Praxis durch das Wirken der Partei und der KNE bestätigt, das auf der Grundlage der Beschlüsse des 19. Parteitages entfaltet wurde.
Dennoch führt uns diese starke Zustimmung zu unseren Beschlüssen, aber auch die Arbeit in allenAktionsfeldern der Partei zur Umsetzung dieser Beschlüsse nicht dazu, dass wir uns in Selbstzufriedenheit zurück lehnen, oder uns über die Schwächen und die Defizite keine Gedanken machen, wie und in welchem Umfang das Programm und das Statut der Partei aufgenommen wurden und wie ihnen durch unsere Arbeit am besten gedient wird.
Darüber hinaus jedoch bringen das Leben selbst, die Entwicklungen im In- und Ausland, der Kurs der internationalen und griechischen Arbeiterbewegung, die Aktivitäten der Partei und der KNE, derWerdegang des Klassenkampfes insgesamt, fortwährend neue Fakten hervor, die konsequent beobachtetund bei der Arbeit der Partei berücksichtigt werden müssen. Diese neuen Fakten schaffen neue Schwierigkeiten, aber gleichzeitig – auch wenn mit dem „bloßen“ Auge nicht immer sichtbar- neue Möglichkeiten.
Die internationalen und nationalen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen, die in den Jahren seitdem 19. Parteitag stattgefunden haben, die Erkenntnisse und die Erfahrungen daraus, sowie dieAufgaben, die sich aus ihrer Analyse und ihrer Aufarbeitung ergeben, bestimmen in einem großen Umfangauch den thematischen Rahmen des 20. Parteitags. Darauf wollen wir – so gut wie möglich – Antworten,Interpretationen und Prognosen geben und auf dieser Grundlage die Leitlinien für die nächste Periode ausarbeiten.
Das Hauptziel der Thesen des ZK für den 20. Parteitag und der innerparteilichen Debatte, sowie auch der Parteitagsbeschlüsse, ist die allseitigeideologisch-politisch-organisatorische Stärkung der Partei und ihrer Jugend als Partei desrevolutionären Sturzes. Diese Stärkung ist notwendige Voraussetzung dafür, die komplexenAufgaben der Neuformierung der Arbeiterbewegung, des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg, desAufbaus eines gesellschaftlichen Bündnisses mit antikapitalistischer, antimonopolistischer Ausrichtung, mit demZiel der Arbeitermacht, zu erfüllen.
Von dieser Stärkung der Partei hängt auch ihre Fähigkeit ab, für dieseAufgaben auch breitere Arbeiter- und Volksmassen vorzubereiten. Mittel dazu sind die Entwicklung der Arbeiter- und Volksbewegung und die Förderung des Bündnisses der Volksschichten in Richtung des Bruchs mit dem kapitalistischen System und seines Sturzes,. Dies gilt umso mehr unter Umständen, unter denen entweder alles unbeweglich erscheint odersich nur langsam auf das Ziel des Gegenangriffs der Arbeiter und des Volkes fort- oder sogar rückwärtsbewegt.
In den Thesen bemühen wir uns – so gut wie möglich – Aspekte dieser Vorbereitung und der dazu erforderlichen Arbeit zu spezifizieren. Wir versuchen, die Schwierigkeiten zu bestimmen, mit denen wir heute konfrontiert sind, aber auch eventuelle neue Probleme im Prozess der Entwicklung des Klassenkampfes in unseremLand und international, in der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung vorherzusehen.Gleichzeitig erringen wir die Fähigkeit und Bereitschaft jede kleinere oder größere Möglichkeit, die durch die Wendungen und Veränderungen der historischen Ereignisse entsteht, zu nutzen.
Wir analysieren die Voraussetzungen, die erforderlich sind, um geschlossen und dynamisch, mit kommunistischem Mut, Verantwortungsbewusstsein und Wachsamkeit vorwärts zu schreiten:
• Wir bauen in den Betrieben und Branchen mit strategischerBedeutung Parteiorganisationen auf, die allenBedingungen des Kampfes gerecht werden.
• Wir entfalten überall dort, wo das Herz der Arbeiterklasse und der Volksschichten schlägt, einNetzwerk von Parteiorganisationen.
• Wir stärken die KKE und die KNE, damit sie ihre Vorreiterrolle spielen können.
• Wir erweitern den Einfluss und die Reichweite der Partei auf die neuen Arbeiter- und Volksmassen, die mit dem kapitalistischen System und der Armut und Arbeitslosigkeit, die eshervorbringt, unzufrieden sind, aber ihre Unzufriedenheit auch gegenüber allen Verwaltern derkapitalistischen Wirtschaft und des faulen und korrupten bürgerlichen politischen Systems und desbürgerlichen Staates zum Ausdruck bringen.
• Wir arbeiten als Vorreiter an der Neuformierung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung.
• Wir treiben das gesellschaftliche Bündnis der Arbeiter des privaten und des staatlichen Sektors, der sich ums tägliche Überleben schlagenden Bauern und anderer Selbstständiger undFreiberufler voran und beziehen dabei immer mehr junge Menschen und Frauen aus den Volksschichten ein.
Über die Analyse der Situation im Inland und Ausland hinaus, konzentrieren sich die Themen des 20. Parteitages auf die Arbeitsbilanz des Zentralkomitees und der gesamten Partei, auf die neuen Aufgaben und die Arbeitsplanung bis zum 21. Parteitag, sowie auf die Wahl eines neuen Zentralkomitees und einer Zentralen Revisionskommission.
Der Hauptinhalt des 20. Parteitages lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
„Allseitige Stärkung der KKE für die Aufgabe der Neuformierung der Arbeiterbewegung und die Entfaltung des gesellschaftlichen Bündnisses mit antikapitalistischer -antimonopolistischer Ausrichtung, im Kampf gegen den imperialistischen Krieg, für dieArbeitermacht.“
Die Thesen bestehen aus 4 Hauptkapiteln und weiteren Abschnitten.
Das erste Kapitel befasst sich mit den Entwicklungen im internationalen imperialistischen System und enthält Einschätzungen zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichenEntwicklungen in der Welt am Ende des zweitenJahrzehnts des 21. Jahrhunderts. Es analysiert die Felder, in denen sich die innerimperialistischenGegensätze verschärfen, die lokalen und regionalen Konflikte eskalieren und die Risiken für einenausgedehnten imperialistischen Krieg unter Bedingungen des Anwachsens der Flucht und Migration von Kriegsopfern bestehen. Auf diesem Boden zeigen sich auch die Anpassungen bzw.Modernisierungen der repressiven Apparate der bürgerlichen Staaten und ihrer zwischenstaatlichen Vereinigungen.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Position Griechenlands im internationalen kapitalistischen System, mit seinem Platz innerhalb der Europäischen Union, mit dem Verhältnis zwischen der nationalenund internationalen Dimension in der kapitalistischen Entwicklung und im Klassenkampf.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Einschätzung der aktuellen Entwicklungen in Griechenland, sowohl in der Wirtschaft, als auch beim Zustand der Arbeiterklasse und bei den übrigen Volksschichten. In diesem Kapital kommt es zu der Einschätzung der Regierungspolitik, aber auch des Fortgangs der Reformierung des bürgerlichenpolitischen Systems, wie es sich – besonders in den letzten vier Jahren – entwickelt hat.
Das vierte Kapitel bezieht sich auf den Tätigkeitsbericht seit dem 19.Parteitag, auf die neuen Aufgaben der Partei und ihrer Jugend bis zum nächsten, dem 21. Parteitag. Es zieht eine Gesamtbilanz der Arbeit zur Stärkung der Partei und der KNE während der letzten vier Jahre, mit den Schwerpunkten der ideologisch-politischen Intervention der Partei, der Neuformierung der Arbeiterbewegung, des Werdegangs des gesellschaftlichen Bündnisses. Durch diese Bilanz soll die Frage des Verhältnisses zwischen Partei und Bewegung stärker beleuchtet werden. Dieses Kapitel beschäftigt sich besonders mit dem Werdegang des Parteiaufbaus, der organisatorischen Umstrukturierung der Parteikräfte, der Frage der Kader, den Parteifinanzen, der Situation der internationalen kommunistischen Bewegung und mit den Aktivitäten und der Zusammenarbeit derKKE mit anderen kommunistischen und Arbeiterparteien der Welt. Darin wird auch die Leistung des Zentralkomitees bewertet, und Vorschläge für neue Aktivitäten, diebis zum 21. Parteitag geplant sind, werden vorgelegt.
Im Jahr, in dem wir den 20. Parteitag durchführen, begehen wir den 100. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution von 1917 in Russland, unter Führung der Partei Lenins, die derArbeiterklasse, den Völkern der ganzen Welt den Weg öffnete, die Macht einzufordern und sie indie eigenen Hände zu nehmen. Unabhängig von den Fehlern, Schwächen und Mängeln, vomkonterrevolutionären Ausgang und dem historischen Rückschritt ist das Eis gebrochen, die Weichensind gestellt und der Weg ist geöffnet.
Im Jahr 2018 begehen wir 100 Jahre Leben und Wirken der KKE seit der Gründung in Piräus im November 1918. Über diese ganzen Jahre hinweg stand sie aufrecht, war an allen Kämpfen des Volkes präsent, zeigte den Weg des Kampfes für die neue Gesellschaft auf, für die endgültige Befreiung der Arbeiterklasse, die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, fürdenSozialismus-Kommunismus.
Gleichzeitig beweist die KKE durch ihren revolutionären Charakter und ihr Handeln, dass sie trotz ihreshundertjährigen Weges, die jüngste Partei ist: Denn das, was sie über die Eigentumsverhältnisse, über alle gesellschaftlichen Beziehungen, über die gesellschaftliche Organisation im allgemeinen verkündet, ist die neue, notwendige, die einzige fortschrittliche Zukunft für die Menschheit. Denn der erste historische Versuch des Aufbaus einer sozialistischen – kommunistischen Gesellschaft, der erste Anlauf belegt dieseTendenz, trotz der Tatsache, dass er nicht die innere und äußere Kraft errang, endgültig zu siegen.
Das Zentralkomitee der KKE ruft die Mitglieder der Partei und der KNE dazu auf, die Thesen zu studieren, mit ihren Überlegungen, Anregungen und Hinweisen zu ihrer Verbesserung beizutragen, damit sich die reiche, imLaufe der Jahre angesammelte, individuelle und kollektive Erfahrung in den Parteitagsbeschlüssen kristallisiert.
Die Debatte vor dem Parteitag beinhaltet auf jeden Fall auch die Diskussion über die Thesen mit Freunden und Anhängern der Partei, mit jedem Kämpfer und jeder Kämpferin, die- unabhängig von teilweise unterschiedlichen Auffassungen – die Notwendigkeiteiner viel stärkeren KKE begreifen, einer KKE mit wissenschaftlich erarbeiteten Thesen, stark im Kampf fürdie notwendige Neuformierung der Bewegung, im Kampf gegen die Ausbeutung, den imperialistischen Kriegund die Armut, im Kampf für den Aufbau eines gesellschaftlichen Bündnisses mit antikapitalistischer -antimonopolistischer Ausrichtung, für den gesellschaftlichen Sturz und die Arbeitermacht.
Erstes Kapitel
ENTWICKLUNGEN IM INTERNATIONALEN IMPERIALISTISCHEN SYSTEM UND DIE FOLGEN
Die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklungen in der Welt am Ende des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts
1.In den vier Jahren seit dem 19. Parteitag setzte sich im Grunde die Tendenz zu Verschiebungen zwischen den kapitalistischen Wirtschaften weiter fort, wie im Laufe der letzten 15 Jahre.
Die Hauptmerkmale der Entwicklungen sind zusammengefasst:
a) Die Stärkung Chinas im Verhältnis zu den USA und der Eurozone, gemessen am Anteil am Weltbruttosozialprodukt. Als Folge daraus verschärft sich der Konkurrenzkampf zwischen China und den USA, die trotz der Tendenz der Minderung ihres Anteils, noch den Spitzenplatz einnehmen.
b) Die Verlangsamung der Wachstumsrate der internationalen kapitalistischen Wirtschaft in den letzten drei Jahren, ohne dass ein imperialistisches Zentrum die Rolle der „Lokomotive“ zur Erhöhung des Wachstumstempos übernehmen zu können. Ein wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass einige imperialistische Zentren (EU, Japan) das Vorkrisenniveau des Jahres 2008 nicht wesentlich überschritten haben.
c) Die Größe des überakkumulierten Kapitals und die Unfähigkeit der bürgerlichen Regierungen in allen imperialistischen Zentren (z.B. in Form übermäßiger Staatsverschuldung) auf befriedigende Weise zu entwerten.
d) Die Verschärfung des Grundwiderspruchs, die Verstärkung der Tendenz zur absoluten und relativen Verelendung der Arbeiterklasse, in erster Linie in den am meisten entwickelten kapitalistischen Wirtschaften, die Erhöhung des Ausbeutungsgrades und die Verschärfung aller gesellschaftlichen Gegensätze.
e) Die Auswirkungder ungleichmäßigen Entwicklung unter den verschiedenen Mitgliedstaaten der zwischenstaatlichen imperialistischen Bündnisse, wie beispielsweise der EU. Diese Tatsache, verbunden mit dem zunehmenden Auseinanderdriften der Interessen zwischen den Bourgeoisien dieser Staaten, erhöht die Unsicherheit im Zusammenhalt dieser Bündnisse.
Die kapitalistische Weltwirtschaft unterliegt folgendem Widerspruch: Die Tendenz zur Expansion des Kapitals (sowohl in Form von ausländischen Direktinvestitionen, als auch vom Finanzkapitalverkehr) stärkt die weltweite Synchronisation des periodischen Ausbruchs der Krise der Kapitalüberakkumulation, einerseits, während die unterschiedlichen konkurrierenden Interessen der imperialistischen Zentren und der einzelnen bürgerlichen Staaten die gemeinsame Verwaltung der Kapitalentwertung verhindern.
2. Im Allgemeinen bestätigen die Entwicklungen, dass die objektive Tendenz der Internationalisierung des Kapitalverkehrs im Rahmen des kapitalistischen Marktes die Wirkung des Gesetzes der ungleichmäßigen Entwicklung nicht aufheben kann, noch kann sie die Tatsache ändern, dass die Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals vor allem im Rahmen der nationalstaatlichen Struktur der kapitalistischen Wirtschaft vonstatten geht.
Die Bedingungen für die erweiterte Reproduktion des Kapitals der Monopolgruppen und der Aktiengesellschaften werden zum größten Teil immer noch im Rahmen der Nationalstaaten und der jeweiligen zwischenstaatlichen imperialistischen Bündnisse geformt. Der bürgerliche Nationalstaat bleibt das wichtigste Instrument zur Sicherung der wirtschaftlichen Vorherrschaft des Kapitals, der Monopole, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals im Konkurrenzkampf mit den entsprechenden Prozessen und Bestrebungen in den anderen Staaten. Er bleibt ein starkes Feld des unerbittlichen Klassenkampfes zwischen Arbeit und Kapital.
Auf der Grundlage der oben genannten widersprüchlichen Bewegung der kapitalistischen Wirtschaft verschärfen sich die innerimperialistischen Widersprüche und der Kampf innerhalb der Bourgeoisie eines jeden bürgerlichen Staates.
In der jetzigen Zeit erstarkt sich vorläufig die bürgerliche Strömung des Nationalismus und Protektionismus in der Wirtschaft, sowohl in den USA und Großbritannien, als auch in den starken Euro-Staaten, wie Frankreich und Italien. In der EU wird diese spezifische Strömung durch diverse Parteien des bürgerlichen Euroskeptizismus vertreten. Die Strömung des Protektionismus entwickelt sich als Option von Teilen der Bourgeoisie in den USA und in Staaten der EU, um sich gegen die Verschlechterung der Konkurrenzbedingungen, vor allem des Industriekapitals und besonders unter den Bedingungen der verlangsamten kapitalistischen Weltwirtschaft, zu verteidigen.
Das Eingreifen der bürgerlichen Politik um eine erhebliche Entwertung von Kapital einzudämmen, verzögert den Eintritt in eine Phase der dynamischen kapitalistischen Erholung und erhöht die Ausweglosigkeit des bürgerlichen politischen Systems. Die sich abzeichnende Verstärkung der protektionistischen Politik wird sich negativ auf die Entwicklung des Welthandels auswirken, der sich bereits jetzt auf relativ niedrigem Niveau bewegt. Gleichzeitig verstärken sich die innerimperialistischen Konkurrenzkämpfe und Gegensätze. Die Gefahr umfangreicherer, allgemeinerer imperialistischer kriegerischer Konflikte wächst objektiv an. Auch die Wahrscheinlichkeit von Verschiebungen und Erschütterungen des Zusammenhalts der imperialistischen Bündnisse, wie der NATO, nimmt zu.
Die KKE bekämpft insgesamt und konsequent sowohl den bürgerlichen Nationalismus, wie auch den Kosmopolitismus des Kapitals, die die zwei Seiten der Ideologie der herrschenden Klasse darstellen. Sie stellt sich auf die Seite der internationalen Einheit der Arbeiterklasse und ihrer Bewegung.
Jede kommunistische und Arbeiterpartei, die internationale kommunistische Bewegung, die Arbeiterklasse und ihre Bewegung in allen Ländern müssen sich auf die Möglichkeit eines kommenden umfassenden imperialistischen Krieges vorbereiten. Sie müssen sich den verschiedenen kriegstreiberischen nationalistischen Rufen und dem Klima der Feindseligkeit zwischen den Völkern entgegenstellen. Sie müssen eine Kampflinie bilden, die die Verteidigung der Grenzen und der Souveränitätsrechte – aus der Sicht der Arbeiterklasse und der Volksschichten – nicht vom Kampf für den Sturz der Herrschaft des Kapitals in jedem Land entkoppelt. Die kommunistische und Arbeiterbewegung, die die Interessen der Arbeiterklasse, der Völker vertritt, hat nichts mit der Unterstützung der Pläne des einen oder des anderen imperialistischen Pols oder der Profitmacherei der einen oder der anderen Monopolgruppe zu tun.
Die kapitalistische Weltwirtschaft
3. Die USA nehmen weiterhin den 1. Platz hinsichtlich ihres Anteils am Weltbruttosozialprodukt ein, wenn auch mit abnehmender Tendenz. Es ist vorher- zusehen, dass das Jahr 2016 mit einer leichten Abschwächung des Wachstums der US-Wirtschaft schließen wird. Der wichtigste Hemmfaktor ist der Exportrückgang, der in Zusammenhang mit der Aufwertung des internationalen Dollar-Wechselkurses und mit der Verlangsamung des Handels auf internationaler Ebene steht.
Eine Minderungstendenz zeigt auch die Euro-Zone, während sich der Anteil der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) erhöht.
China nimmt bezüglich des Anteils am Weltbruttosozialprodukt den 2. Platz ein. Seine Wachstumsrate im Jahr 2015 (6,9 %) bleibt hoch, obwohl sie deutlich nachgelassen hat und sich am tiefsten Punkt der letzten 20 Jahre befindet, mit einer Tendenz zu weiterem Rückgang. Diese Tatsache beunruhigt die Zentren des internationalen Kapitalismus wegen der möglichen großen Auswirkungen, die ein deutlicher Rückgang der Wachstumsraten der chinesischen Wirtschaft auf die kapitalistische Weltwirtschaft hätte. Diese Ängste ergeben sich aus dem großen Anteil Chinas am Weltmarkt (Welthandel, Finanzinvestitionen in ausländische Anleihen usw.).
Dementsprechend konzentrieren sich in der EU die Prognosen für eine sehr langsame und schwache Erholung auf die vergleichsweise niedrige Produktivität im Vergleich zu den USA und auf die Auswirkungen der restriktiven Währungs- und Haushaltspolitik, die wiederum das Tempo der Neuinvestitionen gedrosselt halten. Die Schwierigkeiten bei der Verwaltung der Überschuldung der Staaten und der internationalen Bankengruppen, sowie die großen Bilanzdefizite der Staaten verursachen bei den staatlichen und zwischenstaatlichen Stabsstellen weiterhin „Kopfschmerzen“.
Im Zeitraum 2007-2014 stieg die weltweite gesamte Staatsverschuldung um 27 Billionen Dollar an und erhöhte damit ihren Anteil am Weltbruttosozialprodukt um 20,8 % (McKinsey-Bericht 2015).
Europäische Spitzenbankengruppen (Deutsche Bank, Credit Suisse, Barclays, RBS, Monte deiPaschi di Siena u.a.) verzeichnen eine deutliche Entwertung ihres Aktienkapitals sowie Verluste. Die Deutsche Bank, die größte deutsche Bank, verkündete Verluste in Höhe von 6,8 Milliarden Euro und eine Belastung durch Derivate in Höhe von 55 Billionen Euro. In Italien wird der Bankensektor durch nichtbedienbare Kredite in Höhe von 360 Milliarden Euro belastet, was 16,7 % der Kreditsummen entspricht.
Verschärfung der Gegensätze zwischen den USA und China und anderen starken kapitalistischen Staaten
4. Auf wirtschaftlich-militärischer Ebene spitzt sich der Konkurrenzkampf zwischen USA und China sowie USA und Russland zu.
China ist mittlerweile der wichtigste Gläubigerstaat für die USA. Der relative Anteil der USA am Weltbruttosozialprodukt verringerte sich von 31 % im Jahr 2000 auf 23 % im Jahr 2015, während Chinas Anteil von 3,6 % im Jahr 2000 auf 14,9 % im Jahr 2015 anstieg. Bezüglich ihrer Handelsbeziehungen: 8,95 % der Importe Chinas kommen aus den USA, während 21,8 % der US-Importe aus China kommen, eine Tatsache, die den heutigen Skeptizismus der amerikanischen bürgerlichen Politik erklärt. Auch die Warenexporte Chinas in die EU stiegen an. Chinas Anteil an den EU-Importen stieg von 5,2 % im Jahr 2000 auf 13,8 % im Jahr 2015, während sich der Anteil der USA im gleichen Zeitraum von 14 % auf 10,2 % verringerte.
Die USA behalten in Bezug auf wirtschaftliche, politische und militärische Gesamtstärke die erste Stelle in der Pyramide des internationalen kapitalistischen Systems. Zusammen mit ihrem Vorsitz im IWF und der Weltbank gestalteten sie während der Regierungszeit Obamas zwei entscheidende Vorschläge, um ihre Präsenz am europäischen und asiatischen Markt zu stärken.
Im Hinblick auf Europa schlugen sie das Abkommen zur „Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft mit der EU“ (TTIP) vor, während im Hinblick auf Asien die „Transpazifische Partnerschaft“ (TPP) vorgeschlagen wurde, aus der China ausgeschlossen ist. Der amerikanische TTIP-Vorschlag wurde treffend als Vorschlag zur Schaffung einer „Wirtschafts-NATO“ bezeichnet. Wenn die TIPP realisiert wird, was schon als Option innerkapitalistische Gegensätze hervorruft, wird geschätzt, dass sie 50 % der Weltproduktion, 30 % des Welthandels und 20 % der ausländischen Direktinvestitionen abdecken wird. Vorläufer und Sprungbrett für die TTIP ist das so genannte „Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen“ (CETA) zwischen der EU und Kanada, das vor kurzem unterzeichnet wurde.
Teile der deutschen und französischen Bourgeoisie halten den amerikanischen Vorschlag im Grunde für ein „trojanisches Pferd“ zur Sicherung der amerikanischen Hegemonie in Europa. Die Verhandlungen verlaufen seit 2013 schleppend, begleitet durch charakteristische Reaktionen des französischen Präsidenten Hollande, des deutschen Vizekanzlers Gabriel und mehrerer Führer der „euroskeptischen“ Strömung wie Le Pens.
Die Stärkung der bürgerlichen Strömung des Nationalismus und Protektionismus in der Wirtschaft, der sich im Wahlsieg Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen widerspiegelt, markiert die Überprüfung der oben angeführten Pläne der vorherigen amerikanischen Regierung. Vor den Wahlen positionierte sich Trump negativ gegenüber den zwischenstaatlichen Freihandelsabkommen der USA im Pazifik (TPP) und im Atlantik (TTIP) und sprach sich für die Notwendigkeit des Zollschutzes der inländischen Produktion aus, mit dem Ziel, die industrielle Produktion der USA zu stärken. Zur gleichen Zeit stellte er eine Überprüfung der geltenden Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) zur Diskussion. Er stellte auch eine radikale Neuverhandlung der US-Auslandsschulden in Aussicht und ließ die Möglichkeit eines Schuldenschnitts offen. Gleichzeitig sprach er von der Überprüfung der Außenpolitik der USA, die einerseits auf eine Annäherung an Russland abzielt und andererseits China zum wichtigsten Gegner der USA erklärt. Nach seiner Wahl schwächte er bereits einige seiner Positionen mit moderateren Formulierungen im Vergleich zu seiner Vorwahllinie ab. Eine Abschwächung, die der Tatsache geschuldet ist, dass er als Präsident nunmehr die allgemeinen Interessen der herrschenden Klasse der USA vertritt. Trotz allem kündigte er eindeutig den Rückzug der USA aus dem Freihandelsabkommen im Pazifik an.
5. China wiederum stellte 2015 die Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ (OBOR) vor, nämlich die Schaffung einer Freihandelszone, eines Netzwerks, das China mit dem Rest Asiens, mit Europa und Afrika durch privilegierte Übereinkommen verbinden wird. Der Plan enthält eine Land- und eine Seeroute, genannt die „Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“. Ende 2014 wurde der staatliche Fonds zur Finanzierung von Infrastrukturen für die Seidenstraße (Silk Road Fund) mit einem Startkapital von 40 Milliarden Dollar aktiviert (z.B. für die Finanzierung von Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken, die Modernisierung von Häfen usw.).
Zur gleichen Zeit spielte China auch bei der Gründung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Staaten eine führende Rolle, sowie auch bei der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB), zu deren 57 Mitgliedern Großbritannien, Frankreich, Deutschland, aber nicht die USA gehören. Es handelt sich hier um zwei Aktionen, die eine „wirtschaftliche Antwort“ auf die US-Hegemonie beim IWF und der Weltbank sind.
Trotz abweichender Meinung der übrigen BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und Südafrika) setzte China seine Führungsrolle in der Neuen Entwicklungsbank (NDB) durch, zum einen durch die Sicherstellung des größten Anteils am Anfangskapital und zum anderen durch die Wahl Shanghais als ihrem Sitz.
6. Auf der Ebene der wirtschaftlichen Konkurrenz, stellt die Belastungsprobe für den Zusammenhalt der EU und die Zukunft der Eurozone eine bedeutende Entwicklung dar, vor allem nachdem der Brexit sich beim Referendum in Großbritannien durchgesetzt hat. Diese Tatsache gestaltet den innerimperialistischen Konkurrenzkampf noch komplizierter und erhöht die Instabilität der heutigen zwischenstaatlichen Kooperationen. Die Entwicklungen in der EU beeinflussen unmittelbar die Entwicklungen und Gegensätze in Griechenland. Dieser Punkt wird im nächsten Kapitel der Thesen ausführlich behandelt.
Die latente, neue, noch synchronere Wirtschaftskrise, der sich verschärfende Kampf um die Kontrolle der Märkte, der Energiequellen und Transportwege für Erdöl und Gas, die bestehenden Kriegsherde im Nahen Osten und in der Ukraine, die Spannungen in Ost- und Mitteleuropa in Bezug zu Russland, in der Arktis und im Südchinesischen Meer, erhöhen das Risiko für eine größere Ausbreitung des imperialistischen Krieges.
Die Klassenungleichheiten auf der Welt breiten sich aus
7. Die Klassenungleichheiten auf internationaler Ebene nehmen ständig zu. Die ungleiche Verteilung des Weltreichtums erweiterte sich nach der synchronen weltumspannenden kapitalistischen Krise. Nach der Studie der Credit Suisse zum Weltreichtum besitzt 90 % der Bevölkerung etwa 10 % des Reichtums, wobei das ärmste 75 % weniger als 3 % des Reichtums besitzt. Vielmehr, vom 10 % der Bevölkerung, das 90 % des Reichtums besitzt, hält nur 1 % fast 50 % des Reichtums in seinen Händen. Zur gleichen Zeit lebt 71 % der Weltbevölkerung mit umgerechnet weniger als 8 Euro pro Tag.
Die Ergebnisse dieser Klassenungleichheiten spiegeln sich auch im fehlenden Zugang zu sauberem Wasser für 780 Millionen Menschen, fehlendem Zugang zu sanitären Einrichtungen für 2,5 Milliarden Menschen und dem mangelnden Zugang zu Elektrizität für 1,3 Milliarden Menschen wider.
Fast 3 Milliarden Menschen sammeln Holz und Rückstände von Biomasse um zu kochen, eine Praxis, die im Zusammenhang mit 3,5 Millionen verfrühten Todesfällen aufgrund schlechter Innenraumluftqualität steht.
Schließlich gelten fast 800 Millionen Menschen als chronisch unterernährt, während 3,5 Millionen Kinder jedes Jahr an Hunger sterben.
Intensivierung der lokalen bewaffneten Konflikte und Anwachsen der Gefahr ihrer allgemeinen Ausweitung
8. Die verschärften innerimperialistischen Konkurrenzkämpfe und großen Gegensätze zwischen den starken kapitalistischen Staaten und Interessen, führen heute zu ständigen Umgliederungen der Verbündeten, zu aufeinander folgender Bildung von internationalen Achsen und Gegenachsen.
Die Intensität der innerimperialistischen Konkurrenzkämpfe hat nicht nur zu einer Erhöhung der Militärausgaben geführt, sondern in Bezug auf die militärische Stärke auch zu Umschichtungen zwischen den kapitalistischen Staaten. Nach dem internationalen Institut für Friedensforschung in Stockholm (SIPRI) stiegen die weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2015 auf 1,7 Billionen Dollar, was eine Zunahme von 1 % im Vergleich zu 2014 bedeutet.
Die USA bleiben die stärkste Militärmacht weltweit, mit mehr als 600 Milliarden Dollar Ausgaben pro Jahr, soviel, wie die restlichen zehn stärksten Streitkräfte zusammen ausgeben.
Russland ist die zweitstärkste Militärmacht. Durch die Modernisierung und Stärkung seiner militärischen Kraft sollen die wirtschaftlichen Interessen der eigenen Monopole sichergestellt werden. So gab Russland 2015 66,4 Milliarden US-Dollar aus, eine Steigerung von 7,5 % im Verhältnis zu 2014 und von 91 % zu 2006.
Ebenfalls bemerkenswert ist in diesem Zeitraum der Wettlauf Chinas und Indiens (3. bzw. 4. Militärmacht in der Welt) um Defizite zu beheben und ihre militärische Stärke aufzuwerten und ihrer Wirtschaftskraft und der Reichweite ihrer Unternehmensgruppen anzupassen.
Eine erhebliche militärische Stärke können auch weitere Staaten vorweisen, die Verbündete der USA sind, entweder im Rahmen der NATO, wie Frankreich (5.), Großbritannien (6.), Türkei (8.), Deutschland (9.), Italien (10.) oder außerhalb der NATO, wie Japan (7.), Südkorea (11.) und Israel (16.).
Sicherlich wird die militärische Stärke nicht nur durch die Berechnung der Militärausgaben, die Aufrüstungsmöglichkeiten und der Kontrolle der Weltwaffenproduktion und des Waffenmarktes bestimmt, sondern ist ein komplexeres Thema, das die Gesamtfähigkeit jeder Bourgeoisie betrifft, ihre Interessen sowohl im Inland als auch im Ausland und mit militärischen Mitteln zu verteidigen, wenn wirtschaftliche und politisch-diplomatische Mittel nicht genügen.
So geht es bei der militärischen Stärke, abgesehen von den jährlichen Militärausgaben, um die dauerhafte Größe der Truppen, die technologische Überlegenheit, die Existenz von Stützpunkten im Ausland in Verbindung mit der Kontrolle der strategisch wichtigen Gebiete, die Überlegenheit in der Informationsbeschaffung und um die Fähigkeit, unkonventionelle Kriege zu führen. Die militärische Stärke steht im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Kraft, wenn auch eine starke wirtschaftliche Präsenz eines Staates nicht unbedingt militärische Stärke bedeutet. Letztere erfordert eine starke Waffenindustrie, die Möglichkeit der Aus- und Weiterbildung in Kriegführung und in den entsprechenden neuen Technologien, ständige Modernisierung der militärischen Ressourcen, ein hohes Maß an Know-how, was bei bestimmten Waffen, wie den nuklearen, eine jahrelange Forschung und große Ausgaben verlangt.
9.In der heutigen Zeit spielen Kernwaffen eine große Rolle. Staaten, die Kernwaffen besitzen, sind die USA, Russland, China, Indien, Großbritannien, Frankreich, Israel, Pakistan und Nordkorea.
Doch selbst unter diesen Atommächten gibt es enorme Unterschiede, unter ihnen stechen die USA und Russland mit ihren Kapazitäten heraus. Abgesehen von diesen beiden Ländern, die tausende von aktiven nuklearen Sprengköpfen besitzen, verfügen nur Großbritannien und Frankreich über einsatzbereite Atomwaffen, möglicherweise auch Israel.
Russland ist die einzige potentielle Militärmacht, die auf die USA reagieren kann, wenn es Ziel eines Atomschlags würde, was verheerende Folgen nach sich ziehen würde. Es wird angenommen, dass diese Gefahr eine abschreckende Wirkung auf den Einsatz von Atomwaffen hat. Es hat sich jedoch historisch erwiesen, dass bei einer Verschärfung der innerimperialistischen Konkurrenz und einer Eskalation in einen militärischen Konflikt, die kapitalistischen Staaten auch mit einem Einsatz solcher Waffen nicht zögern.
Deswegen wird verständlich, warum eine der wichtigsten Fragen der heutigen Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland die Installation eines Raketenabwehrschildes der USA in Europa und im Pazifik ist. Diese Maßnahmen dienen dem Ziel, eine mögliche Reaktion Russlands zu verhindern, für den Fall, dass die USA und die NATO-Allianz den „atomaren Erstschlag“ versuchen.
Große Bedeutung hat auch die Fähigkeit einer schnellen militärischen Reaktion. Die NATO legt großen Wert auf die Einrichtung von militärischen Schnellen Eingreiftruppen, die moderne Unterstützungsmittel, wie Flugzeugträger und strategische Bomber, aber auch neue Gebiete als geopolitische Stützen benötigen. Diesem Ziel dienen ihre militärisch-politischen Bündnisse, sowie die Militärstützpunkte im Ausland.
In der absehbaren Zukunft wird das militärische Kräfteverhältnis maßgeblich von der Anwendung neuer Technologien, der Flugzeuge der 5. und 6. Generation und von Laserwaffen u.a. beeinflusst werden.
Politisch-militärische Bündnisse und Auseinandersetzungen
10. Jede Bourgeoisie versucht ihre Stärke durch politisch-militärische Bündnisse zu erhöhen. Die NATO bleibt das stärkste politisch-militärische Bündnis, trotz der Verschärfung der Gegensätze in seinem Inneren und der offensichtlichen Tendenz zur Bildung eines selbstständigen EU-Militärapparates. Die NATO-Beschlüsse in Warschau sind wegweisend für die Entschlossenheit der US-amerikanischen und europäischen Imperialisten, ihre Interessen gegenüber der Bourgeoisie Russlands zu verteidigen, indem sie die militärischen Mittel benutzen, die sie entlang der Grenzen zwischen Russland und der NATO zur Verfügung haben.
Ähnliche Pläne zur Verstärkung ihrer Präsenz haben die NATO und die USA auch im pazifischen Raum ausgearbeitet (durch die Strategie «Pivot to Asia»), aber auch in anderen Regionen.
Was tatsächliche oder mögliche Felder militärischer Konfrontation anbetrifft, stechen das südöstliche Mittelmeer, Südostasien, Nordafrika und der Arktische Kreis hervor, wobei andere Herde und leicht entflammbare Zonen, wie z.B. der Kaukasus, der Persische Golf, die Region um Aden oder der Balkan nicht ausgeschlossen werden können.
Sowohl die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa (südöstliche Ukraine, Krim), als auch die Verstärkung der NATO im Baltikum, in der Schwarzmeerregion, auf dem Balkan und in der Ägäis sind Faktoren, die für einen möglichen Ausbruch von Feindseligkeiten auf europäischem Boden sprechen.
Neben der NATO sind jetzt aber noch weitere politisch-militärische Bündnisse zum Vorschein gekommen (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit usw.), die trotz der Tatsache, dass sie noch „lockerer“ und weniger entwickelt sind als die NATO, den gleichen Klassencharakter haben. Sie sind nämlich Bündnisse kapitalistischer Staaten.
Gleichzeitig bilden sich politische und ökonomische Bündnisse in einer Reihe anderer Regionen, wie z.B. in Lateinamerika oder Afrika, die unter anderem auch mit spezifischen politisch-militärischen Optionen und Kooperationen, z.B. mit der EU verbunden sind. Auch sind einzelne Staaten in Lateinamerika (z.B. Kolumbien, Peru, Chile, Mexiko) aber auch anderswo (z.B. Australien) im Gesamtkonzept zur Förderung von „Partnerschaftsbeziehungen“ mit der NATO eingebunden.
In den letzten Jahren verzeichneten auch Söldnerarmeen eine erhebliche Zunahme, d.h. private Militärunternehmen, die unter verschiedenen Vorwänden (z.B. Piraterie, Drogenhandel, Militärausbildung, „Terrorismus“) als Abgesandte der kapitalistischen Staaten Aufträge in Dutzenden von Kriegsgebieten übernehmen. Diese Armeen sind integrativer Bestandteil imperialistischer Planungen, insbesondere der sogenannten unkonventionellen Kriege, und geben den bürgerlichen Regierungen die Möglichkeit, Menschenverluste bei Operationen besser zu handhaben.
11. Gegenstand der militärischen Auseinandersetzungen sind:
• Die Kontrolle der Energiequellen und ihrer Transportwege (z.B. Erdöl, Erdgas, Pipelines u.ä.).
• Die Kontrolle über die Land- und Seewege (z.B. Seidenstraße, Schifffahrtsrouten im Mittelmeer, Bosporus, Horn von Afrika und u.a.).
• Die Kontrolle der Bodenschätze in der arktischen Region, der Erzvorkommen, der seltenen Erden, aber auch der Wasservorräte.
• Die Nutzung des Weltraums für militärische Zwecke.
• Der Kampf um Marktanteile, bei dem militärische Mittel nicht nur für die Eroberung neuer Märkte, sondern auch zur Verringerung der Anteile der Konkurrenten eingesetzt werden.
Unter diesen Umständen sind die Aktivitäten der sogenannten „islamischen terroristischen“ Gruppen eine substantielle Komponente des imperialistischen Krieges im 21. Jahrhundert. Und dies gilt unabhängig davon, wie sehr die Tätigkeit solcher Organisationen von den imperialistischen Zentren unterstützt oder toleriert wird, oder ob sie sich als Verselbstständigung dieser Kräfte von den mächtigen Zentren manifestiert, die sie in der Vergangenheit unterstützt haben.
Die Tätigkeit dieser Organisationen wird objektiv entweder als ein Element des „unkonventionellen Krieges“ eines Staates oder einiger seiner Teile gegen die Interessen eines anderen kapitalistischen Staates benutzt, oder als Vorwand für ein imperialistisches Eingreifen herangezogen. Selbstverständlich werden die Aktivitäten dieser Organisationen neben diesen Zielen auch zur Verstärkung der repressiven Mechanismen in einer Reihe bürgerlicher Staaten genutzt, aber auch für die ideologische Vorbereitung der arbeitenden Menschen im Hinblick auf die mögliche Beteiligung ihrer Länder an neuen imperialistischen Interventionen im Namen der „Terrorismusbekämpfung“.
Natürlich werden neben dem harten Konkurrenzkampf um die Profite der Monopole auch die Bemühungen um Kompromisse, Einigungen, vorläufige Aussetzung jeder Ausweitung der Konflikte und sogar die Umstrukturierung von Bündnissen weiterentwickelt, wie es der Prozess innerhalb des Euro-Atlantischen „Lagers“ belegt.
Die Entwicklungen in der Türkei und in Syrien sind gekennzeichnet von Instabilität und Beweglichkeit bei der Bildung von Bündnissen zwischen einzelnen kapitalistischen Staaten und von einer eventuellen Umordnung von Allianzen. Trotzdem sollte weder die Tendenz der Aufrechterhaltung alter Bündnisse, noch die Tendenz ihrer Differenzierung für absolut gehalten werden. Die fortwährende Beobachtung solcher Prozesse ist wichtig, denn sie betrifft die Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen den Bündnissen und imperialistischen Zentren, die auch Europa betreffen und allgemeinere Entwicklungen in Gang setzen können.
In dieser Phase kann man, trotz der Weiterentwicklung und -ausbreitung der NATO mit den euroatlantischen Staaten in ihrem harten Kern, nicht davon ausgehen, dass sie insgesamt einen dauerhaften, stabilen und hürdenfreien Kurs sichergestellt hat, denn die Bündnisse werden auf dem Hintergrund der verschärften Gegensätze gebildet.
Die griechisch-türkischen Beziehungen und die Gefahren militärischer Verwicklungen
12. Die griechische Bourgeoisie und die griechische Regierung fördern aktiv die Pläne der NATO in der Region (Flotte in der Ägäis, Nutzung der Militärstützpunkte, Unterstützung von Operationen auf dem Balkan, in der Ukraine usw.).
Die Verschärfung der Gegensätze zwischen der griechischen und der türkischen Bourgeoisie wird unmittelbar durch die Entwicklungen in der gesamten Region des östlichen Mittelmeerraums, im Nahen Osten und Nordafrika beeinflusst, und kann ein Schlüsselfaktor für das Entstehen einer direkten Verwicklung Griechenlands in einen Krieg sein.
Die Bourgeoisie der Türkei, die andere starke kapitalistische Staaten bis zu einem gewissen Grad zu schwächen versuchen, versucht ihre Position durch die Kontrolle und die Erringung neuer Land- und Meeresgebiete aufzuwerten. Sie setzt die militärische Besatzung und die Verletzung der souveränen Rechte des zypriotischen Staates, sowie auch ihre provokative Anzweiflung der Souveränität des griechischen Staates fort (Anzweiflung der bestehenden Grenzen, Verletzungen des Luft- und Seeraumes, Behauptung über die Existenz von „Grauzonen“ in der Ägäis, und als Höhepunkt die wiederholten Äußerungen Erdogans über die Anfechtung des Lausanner Vertrags usw.). Sie versucht für ihre Pläne religiöse, ethnische und andere Minderheiten in der erweiterten Balkanregion zu benutzen.
Die Gebiete der Ägäis und Thrakiens bilden die wahrscheinlichen Felder eines möglichen militärischen Konflikts zwischen den Bourgeoisien der benachbarten Staaten Griechenland und der Türkei, mit einer möglichen Verwicklung und einer geplanten Miteinbeziehung Albaniens und der Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien (FYROM), die in den letzten Jahren eine enge politisch-militärische Zusammenarbeit mit der Türkei entwickeln. In diesen Zusammenhang gehören auch die provokativen Äußerungen des albanischen Ministerpräsidenten (Aufwerfen der nicht existenten Tschamuria-Frage u.a.), aber auch die Verbreitung von Parolen seitens der FYROM über angebliche „unerlöste Gebiete“. Die Stärkung des albanischen Nationalismus auf Kosten Griechenlands und anderer Staaten der Region spielt nationalistischen Kreisen in Griechenland und in anderen Staaten in die Hände. Die Erweiterung der EU und der NATO, und im weiteren Sinne ihre direkte Beteiligung an den imperialistischen Plänen und Konkurrenzkämpfen in der Region sind maßgeblich für die Entwicklungen auf dem Balkan.
Abgesehen von den oben genannten Balkanstaaten, unternimmt die Türkei zurzeit auch Schritte der Annäherung und derZusammenarbeit mit Russland. Das sind Schritte neuer Art, die eine ständige Beobachtung erfordern.
Die Tatsache, dass beide Länder, Griechenland und die Türkei, Mitglieder der NATO sind, verkompliziert die Situation. Eine mögliche Eskalation der Konfrontation zwischen ihnen würde einen Riss in der NATO bedeuten, in einem für ihre Interessen empfindlichen Gebiet. Sie kann aber zur gleichen Zeit von den USA und der NATO dazu benutzt werden, ihre Rolle in der Ägäis und dem östlichen Mittelmeerraum zu stärken. Sicherlich wird ein ernsthafter Riss innerhalb der NATO das Ergebnis eines völligen Zerfalls jedweder Übereinkunft oder des Gleichgewichts zwischen den wichtigsten imperialistischen Zentren sein und nicht nur auf die griechisch-türkischen Spannungen oder Konfrontationen zurückzuführen sein.
Eine kontinuierliche Beobachtung erfordert auch die Haltung der griechischen Bourgeoisie angesichts eines möglichen noch mehr ausgeweiteten Konfliktes zwischen Russland und den USA, oder sogar China und USA in der Zukunft. Heute beteiligt sich die griechische Bourgeoisie auch durch die SYRIZA-ANEL-Regierungspolitik aktiv an den NATO-Plänen gegen Russland. Sie unterstützt die Beschlüsse, die gegen Russland gefasst werden und erleichtert die erhöhte Präsenz der NATO in der Ägäis unter dem Vorwand der Steuerung der Flüchtlings- und Migrationsströme,aber mit dem wirklichen Ziel einer besseren Kontrolle der Bewegungen der russischen Flotte. Sie beteiligt sich an gemeinsamen Flugoperationen mit Bulgarien, deren eigentlicher Gegenstand die Verhinderung einer „russischen Bedrohung“ im Schwarzen Meer ist.
Gleichzeitig bemüht sich die Regierung, besondere Beziehungen zu Russland aber auch zu China zu gestalten, um die Position der griechischen Bourgeoisie durch die besondere Rolle Griechenlands bei der Verflechtung des asiatischen und des europäischen Marktes aufzuwerten,
Im vergangenen Zeitraum warb die griechische Regierung mit ihrer Rolle als „Brückenbauer“ zwischen Russland und dem „Westen“, einer Rolle, die von den USA geduldet oder sogar unterstützt wurde. Auf jeden Fall wird eine mögliche Verschärfung der Gegensätze zwischen Russland, den USA und der NATO ein Faktor für die Verschärfung der Widersprüche und Zwickmühlen in der Bourgeoisie Griechenlands sein, da ihre Teilnahme im euro-atlantischen Rahmen für sie von Nutzen ist.
Die Zusammenarbeit zwischen Griechenland und Israel ist kein Faktor des Friedens in der Region, unabhängig davon, ob die Wiederannäherung zwischen der Türkei und Israel voranschreitet.
Zur Zypernfrage
13. Im Rahmen der Konkurrenzkämpfe zwischen den Bourgeoisien der Türkei, Griechenlands und Zyperns und der negativen Rolle, die die USA, Großbritannien, die NATO und die EU in all den Jahren spielten und bis heute bei der Lösung des Zypern-Problems spielen, werden Pläne mit negativen Folgen für die Völker geschmiedet.
Die Zypern-Frage ist ein internationales Problem, das durch die Invasion und Besetzung des nördlichen Teils Zyperns durch die Türkei entstanden ist. Ihr internationaler Charakter spiegelt sich in den Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats wider.
Die neuen Vorgänge führen zur Verfestigung der Teilung Zyperns und im Wesentlichen zur Bildung zweier getrennter staatlicher Entitäten, die nur formal und zeitweilig eine Föderation bilden.
Genauso, wie wir uns heftig und entschieden gegen den Annan-Plan einsetzten, den das zypriotische Volk schließlich zurückgewiesen hatte, setzen wir uns gegen jede Bestrebung eine Lösung durchzusetzen, die eine Teilung verewigt, und die für die Gesamtheit des zypriotischen Volkes, d.h. die griechischen und türkischen Zyprioten, Armenier, Latiner und Maroniten, keine tragfähige und zuverlässige Lösung sein wird.
Wir kämpfen für ein einheitliches und unabhängiges Zypern gerichtet, mit einer einzigen Souveränität, einer einzigen Staatsbürgerschaft und Völkerrechtspersönlichkeit, ohne fremde Militärstützpunkte und Truppen, ohne Garantie- und Schutzmächte.
14. Der Kapitalismus und jede Ausbeutergesellschaft tragen den Krieg in sich. Der imperialistische „Friede“ bereitet neue imperialistische Kriege vor. „Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, besonders unter den Bedingungen einer tiefen Krise der Überakkumulation des Kapitals und wichtiger Veränderungen des Kräfteverhältnisses im internationalen imperialistischen System, bei denen die Wiederaufteilung der Märkte selten ohne Blutvergießen vonstattengeht, wie die Erfahrung aus dem gesamten 20. Jahrhundert zeigt.
Die KKE, im Gegensatz zu den anderen Parteien, offenbart dem griechischen Volk, konsequent die Gefahren der imperialistischen Kriege, sie trägt entscheidend zur Verstärkung des Kampfes gegen die Teilnahme des Landes an den imperialistischen Plänen bei, gegen ausländische Militärstützpunkte, gegen Änderungen und Neufestlegungen der Grenzen in der Region, die von den imperialistischen Zentren angestrebt werden. Sie kämpft konsequent für die Loslösung Griechenlands aus den imperialistischen Bündnissen und dem kapitalistischen Entwicklungsweg.
Prüfstein für die Entwicklungen sind für die KKE die Interessen der Völker, die Notwendigkeit einer Koordinierung des Kampfes, um dem Regime von Invasion und Besetzung gegenüber zu treten. Sie integriert diesen Kampf in das Ziel der allumfassenden Befreiung von den Fesseln der kapitalistischen Ausbeutung und derimperialistische Barbarei.
Aufbesserung und Modernisierung der Unterdrückungsmechanismen
15. Die Debatte in Bezug auf die sogenannte „neue Sicherheitsdoktrin der Staaten“ wird auf EU-Ebene und in allen bürgerlichen Staaten intensiviert. Die „Sicherheit“ wird als Thema Nummer eins für die Staaten der Europäischen Union dargestellt. Als Anlass und Vorwand dienen die Aktionen der Dschihadisten, die Kontrolle der Flüchtlingsströme, aber auch allgemeine Fragen in Bezug auf die innere Stabilität und den Zusammenhalt, als notwendige Bedingungen für die Erholung und die Bewältigung der Auswirkungen der Krise.
Hinter diesen Vorwänden verbergen sich die Bestrebungen der Bourgeoisien im Inland (Vorbeugung einer möglichen Verschärfung des Klassenkampfes) und im Ausland (Verteidigung der Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten, durch aktivere Intervention bei internationalen Konflikten). Es ist charakteristisch, dass das deutsche „Weißbuch zur Sicherheit“ die Frage der inneren Sicherheit mit dem Bestreben Deutschlands, international seine militärische Rolle zu verstärken, verbindet.
In der letzten Zeit waren folgende Entwicklungen zu verzeichnen:
• Die Beschlüsse des NATO-Gipfels in Warschau für eine verstärkte Zusammenarbeit mit der EU in Sicherheitsfragen.
• Der Ausruf von „Notstandslagen“ in Frankreich, Belgien, in Städten Deutschlands durch die Aktivierung einschlägiger Bestimmungen, die in den bürgerlichen Verfassungen und in den EU-Verträgen enthalten sind.
• Die Verstärkung des Aufwertungstrends der Euroarmee und der Streitkräfte der EU durch Gründung der „Europäischen Verteidigungsunion“.
• Die Bildung neuer militärisch-polizeilicher Einheiten (z.B. Großbritannien).
• Den Rückgriff Frankreichs auf Artikel 42.7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, nach dem mörderischen Anschlag in Paris, um zusammen mit anderen europäischen Staaten koordinierte Bombenangriffe in Syrien durchzuführen.
• Die Einrichtung der Europäischen Grenzschutz- und Küstenwache an der Stelle von Frontex, mit der Möglichkeit der schnellen Einsätze dort, wo es angeblich mangelnde Sicherheitsmaßnahmen und verletzliche Grenzen gibt.
• Das von der EU bereits aufgebaute „Netzwerk zur Sensibilisierung gegen Radikalisierung “ versucht den Terrorismus mit jeder Aktion, die sich gegen den Kapitalismus richtet oder ihn in Frage stellt, gleichzusetzen. Direkt damit verbunden ist die reaktionäre EU-Gesetzgebung zum Schutz „kritischer Infrastrukturen“ (Energie-, Transport-, Telekommunikationsunternehmen usw.).
Diese Mechanismen und Tendenzen dienen dem Ziel eines weiteren Schutzes der bürgerlichen Staaten vor dem Hintergrund der Verschärfung der innerimperialistischen Widersprüche und einer möglichen Teilnahme an allgemeineren Konflikten. Daneben zielen sie auf die Kontrolle der Arbeiterklasse und der anderen Volksschichten ab, und durch die Militarisierung und die reaktionäre Entwicklung auf die Beschränkung der Freiheiten und Rechte des Volkes.
Gewiss hängt die Möglichkeit, eine „gemeinsame Sicherheitspolitik“ der EU-Mitglieder zu gestalten vom Grad des Zusammenhalts und dem weiteren Verlauf der Widersprüche innerhalb der EU selbst ab, die sich sicherlich nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene manifestieren.
Die kommunistische Bewegung muss diesem wachsenden Netzwerk an Überwachungs- und Repressionsmechanismen mit der Verstärkung des koordinierten Klassenkampfes auf regionaler und internationaler Ebene entgegentreten.
Die Flüchtlings- und Migrationsströme. Unsere Haltung gegenüber den Opfern der imperialistischen Kriege und der kapitalistischen Ausbeutung
16. Die ungleichmäßige kapitalistische Entwicklung, aber vor allem die imperialistischen Interventionen und Kriege sowie die Auswirkungen der neuen reaktionären politischen und staatlichen Gebilde ( „Islamischer Staat“, Al Qaida, BokoHaram) in der Region von der Ukraine über den Nahen Osten und dem östlichen Mittelmeer bis nach Nord- und subsaharischen Afrika, haben zu großen Einwanderungs- aber hauptsächlich Fluchtströmen, vorwiegend aus diesen Ländern nach Europa, geführt.
Im Jahr 2015 verzeichnete die Zahl der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen auf der ganzen Welt einen neuen Anstieg und erreichte 65,3 Mio. Menschen (d.h. jeder 113. Einwohner der Erde), 50% davon Kinder. Syrien, Afghanistan und Somalia sind die Länder, aus denen mehr als die Hälfte der Flüchtlinge kommen. Parallel dazu nehmen Syrien und der Irak die 2. und 3. Stelle bei den Binnenflüchtlingen ein.
In den letzten Jahren ist Griechenland zum Haupteinreise- und Transitland für die Flüchtlinge geworden, die in der EU Zuflucht suchen. Vor allem im Jahr 2015 wurden über eine Million Flüchtlinge, vor allem Syrer, über die griechischen Inseln der Ägäis in die Mitgliedsstaaten in der Mitte und im Norden der EU weitergeleitet. Diese Flüchtlinge haben auch die Politik der „offenen Grenzen“ genutzt, die von den bürgerlichen Regierungen und Kreisen der EU-Mitgliedstaaten für eine kurze Zeit eingeführt wurde, um ihre Monopolgruppen mit billigen und mit wenigen Rechten ausgestatteten Wissenschaftlern und Arbeitern aus dem Pool der Flüchtlinge zu versorgen. Als sich dann die Flüchtlings- und Migrantenströme verstärkten, dominierte die Politik der „geschlossenen Grenzen“. Das Wesen der Flüchtlings- und Migrationspolitik der EU besteht trotz aller Widersprüche und Konflikte in der Auswahl einer Reihe von Flüchtlingen und Migranten für die Bedürfnisse der kapitalistischen Wirtschaft und die Regulierung dieser Ströme, entsprechend dieser Bedürfnisse.
Die wichtigsten Beschlüsse der EU, die die Flüchtlings- und Migrationspolitik bestimmen, sind:
Die Beschlüsse über die Auswahl der Flüchtlinge in “Hot-Spots” und ihre Verteilung (Umsiedlung) in die Mitgliedstaaten, die Anpassung der Dublin-Verordnung an die Anforderungen zur Umsetzung der allgemeinen Flüchtlings- und Migrationspolitik der EU und die Kontrolle der Bewegungen zu Gunsten des Kapitals, die neue, noch reaktionärere Asylgesetzgebung, das EU-Türkei-Abkommen, das internationales Flüchtlingsrecht in eklatanter Weise verletzt, und – in Verbindung mit der Schließung der Grenzen – zu einem Einschluss der Flüchtlinge in Griechenland führt, die militärische EU-Marineoperation «SOPHIA» vor der Küste Libyens, die NATO-Operation in der Ägäis und die Schaffung einer europäischen Küsten- und Grenzwache, die in den Mitgliedstaaten auch ohne ihre Zustimmung operiert und die Entwicklungen rund um den Schengen-Vertrag.
Trotz der Unterschiede in der Rhetorik zu ihren Vorgängerinnen unterstützte und realisierte die Regierung SYRIZA-ANEL alle Entscheidungen der EU und der NATO, die die Flüchtlings- und Migrationsfrage noch tiefer in den Konkurrenzkampf der imperialistischen Zentren in der Region verwickelt. Diese Entscheidungen hatten erhebliche Auswirkungen auf die griechisch-türkischen Beziehungen, wie sie sich z.B. im Druck für die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens manifestierten.
Die Regierung hat Bedingungen eines dauerhaften Einschlusses für die Mehrheit der Flüchtlinge und Migranten geschaffen. Sie ist verantwortlich für die schlechten Lebensbedingungen in den meisten Flüchtlingslagern, die Auswirkungen auf das Leben der Einwohner und die Aktionen der „Chrysi Avgi“, der Faschisten und anderer reaktionärer Kräfte und Apparate, die Provokationen zulasten der Flüchtlinge und Migranten sowie der Bewohner organisieren. Sie hat den Bereich der Betreuungsdienste für die Flüchtlinge und Migranten an NGOs übergeben. Aber auch gegenüber den Migranten, die früher aus wirtschaftlichen Gründen kamen, von denen viele durch die Nichtverlängerung ihrer Arbeitserlaubnis schikaniert werden, hat die SYRIZA-ANEL Regierung vorläufige und gelegentliche Maßnahmen ergriffen, die in einigen Fällen, wie zum Beispiel bei den Landarbeitern, in einenoch arbeiterfeindlichere Richtung gehen.
Im Gegensatz zu dieser Politik der imperialistischen Vereinigungen, des Kapitals und der griechischen Regierungen, kämpfte die KKE für die Linderung der Folgen des Problems, für die Freisetzung und die sichere Fahrt der Flüchtlinge in ihre Bestimmungsländer, für menschliche Übergangsunterkünfte. Mit ihren Kräften in der Arbeiter- und Volksbewegung trug die KKE zur Organisation der wirklichen Solidarität des Volkes bei, fernab kosmopolitischer Mildtätigkeit. Sie machte und macht vorrangig die Ursachen deutlich, die die Massenmigration und -flucht hervorrufen, sowie die Organisation des Kampfes des Volkes gegen diese Ursachen, gegen den imperialistischen Krieg und ihrem Schoß, dem Kapitalismus, unabhängig von ethnischer Herkunft – Hautfarbe -Sprache – Religion. Der antikapitalistische Kampf, der Kampf gegen die Folgen der kapitalistischen Krise und der imperialistischen Kriege, ist notwendig, um die Ursachen zu beseitigen, die die Völker daran hindern in Würde, Sicherheit und Selbstbestimmung an ihrem Ort zu leben.
Zweites Kapitel
GRIECHENLAND IM INTERNATIONALEN IMPERIALISTISCHEN SYSTEM
Die Europäische Union und die Position Griechenlands
17. Die Entwicklungen seit dem Beginn der internationalen Krise in den Jahren 2008-2009 bestätigen, dass die EU und die Eurozone keine kohärente, stabile, dauerhafte Formation darstellen.
In den Jahren nach dem Ausbruch der internationalen Krise veränderte sich das Verhältnis zugunsten Deutschlands, sowohl in der EU als Ganzes, als auch in ihrem Führungskern.DieVergrößerung der Kluft zulasten Frankreichs und Italiens manifestiert sich zuerst in den reduzierten durchschnittlichen jährlichen Veränderungsraten des BIP pro Jahrzehnt und spiegelt sich in der Leistungsbilanz und in ihrer Haushaltslage wider.
Während des Jahrzehnts 2006- 2016 belief sich das durchschnittliche jährlicheBIP-Wachstum in der Eurozone auf 0,54%, d.h. es wies eine Stagnation auf. Die Überlegenheit Deutschlands drückt sich in seiner durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate aus,die 1,2% beträgt, während Italien 0,6% und Frankreich 0,7% aufweisen.
Eine Reihe von Faktoren, die bei der schwachen Erholung in der Eurozone eine Rolle spielten, wie beispielsweise ein deutlicher Rückgang der Kraftstoffpreise und die Abwertung desEuro, werden voraussichtlich an Bedeutung verlieren. Zur gleichen Zeit wird eine Reihe vonEntwicklungen (z.B.Brexit, Tendenz zur Verstärkung des Protektionismus, erhebliche Probleme bei großen europäischen Banken) die Aussichten und das Tempo des kapitalistischen Wachstums in der EU und in der Eurozone beeinflussen.
Die Europäische Kommission versucht den Erholungsprozess mit einer begrenzten Lockerung der Finanzpolitik zu unterstützen, während die Europäische Zentralbank ihrerseits Maßnahmeneiner relativen Lockerung der Geldpolitik durchführt. Gleichzeitig fördern alle EU-Institutionen, in Einklang mit den Regierungen der Mitgliedstaaten, Umstrukturierungen, umbillige Arbeitskräfte für die Unternehmensgruppen zu gewährleisten.
Der Politik der Europäischen Union kann es jedoch nicht gelingen, die Ungleichmäßigkeitinnerhalb der Eurozone zu mindern, die sich in der wachsenden Kluft zwischen denjenigenLändern zeigt, die stets Handelsüberschüsse aufweisen (Deutschland, Niederlande,usw.) und der Mehrheit der Staaten, die entsprechende Defizite verzeichnen. Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2015 der berühmte Vorschlag der fünf Präsidenten (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank, Europäischer Rat, Europäisches Parlamentund Eurogruppe) unterbreitet, um als Verhandlungsrahmen für die“Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion“ zu fungieren. Kern dieses Vorschlagsist die Frage der Finanz- und Wirtschaftsunion, der Fiskalunionund der Vertiefung der politischen Union auf der Grundlage der bestehenden EU-Verträge.
18. Das Ergebnis des britischen Referendums und der Aufstieg des bürgerlichen Euroskeptizismus in Frankreich, Italien und anderen EU-Mitgliedsstaaten lassen Möglichkeitenfür die Verstärkung der Fliehkräfte, für neue Referenden und eine neue Schwächung der EUoffen.
Das Ergebnis des Brexit spiegelt zu einem gewissen Grad die allgemeine negative Haltungder britischen Bourgeoisie gegenüber dem Prozess der Vertiefung der WWU und der EUwider, ihre stetige Übereinstimmung mit den USA beim Konkurrenzkampf mit Deutschland, dasVorhandensein von Teilen des britischen und amerikanischen Kapitals, die den AustrittGroßbritanniens aus der EU wünschen und die Vereinnahmung der Unzufriedenheit inder Bevölkerung durch diebürgerliche Strömung des Euroskeptizismus. Zur gleichen Zeitkommen gewisse Regungen in Richtung Wiederholung des Referendums zumVorschein.
Allem Anschein nach wird die allgemeine RichtungderVerhandlungen auf den Erhalt der „engen Beziehung“ zur EUgehen. Auch aus diesem Grund komplizieren sich die Zwickmühlen der bürgerlichenPolitik in Deutschland und in den anderen EU-Mitgliedsstaaten. Zunächst einmal bewegt sich die vorherrschende Linie der deutschen Bourgeoisie zwischen der Aufrechterhaltung des zwischenstaatlichen Charakters der EU-Beschlüsse und der praktischen Durchsetzung einer Europäischen Union mit mehrerenGeschwindigkeiten, einer EU der vielen konzentrischen Kreise und der Anwendung strikter haushaltspolitischer Regeln. Trotzdem befindet sich die deutsche Sozialdemokratie weitgehend im Einklang mit den Konzepten zur Vertiefung des europäischenEinigungsprozesses, die von Frankreich und Italien ausgehen.
Die Regierungen von Frankreich und Italien, wie auch die der anderen Länder des sogenannten „Club Med“, der durch die Unterzeichnung der sogenannten „Erklärung vonAthen“ gebildet wurde , wollen zum einen eine Lockerung der Haushaltspolitik, um die Instrumente, die sie bietet, besser zur Unterstützung der kapitalistischenRentabilität nutzen zu können. Zum anderen zielen sie auf die Vertiefung des Einigungsprozesses derEurozone (Gemeinsames Parlament, einheitlicher Staatshaushalt für die Eurozone, einheitliche Regierungsausübung, usw.), sodass Deutschland praktisch die Rolle des Garanten für die hochverschuldeten Mitgliedstaaten und dieproblematischen Großbanken in der EU übernimmt.Parallel dazu verstärkt sich in Frankreich und in Italien die euroskeptische Strömung derOpposition.
Einige Mitgliedstaaten, die enge Beziehungen zu den USA unterhalten, wie die Visegrád-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei), sowie Länder wie Schweden und Dänemark, fordern die Aufrechterhaltung des zwischenstaatlichen Charakters der EU und eineStärkung der Selbständigkeit der nationalen Politiken in verschiedenen Fragen (z.B. Einwanderungs- und Flüchtlingsfrage).
Die Kontroversen über das „Mischungsverhältnis“ bei der praktizierten Politik sind objektiv mit demKonflikt über die internationalen Allianzen der EU verbunden. Auch hier gibt es große Unterschiede, sowohl zwischen den Mitgliedstaaten, als auch in ihrem Innern, wie auch inHinblick auf die Beziehung der EU und der einzelnen Staaten zu den USA, Russland undChina.
In die Entwicklungen in der EU intervenieren auch die USA, indem sie Italien undFrankreich in der Frage der Lockerung der Haushaltspolitik, sowie die Visegrád-Gruppe und die nordischen Länder unterstützen.
Russland wiederum interveniert in die Konkurrenzkämpfe innerhalb der EU, indem es diejenigenpolitischen Kräfte und Staaten unterstützt, die sich gegen die Vertiefung des kapitalistischenEinigungsprozesses im Rahmen der EU stellen. Diese Haltung Russlands wurdedurch die Verschärfung seiner Beziehungen zurEU weiter verstärkt, alsFolgeder Bestrebungen der Ukraine um Anbindung an die EU, gegen die russischen Pläne, sie indie eurasische Wirtschaftsgemeinschaft zu integrieren. Russland stellt sich auch gegen die Pläne derEU zur schrittweisen Integration des westlichen Balkans. Die EU-Beitrittsverhandlungenmit Serbien und Montenegro haben bereits begonnen, obwohl die Lage instabil bleibt.
Erwähnenswert ist, dass diese Kontroversen in Bezug auf das „Mischungsverhältnis“ bei der praktizierten Politik in der EU vor dem Hintergrund der Entscheidung der G-20 über die Lockerung der Haushaltspolitik zugunsten der öffentlichen Investitionen erfolgt.
Die Beziehungen und Konkurrenzkämpfe innerhalb der EU werden in nächster Zeit durch eineReihe von politischen Entwicklungen, wie dem Ergebnis des jüngsten Verfassungsreferendums in Italien und den bevorstehenden Wahlen in Frankreich undDeutschland beeinflusst – und sich wahrscheinlich auch verschärfen.
19. Auf der Grundlage dieser objektiven Gegebenheiten passt die Bourgeoisie in Griechenlandihre wichtigsten Ziele an und priorisiert diejenigen, dendie Verhandlungen und die Wirtschaftspolitik der SYRIZA-ANEL-Regierung im Allgemeinen dienen müssen.
Die wichtigsten Prioritäten der Bourgeoisie in Griechenland sind:
a) Die Umschuldung der staatlichen Verbindlichkeiten und die Umstrukturierung der Bedingungen zur Bedienung der staatlichen Finanzierung aus dem Ausland, um den Weg der griechischen Wirtschaft aus der Phase der kapitalistischen Krise zu konsolidieren und zubeschleunigen.
b) Die Umsetzung von Großinvestitionen, die zum Aufstieg des Landes zu einemEnergie- und Warenverkehrsknotenpunkt in der weiteren Region beitragen werden.
c) Der Wiederaufbau der kapitalistischen Produktion mit der Förderung von Änderungenin der aktuellen Branchenstruktur der Wirtschaft, sodass die Exportorientierung und dieProduktion innovativer, wettbewerbsfähiger Produkte und Dienstleistungen gestärkt werden. In diesem Zusammenhang wird die Anlockung von Investitionen in folgenden Bereichen schwerpunktmäßig angestrebt: Kohlenwasserstoffgewinnung, Transportwesen, Logistikketten,erneuerbare Energiequellen, exportorientierter Agrar- und Lebensmittelkomplex, spezialisierter Tourismus. Es werden solche Branchen und Sektoren priorisiert, die, neben der Stärkung der Hochseeschifffahrt, als „neueLokomotive“ für das kapitalistische Wachstum fungieren können.
d) Die Förderung der Umstrukturierungen zur Sicherstellung billiger Arbeitskräfte (z.B.bei der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, Sozialversicherungssystem) und der Eröffnung neuer Rentabilitätsfelder für dasKapital (z.B. Marktliberalisierung, Privatisierungen).
e) Die Modernisierung des Aufbaus, der Funktion und der Infrastruktur des bürgerlichenStaates, sodass er zu einer effektiveren Förderung der Ziele der herrschenden Klasse beiträgt (z.B. Verbesserung der Fähigkeit des Staates zur Steuererhebung durch die Schaffung eines elektronischen Vermögensregisters).
Für die kombinierte Förderung dieser Zielsetzungen ist die inländische bürgerliche Verhandlungsliniedurch folgende Merkmale gekennzeichnet:
• Sie schließt sich dem Druck Italiens und Frankreichs für eine relative Lockerung der Haushaltspolitik in der Eurozone an.
• Sie beteiligt sich aktiv an der Förderung der Pläne der USA und Israels in der Region.
• Sie entwickelt widersprüchliche Beziehungen von Konkurrenz und Kooperation mit der Türkei.
• Zur Realisierung von Investitionsprojekten im Bereich derEnergie- undWarentransporte in Richtung EU versucht sie, ihre bilateralen Beziehungen zu China, und in geringerem Umfang auch zu Russland zu vertiefen.
Drittes Kapitel
EINSCHÄTZUNG DER ENTWICKLUNGEN IN GRIECHENLAND
Die Entwicklungen in der griechischen Wirtschaft
20.DiegriechischeWirtschafttendiertimJahr2017zueiner schwachen Erholung. Allerdings wird die Bestätigung dieser Tendenz auch von anderenParametern abhängen, insbesondere von den Entwicklungen in der internationalen Wirtschaft.
Berechnet auf der Grundlage der Preise vom Jahre 2010, beläuftsich der Rückgang des BIP über die letzten 5 Jahre hinweg auf 10,4%, während erim Vergleich zum Beginn der Krisenphase im Jahr 2008 die 26%-Marke übersteigt.Im Jahr 2015 schrumpfte das BIP um 0,2%, während für 2016 eine erneute Schrumpfung um 0,3% prognostiziert wird. Im Jahr 2015 verzeichnete der Volumenindex der Industrieproduktion zum ersten Mal seit 2007einen schwachen Anstieg um 0,7%, ein Trend, der sich in der ersten Hälfte2016 fortgesetzt hat. Die dynamischen Branchen der verarbeitenden IndustriebetrafenErdölerzeugnisse, pharmazeutische Produkte, Chemieprodukte und Metallerzeugung.
Die Branchenstruktur der griechischen Wirtschaft hat sich in den letztenvier Jahren nicht wesentlich verändert. Zu beobachten ist ein Anstieg des Anteils des Primärsektors andergesamtenneuenProduktionvon3,7%im Jahr 2012 auf 4% im Jahr 2015, sowie des Tertiärsektors von80,1% in 2012 auf 81,8% im Jahr 2015. Beim Sekundärsektor (Verarbeitung,Energie,Bau,Bergbau) war ein entsprechender Rückgang zu verzeichnen, und zwar von16,2% im Jahr 2012 auf 15,2% im Jahr 2015.
Abgesehen von den allgemeinen methodologischen Problemen derGliederung nach Primär- , Sekundär- und Tertiärsektor ist hier anzumerken, dass diese Daten durch die Zuordnung mancher Branchen durch die bürgerliche Statistik, wie Telekommunikation und Verkehr, demTertiärsektorbeeinträchtigt werden.Dieses methodologische Problem wirdnoch größer in Griechenland, weil die Schifffahrt (die zurTransportbranche gehört)im Zeitablauf die stärkste Branche der griechischen kapitalistischenWirtschaft ist.
Die griechische Schifffahrt nimmt 2015 international den ersten Platz ein, mit Anstieg der Tonnage, einem großen Anteil ander Flotte der Tanker und Massengutfrachter weltweit und einem hohen Maß anAusbeutung der Arbeiter der Branche.
In denletzten vierJahren setzte sichder Abwärtstrend bei der Zahl derArbeitgeber und der Zahl der Selbständigen aufgrund der Krise fort, während es eine leichte Erhöhung der Zahl der Lohn- und Gehaltsempfänger gab. Genauergesagt, verringerte sich die Zahl der Arbeitgeber von 261.000 im Jahr 2012auf 248 000 im Jahr 2015, die Zahl der Selbständigen (zu denen auch dieBauern gezählt werden) sank von 908.000 auf 856.000 und die Zahl derLohnempfänger stieg von 2,34 auf 2,35 Millionen an. Auch die mithelfenden Familienangehörigen reduzierten sich von 185.000 auf 158.000.
Diese Änderungen haben das Verhältnis zwischen diesen Kategorien sowie ihre Anteile in der Gesamtanzahl der Erwerbstätigen nicht wesentlich geändert: Der Anteil der Arbeitgeber sank von 7,7% auf 6,9%, der Anteil der Selbständigen von 24,6% auf 23,7% und der Anteil der Lohnempfänger stiegvon 63,4% auf 65%. Der Rest bezieht sich auf die mithelfenden Familienangehörigen, deren Anzahl einen leichten Rückgang verzeichnete. Es muss berücksichtigtwerden, dass diese Zahlen in Bezug auf die erwerbstätige Bevölkerung leicht differieren, da diese auch die Arbeitslosen umfasst, deren Großteil aus dem Bereich der Lohnarbeit kommt.
21.WährendderKriseverstärktesichderTrendzurKonzentrationund Zentralisation dergriechischenkapitalistischenWirtschaft.NacheinerRunde von Übernahmen und Verschmelzungen, konzentrieren sich praktisch alleBankaktivitäten auf die vier großen Banken mit Systemrelevanz.
Im Handelssektor ist ein signifikantes Wachstum des Anteils an Handelsunternehmensgruppen zu verzeichnen; im Telekommunikationssektor kontrollieren drei Gruppen (OTE, Vodafone, Wind) praktisch vollständig den Markt,wobei die zweitstärkste Gruppe eine strategische Partnerschaft mit der dritten eingegangen ist.
DerEnergiesektorwirdaufdemGebietder Kraftstoffevondreigroßen Unternehmensgruppen dominiert, die den Bereich der Erdölraffination vollständig kontrollieren, während auch die Konzentration im Bauwesen mit großen Gruppen, diesich in kleineren Projekten engagieren, deutlich weiterging.
In der Metallindustrie kontrollieren die beiden größten Gruppen fast 2/3 derBranche. Ähnliche Entwicklungen sind im Bereich Fremdenverkehr, Gastronomie, Nahrung und Getränke zu verzeichnen.
22. Die internationalen imperialistischen Vereinigungen (OECD, IWF, Europäische Kommission), wie auch die Bank von Griechenland, prognostizieren eine Erholung der griechischen Wirtschaft in 2017-2018 durch die Zunahme der Investitionen (mit Ausnahme des Wohnungsmarktes) und durch das neue Entwicklungsgesetz auf der Grundlage der EU-Finanzierung und der BeschleunigungwichtigerPrivatisierungsvorhaben.
Sie prognostizieren einen Anstieg der Warenexporte als Ergebnis der VerbesserungderWettbewerbsfähigkeitdergriechischenWirtschaft,einWachstum der Dienstleistungen (Fremdenverkehr, Schiffsverkehr) und eine Zunahmedes Inlandsverbrauchs als Folge der Erhöhung der Beschäftigungsrate, der Einkommenssteigerung und der Verbesserung der Kreditvergabebedingungen
Als Unsicherheitsfaktoren, die zu einem negativen Ausgang führen könnten, werden die mögliche Verschlechterung der internationalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Kurs der EU nach dem Brexit angesehen, sowie diemöglichen negativen Auswirkungen einer Verschärfung der Flüchtlingsfrageund einer Verschlechterung der Lage in der erweiterten Region des östlichen Mittelmeers auf den Tourismus und den Handel. Weitere negative Faktoren wären die Auswirkungen der Regierungspolitik (z.B.durch Erhöhung der indirekten Steuern und Belastungen für die Volksschichten).
Diese Bemerkungen unterstreichendieUnsicherheitderbürgerlichenPrognosen, insbesondere dann, wenn sich die Lage in der Eurozone verschlechtert und sich die Fliehkräfte verstärken.
Weiterhin ist es anzumerken, dass bestimmte Großinvestitionen (z.B. Häfen, Eisenbahnverkehr) nicht leicht verwirklicht werden können, wenn es keine mittelfristigenKompromisse mit den USA, EU, China und Russland in der Region gibt.
Die Lage der Arbeiterklasse, der anderen Volksschichten und die Regierungspolitik
23.Die Maßnahmen, die zum drastischen Abbau der Arbeitsverhältnisse, der Löhne, der Tarifverträge, der Renten, der sozialen Leistungen u.a. geführt haben, waren schon lange vor der Krise mit dem Maastrichter Vertrag und insbesondere mit dem „Weißbuch“ von 1993 geplant.Siebetrafen nämlichdieGesamtheitderLänderderEuropäischenUnion, unabhängig von der jeweiligen Phase des kapitalistischen Reproduktionszyklus. Diese kapitalistischen Umstrukturierungen und die dazugehörigen arbeiterfeindlichen Regelungen dienten dem Ziel, die kapitalistischeRentabilitätvordemHintergrundderVerschärfung der internationalen Konkurrenz zu unterstützen. Dennoch erhöht sich in Zeiten der Krise verständlicherweise ihreDringlichkeit für das kapitalistische System.
Diese strategische Planung wurde von der EU und den bürgerlichen Regierungen in den einzelnen Ländern gezielt, methodisch und auf lange Sichtgefördert. Diese Maßnahmen fanden in Griechenland vor allem ab 2010 mitdrei Maßnahmenpaketen (Memoranden) und zehn Durchführungsgesetzenallein in Bezug auf die Umstrukturierung der Arbeiterrechte (vier Gesetze2010, zwei in 2012, und jeweils eins in 2013, 2014, 2015 und 2016) ihre rascheund vollständige Entfaltung.
Im Rahmen einer Gesamtstrategie werden gefördert:
• Eine einheitliche Politik zur drastischen Minderung der Monats- bzw. Tageslöhne und die Durchsetzung alternativer Beschäftigungsmodelle und Teilzeitarbeit. Weitgehende Abschaffung der festen täglichen Arbeitszeit, desKündigungsschutzes im staatlichen Sektor und der gewissen Beschäftigungsstabilität in der Privatwirtschaft, mit umfassenden Änderungen in den Arbeitsverhältnissen, einschließlich Verstärkung der Flexibilitätund Mobilität. Es ist eine Politik, die auf lange Sicht der Strategie für dieDeregulierung des Arbeitsmarktes untergeordnet ist, und darauf ausgerichtet ist, die Löhne dem sehr niedrigen Niveau des internationalen kapitalistischen Weltmarktes anzupassen.
• Eine einheitliche Politik zur Einschränkung von Gesundheits- und Sozialleistungen, vor allem der Sozialversicherungssysteme mit einemAusbau der Privatisierung.
• Eine Politik zur Legalisierung der Leiharbeitsfirmen und der Ausnutzung der Migranten als billige Arbeitskräfte und als Druckmittel für eine Reduzierung der Löhne insgesamt.
•Neue Einschränkungen des Streikrechts und der gewerkschaftlichen Arbeit.
•Kontinuierliche Erhöhung der indirekten Steuern, was zu Erhöhungender Verbraucherpreise führt (z.B. Strom, Lebensmittel, Personenverkehr usw.).
Die „Strategie Europa 2020“, die vom Europäischen Rat im Juni 2010 verabschiedet wurde, empfiehlt die Vertiefung des bestehenden arbeiterfeindlichen Maßnahmengeflechts. Diese Maßnahmen, die auf eineVerbesserung der Konkurrenzfähigkeit der Monopole Europas und damitauch Griechenlands abzielen, bedeuten nicht, dass sie die WidersprüchedesSystems,die ungleichmäßige Entwicklung und die innerimperialistischen Widersprüche beseitigen können. Dies scheint am deutlichsten in derEU heute, in der das sogenannte „EconomicGovernance – European Semester“ durchgeführt und ein neues „Weißbuch“ vorbereitet wird, das im Frühjahr 2017bekannt gegeben wird, mit dem Ziel, die WWU widerstandsfähiger gegen „künftige Erschütterungen“ zu machen.
Die Folgen der Wirtschaftskrise und die arbeiterfeindlichen Maßnahmen, die mit den berüchtigten Memoranden und Durchführungsgesetzen ergriffen wurden, verursachten umfangreiche, tiefe und andauernde Risse in denLebens- und Arbeitsbedingungen, bei der Zusammensetzung der Arbeiterklasse, bei einem großen Teil der Selbständigen und Kleineigentümern in StadtundLand.DieArbeiterklassewurdedurch neue Teile von zerstörten Mittelschichten aus Städten und Dörfern erweitert. Weitere Teile der Mittelschichten näherten sich der Arbeiterklasse, die Zahl der Halbproletarier nahm zu. Zur gleichen Zeit stieg die Auswanderung, vorallem von jungen Menschen, an.
Durch Umstrukturierungen und Krise schrumpfte die Schicht der Arbeiteraristokratie im privaten und staatlichen Sektor und in der staatlichen Beamtenschaft.Diesbedeutet aber nicht, dass die BourgeoisieaufErhaltung, Erneuerung und Schaffung neuer Mechanismen für die Manipulation der Arbeiterbewegung verzichtet. Die deutliche Differenzierung, die Schichtunginnerhalb der Arbeiterklasse und bei der Lohnarbeit im Allgemeinen, die diematerielleBasisfürdie Bildung derArbeiteraristokratiedarstellt, besteht weiter und wächst an.
24. Die jüngsten Daten bestätigen die Tendenzzur Verstärkung der absolutenVerelendung der Arbeiterklasse. Nachder drastischen Verringerung der Gesamtbezüge der Lohnabhängigen im Zeitraum 2009-2012 von 85 auf66,1 % Milliarden Euro, fiel sie zwischen 2012-2015 auf 59 Milliarden zurück. Das bedeutete einen weiteren Rückgang um 10,7 %, während der GesamtrückganggegenüberdemVorkrisenniveaumehrals30%erreicht.Überdie Lohnkürzungen hinaus, spiegelt diese drastische Kürzung der Gesamtentgelte der Lohnabhängigen natürlich auch die Explosion bei der Arbeitslosigkeit in der Zeit der Krise wider.
Auf der Grundlage der Daten der Bank von Griechenland sank der Lohn pro Lohnabhängigen im Jahr 2013 um 7 %, in 2014 um 2,1 % und im Jahr 2015 um2,7 %. Die nominalen Lohnkosten pro Lohnabhängigen sind von 24.300 Euroin 2012 auf 21.800 Euro im Jahr 2015 gesunken, eine Minderung von ca.10,3 %, die zu den Kürzungen im Zeitraum 2010-2012 dazukommen. Dasverringertedennominalen Jahresdurchschnittslohnvon26.100auf24.300 Euro. Unter konstanten Bedingungen (und unter Berücksichtigung derInflation) überschreitet die Abnahme des Durchschnittlohns die 20 %-Marke. Basierend auf Kennzahlen der IKA (Versicherungsanstalt für Angestellte und Arbeiter des privaten Sektors), sank der Mindestlohn seit 2010 um fast 35%.
Die Kaufkraft des durchschnittlichen Bruttolohns in Griechenland kommt imJahr 2014 auf nur 66 % der durchschnittlichen Kaufkraft der 15 am weitest entwickelten EU-Länder, im Vergleich zu 82 % in 2009. Die Kaufkraftverluste der Lohnabhängigen werden in Anbetracht der enormen Steuerbelastungen in den letzten Jahren sogar noch größer. Wenn man alle diese Faktoren mitberücksichtigt, kann geschätzt werden, dass die Gesamtverluste beim Lebensstandard der arbeitenden Menschen in der Krise ca. 50% erreichen.
Der Angriff auf den Mindestlohn (Verminderung um 22% bei den Über-25-jährigen und um 32 % bei den jungen Menschen bis 25 Jahren) führte zu dem Ergebnis,dass die Einkommen 2014 niedriger sind als die Lohnuntergrenzen Anfang der 1990erJahre.
Die Gesetze der letzten Jahre verschlechternnach wie vor die Löhne und das Einkommenund das Leben derMenschen aus der Arbeiterklasse und den Volksschichten. Dievorgelegten Kennzahlen spiegeln die Widrigkeiten, mit welchen die arbeitenden Menschen konfrontiert sind, und die Situation bei den Löhnen und den Arbeitsverhältnissen, wider.
Die Niedriglohnbezieher machen etwa 60 % der arbeitenden Menschen aus. Die Anzahl der Arbeiter und Angestellten mit einem „Nettolohn“ von weniger als 1.000 Euro erreichte 63,17 %. Gleichzeitig ist eine Bewegung nach unten zu beobachten, bezüglich der Einstufung in die verschiedenen Entgeltsgruppen.Die Lohnabhängigen miteinem Lohn von501bis600Euronahmen um 13,24 %, und die mit einem Lohn von 601 bis 700 Euro um10.56 % zu.
Bezüglich der „Mobilität und Flexibilität“ auf dem Arbeitsmarkt, die durchdie aktuellen Gesetze und die kapitalistische Krise kamen, ist folgendes bezeichnend: Die Arbeitsverträge, die 2015 arbeitgeberseitig gekündigt wurden, überstiegen zusammen mit den „freiwilligen Aufhebungsverträgen“ und den abgelaufenen befristeten Arbeitsverträgen die Zahl der Lohnabhängigen im selben Jahr.
Die Arbeitsverhältnisse verschlechtern sich zusehends. Im Jahr2015 überschritt der Anteil der „flexiblen Arbeitsverhältnisse“ (Teilarbeit und Jobrotation) bei den Neueinstellungen 55 %, während er im Jahr 2009 bei29 % und 2012 bei 45 % lag. Etwa 30 % der Lohnabhängigen in der Privatwirtschaft arbeitet verkürzt, 20 % arbeitet weniger als 20 Stunden proWoche. Auf jeden Fall liegengegenwärtig mehr als der Hälfte der Einstellungensolche flexiblen Beschäftigungsformen zugrunde, eine Tatsache, die natürlich auch das durchschnittliche Lohnniveau beeinträchtigt.
DerdurchschnittlicheKonsumder PrivathaushalteinGriechenlandhatsichimZeitraum von 2010 bis 2014 um 25 % verringert und beträgt ca. 1.460 Eurogegenüber 1.950 Euro im Jahr 2010. Im selben Zeitraum ist nun eine deutliche Differenzierung beim Ernährungsverhalten des griechischen Durchschnittshaushalts festzustellen.InsbesondereverändertensichdieMengenderkonsumiertenNahrungsmittel (z.B. sank der Verzehr von Fleisch und Fisch um 12 %). In 2015 litt 40% der Bevölkerung unter materieller Entbehrung, deutlich mehr als in 2010 (24 %).
Die Gesamtarbeitslosenquote ist in den letzten vier Jahren leicht gesunken, bleibt aber besonders hoch. 2015 belief sie sich auf 24,9 %, 2013 auf27,5 % und 2014 auf 26,5 %. Die Zahl der Arbeitslosen bleibt außerordentlich hoch und beläuft sich auf 1,2 Millionen. Die Arbeitslosenquoteistbeiden jüngeren Menschen (15-29Jahre)sehrhochundübersteigt40%.Zur selben Zeit stieg der Anteil der Langzeitarbeitslosen (d.h. derjenigen, dielängerals12Monatearbeitslossind)erheblichan.ImJahr2015waren875.000 Menschen langzeitarbeitslos, d.h. 73,1 % aller Arbeitslosen, währendder Anteil 2012 bei 59 % der Arbeitslosen lag. Auch sind bei den FrauenhöhereArbeitslosenquotenzuverzeichnenalsbeiMännern.ImJahr2015 lag die Arbeitslosenquote der Frauen bei 28,9 % gegenüber 22 % beiden Männern. Die Arbeitslosenquote der Frauen stieg im Vergleich zu 2012 (28,1 %) und erreichte fast die Zahl von 618.000.
25. Der jüngste Bericht der Bank von Griechenland bestätigt die Position derKKE, dass die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit und die Politik zurÜberwindung der Krise „auf den niedrigen Lohnkosten und dem institutionellen Rahmen für die Flexibilität am Arbeitsmarkt „, mit anderen Worten auf der billigen Arbeitskraft, beruhen.
DerUnternehmerverband (SEB) stelltstets die zügigeund effektive Umsetzung des Programms des 3. Memorandums in den Vordergrund, die Beschleunigung der Umstrukturierungen und der Privatisierungen, die Reduzierung derso genannten „Lohnnebenkosten“ und die Bereitstellung größerer steuerlicher Anreize für private Investitionen. Im Allgemeinen besteht eine ÜbereinstimmungderinländischenBourgeoisie(Unternehmerverband, Vereinigung Griechischer Reeder, Verband Griechischer Banken) mit dem IWF und der EU bei der Verhängung von Maßnahmen, die den Ausbeutungsgrad erhöhen und die Rechte und die Einkommen der Arbeiterklasse zerstören.
Trotz der bestehenden Unterschiede zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten werden die Leitlinien dieser Politik überall entschlossen umgesetzt, wie die jüngsten Maßnahmen in Frankreich und Italien gezeigt haben.
26. Die Regierung SYRIZA-ANEL behauptet zu propagandistischen Zwecken, dass sie beimkapitalistischen produktiven Wiederaufbau desLandeseineranderenAusrichtung folgt als die vorherigen Regierungen. Sie fördert das Konzeptder „gerechten Entwicklung“ mit angeblich neuen Komponenten, wie die Wende zu Innovation und Qualität, die Nutzung wissenschaftlicherErkenntnisse und hochspezialisierten Technologien zugunsten der Produktivitätssteigerung,dieVerwendungdes umgestalteten bürgerlichen Staates als Sprungbrett für die Entwicklung und insbesondere für die „Stärkung der Gesellschaft und des Marktes“.
Die Regierung verschweigt, dass die Anwendung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Innovationen zur Steigerung der Produktivität im Kapitalismusnicht der Verbesserung der Lage der arbeitenden Menschen (z.B. etwa durch Einkommensanstieg und Arbeitszeitverkürzung) dient, sondern der Erhöhung der Profite des Kapitals. Dies wird belegt durch die Tatsache, dass sogar in Staaten, die eine führende Rolle bei der Nutzung neuer Technologien in der Produktion spielen und sich nicht in einer Krisenphase befinden, wie Großbritannien,Deutschland und die USA,dieEinkommensungleichheitrasantansteigt.
Die Wahrheit ist, dass dieRegierungspolitik nicht einmal zu einem teilweisen Ausgleich der großen Verluste der Volksschichten während derKrise führt, sondern die Lage des Volkes verschlechtert. Zugleich verschweigt die Rhetorik der Regierung über einen „effizienten Staat“, dass der bürgerliche Staat zugunsten des Kapitals funktioniert, und demzufolge alle Anpassungen der Erhöhung seiner Wirksamkeit zu dessen Vorteil dienen. Diesem Ziel dienen zum einen diegroßen Steuermehrbelastungen des Volkes und die Kürzungen von Sozialleistungen, und zum anderen die staatliche Förderung dereinheimischen Unternehmensgruppen und der kapitalistischenRentabilität im Allgemeinen.
Der Anstieg der indirekten Steuern, die Senkung des Steuerfreibetrages, die Beibehaltung der Immobilienbesitzsteuer (ENFIA), dieRentenkürzungen und die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträgesind typische Beispiele für die Eskalation dervolksfeindlichen Offensive. Was die Selbständigen und Bauern betrifft, geht die starke Zunahme der Steuer-und Sozialversicherungslastenmit einer drastischen Abnahme des Umsatzeseinher, was zu einergroßen Verschlechterung ihrer Lage führt. Die Monopolgruppentragen im Gegensatz dazu wenigerals5%zudenjährlichen Steuereinnahmen bei, und die Regierung plant neue staatliche Förderungen über das „Entwicklungsgesetz“.
Selbst wenn eine eventuelle Erholung eintritt, wird sie die Arbeitslosigkeit nicht aufheben, noch wird sie den Zustand vor der Krise wiederherstellen, in Bezug auf die grundlegenden Rechte und Errungenschaften der Arbeiterklasse, die im 20. Jahrhundert erreicht wurden.
Insgesamt zerschlägt die Entwicklung im Ganzen die Illusion über die Möglichkeit einer volksfreundlichen Verwaltung des Kapitalismus, wonach die Steigerungder Rentabilität desKapitalsmit dem Wohl der Lohnabhängigen undSelbständigen sich im Einklang befindet. Es stellt sich heraus, dass es „innerhalb der Mauern“ der Herrschaft des Kapitals, der EU und der NATO, keine volksfreundliche Politik geben kann.
Der Reformierungsprozess des bürgerlichen politischen Systems
27.DieReformierung desbürgerlichenpolitischenSystemserfolgtunterdemmaßgeblichen Einfluss der internationalen Entwicklungen, der innerimperialistischen Gegensätze, der Schwierigkeiten beim Zusammenhalt der EUundderWWUundderWidersprücheim Geflecht der internationalenBündnisse, die die Bourgeoisie Griechenlands anstrebt, um nach einer achtjährigen Krise von 2008 bis 2016 einen Übergang in eine Erholungsphase zu bewerkstelligen.
Die Hauptkräfte des bürgerlichen politischen Systems stimmen mit den strategischen Zielen der Bourgeoisie überein, die sich, kurz gefasst, auf folgende Fragen beziehen:
•Kurs der Erholung der kapitalistischen Wirtschaft
• Geostrategische Aufwertung des Landes als Handels- und Energieumschlagknoten
•Verstärkung der aktiven Rolle in der NATO und der EU
•Wiederherstellung der Position der griechischen Bourgeoisie in Südosteuropa und im östlichen Mittelmeerraum, die in den vergangenenJahren der Krise gelitten hatte
Die unterschiedlichen Auffassungen unter den bürgerlichen Parteien über einzelne Verwaltungsthemen stellen grundlegende Aspekte nicht in Frage, wie z.B. die Notwendigkeit der Beschleunigung der volksfeindlichen Umstrukturierungen, eine intensivere Beteiligung an den NATO-Plänen, dieNotwendigkeit der Lockerung der Haushaltspolitik, die staatliche Unterstützung derInvestitionsvorhaben des Kapitals usw.
Natürlich dürfen diese einheitlichen Bestrebungen und die strategische Übereinstimmung, die Gegensätze nicht verbergen, die innerhalb der Bourgeoisie bestehen, und im Wesentlichen alle bürgerlichen Parteien durchdringen. Diese Gegensätze, die sich objektiv verschärfen, betreffen sowohl die Prioritäten bei der Unterstützung bestimmter Branchen der kapitalistischen Wirtschaft, alsauch die Optionen und Hierarchisierungenbei den internationalen Bündnissen desKapitals.SosteheneinigeTeiledergriechischenBourgeoisie Deutschland, andere den USA oder Frankreich (das seinenEinflussimLanderhöhthat)undwiederum andereChina,Russland oder anderen Ländern näher.
Die politischen Kräfte in Griechenland
28.In den letzten zwei Jahren erwiesen sich die Regierungen SYRIZA-ANEL alsbesonders effektiv für das Kapital, für die Bourgeoisie im Allgemeinen, aberauch für ihre wichtigsten internationalen Verbündeten. Was die Bourgeoisieund ihre ausländischen Verbündeten anerkennen, ist nicht nur die Entschlossenheit der Regierung Tsiprasdurch volksfeindliche Gesetze die kapitalistische Rentabilität zu stützen (wasbei allen bürgerlichen Parteien zutrifft), sondern auch die Fähigkeit, ein X für ein U vorzumachen. Sie erkennen ihre Fähigkeit an, den Widerstand des Volkes abzuschwächen,indem sie eine ideologische Differenzierung zur Partei NeaDimokratia (ND) betont, ihre Fähigkeit die Volksschichten ins System zu einzugliedern, sie zu desorientieren,massiv und wiederholt zu betrügen. Das geschah auch nach 1981,bei der ersten Regierungsübernahme durch die PASOK.
Das ist der „Trumpf“ der SYRIZA-Regierung, den sie in der Konfrontation mit den anderen bürgerlichen Parteien ausspielt.Dieser Versuch verstärkt natürlich die Gegensätze innerhalb der SYRIZA,wenn auch nicht mit der gleichen Schärfe, wie im Sommer 2015.
Zur gleichen Zeit bemüht sich SYRIZA um eine Erweiterung in Mitte-Links-Richtung, indem sie die Karte der Zusammenarbeit mit der europäischenSozialdemokratie ausspielt.DieseBemühungstößtjedochaufKonkurrenzkämpfe innerhalbderSozialdemokratieundinsbesondereihren seitJahrzehnten wichtigstenVertreter in Griechenland, der PASOK. Solche Konkurrenzkämpfe werden beispielsweisedadurch angeheizt, dass SYRIZA es nichtgeschaffthat,starkenEinflussbeidenGewerkschafteninverschiedenen Branchen aufzubauen, während PASOK solche Stützen in Teilen der Arbeiteraristokratie und der Mittelschichten hält
Besonders gefährlich ist die Taktik der Regierung, die Geschichte und die Kämpfe der Arbeiter- und Volksbewegung zu missbrauchen, sich als eine quasi kommunistischeKraftzuerscheinen,eineTaktik,dievondenanderenbürgerlichenParteienund Medienverstärktwird.Dieser ideologische Mantel hilft, diejenigen zuvereinnahmen, die links fühlen, die eine kämpferische Natur haben. Ein Element dieses Bemühens ist auch der Versuch, dieheroische Geschichte des Widerstands der EAM (Nationale Befreiungsfront), den Kampf tausender Kommunisten, Linker und anderer radikaler Kämpfer zu vereinnahmen. Gleichzeitigunternimmt die Regierung, auch wenn nicht konsequent,bestimmte bürgerliche Modernisierungenundbezeichnetsieirreführend alsradikalund bahnbrechend.
29.NeaDimokratia, gegenwärtig die größte Oppositionsparteiim Parlament, ringt um die Anerkennung als alternative, konsequentere Regierungskraft, die den Zielen des Kapitals mit größerem Engagement entsprechen kann. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung mit derRegierung stehen die Haltung gegenüberdenUmstrukturierungen bzw. Reformen und das Tempo ihrer Umsetzung. Trotzdem scheint sie noch nicht die Dynamik zu haben,als sofortige Option für einen Ersatz der SYRIZA-Regierung zu fungieren.
In letzter Zeit wird intensiv dran gearbeitet, mit SYRIZA und ND im Kernund ihren jeweiligen regierungswilligen Partnern zwei Pole impolitischenSystem neu zu etablieren. Dabei verschärft sich ihr Streit, wer der authentischste Vertreter des Kapitals sein wird, wer die volksfeindlichePolitikderkapitalistischenUmstrukturierungen und der Richtlinien der EU, des IWF und des Quartetts insgesamt, effektiver umsetzen wird.
WasdassozialdemokratischeLager betrifft, schaffenderAufstiegderSYRIZA alsihr Grundpfeiler und ihre Anerkennung durch die europäische Sozialdemokratie erhebliche Schwierigkeiten bei der Reformierung des sogenannten“Mitte-Links-Lagers“, das dieklassischesozialdemokratische PASOK, die Partei „POTAMI“ und andere kleinere politische Gruppen umfasst. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten dieses Lagers, eineeigenständigere Rollezuspielen,gibteseinen Streit und ein Schwanken darüber, ob es als dritter Pol ein bevorzugter Ansprechpartner der SYRIZA oder der ND sein könnte.
Dabei bestehen zwei verschiedene Tendenzen nebeneinander:
•Zum einen die Tendenz zur bedingten Zusammenarbeit mit SYRIZA,vorbehaltlicheinerdeutlicheren zentristischen Wende, die sich auch in der Auswahl der Personen ausdrückt.Dieser Trend scheint auch von Kreisen der europäischen Sozialdemokratie unterstützt zu werden.
•Zum anderen die Tendenz, die einer Allianz der konsequenten pro-europäischen und reformorientierten Kräfte den Vorrang gibt, die auch die ND unter Kyriakos Mitsotakis mit einschließt.
30. Die „euroskeptische Strömung“ befindet sich in Griechenland zurzeit noch in Entwicklung. Die euroskeptische Stimmung ist von Widersprüchlichkeit geprägt und hat keine beständigen politischenZüge angenommen, obwohl sie bei breiten Massen existent ist und sich mehrfach als Infragestellung der EU und derWWU darstellt (unter anderem auch beim Referendum vom Juli 2015).
Es gibt Kräfte aus dem ganzen politischen Spektrum des bürgerlichen Systems, die sich in diese Richtung bewegen. Eine zentrale Rollestrebt die Partei „Plefsi Eleftherias“(„Weg zur Freiheit“)von Zoi Konstantopoulouan, aberauch das opportunistische Lager der LAE (Volkseinheit) und der ANTARSYA mit einigenkleineren Gruppierungen in ihrem jeweiligen Umfeld. Diese Parteien und Gruppen verschleiern, wenn auch differenziert, ihren EU-Skeptizismusmit einer gewissen antikapitalistischen Rhetorik und desorientieren damit potentielle radikale Kräfte und vereinnahmen sie unter einer Version bürgerlicher Systemverwaltung. Insgesamthandelt es sich um Kräfte, die als Bollwerk gegen die Radikalisierung und gegen das Zusammengehen von Menschen aus den Volksschichten mit der KKE fungieren. Dabei nehmen sie im Wesentlichen Positionen und Praktiken an, die auch SYRIZA hatte, als sie noch in der Opposition war. Einige vonihnen waren SYRIZA-Mitglieder und halfen ihr auf die Regierungsbänke zu gelangen, sie hatten Ministerämter inne oder waren Mandatsträger, und trugenaufihreeigeneWeisedazubei,derDurchsetzung der harten, arbeiterfeindlichen Politik ein Alibi zu verschaffen undmassiv Illusionen zu verbreiten.
31. Es gibt auch Kräfte, die sich von der ND abgespalten haben und sich im „euro- skeptischen“ Lager bewegen. Die Vorgängebei den sogenannten Rechtsextremen dürfennichtunterschätztwerden,obwohlsiederzeitmarginalen Charakter haben (z.B. Bildung der L.E.P.EN. [Griechische Patriotische Volksvereinigung] durch ehemalige Funktionäre der“Chrysi Avgi“, die Partei des FailosKranidiotis „Neue Rechte“, die Partei „Nationale Einheit“ von Karatzaferis und Baltakos, die „Vereinigung NationaleEinheit“ vonVelopoulos, die „Erste Reihe“ von Plevris, die „Nationale Front“, die Partei von Artemis Sorras „Versammlung der Hellenen“ usw.).
Auchdieses Lager ist im Wandel begriffen,bei dessen Verlauf sowohl das Endergebnis des Gerichtsverfahrens gegen die kriminelle nazistische Organisation “Chrysi Avgi”, als auch die Vorgänge in Teilen der ND eine Rolle spielen werden.
Dieangeklagten Naziverbrecher der „ChrysiAvgi“ streuen als systemstützende Kräfte weiterhin ihr rassistisches Gift und tun sich bei einemprimitiven Antikommunismus hervor. Sie unterhalten zu Zentren und Diensten außerhalbGriechenlands, zu undurchsichtigen Netzwerkenverdächtige und vielfältige Verbindungen. Im Parlament heucheln sie vor, eine antisystemische Kraft zu sein, während sie gleichzeitig mehr Privilegien und Steuerbefreiungen für Teile des Kapitals fordern und weiterhin als Sklavenhändler derGroßunternehmer fungieren.
Der scheinbare Widerspruch, dass einerseits die gesamte Führung der „Chrysi Avgi“strafrechtlich verfolgt wird, während sie andererseits als seriöse bürgerlicheparlamentarische Partei akzeptiert wird, bestätigt, dass die Bourgeoisie eineReserve mit den Merkmalen der „Chrysi Avgi“ haben will, jedoch eine gemäßigtere, die sie zum Angriff auf die Arbeiterbewegung und zum Antikommunismus effektiver verwenden könnte.
Was die Nazis mit anderen nationalistischen politischen Kräften gemeinsam haben, ist die Ausnutzung der großen Flüchtlings- und Migrantenströme und der Sorge, die sie bei Teilen des Volkes hervorrufen, um ihre Aufmerksamkeit von den wahren Problemursachen abzulenken und reaktionäre Auffassungen zu verbreiten.
32.Abschließend lässt sich schlussfolgern, dass der bürgerlichen Propaganda, die den Versuch der Reformierung des politischen Systems begleitet, und darauf abzielt, die aktive Unterstützung des Volkes zu gewinnen, noch entschlossener entgegenzutreten ist.
Es muss densystematisch sich verbreitenden Täuschungen und Illusionen entgegengewirkt werden, dassdurch einen Prozess der Bildung neuer Parteien und Regierungsbündnisse etwas Positives zugunsten des entstehen könnte. Zudem gibt es eine reiche Erfahrung aus dem Reformierungsprozess, derwährend des AufstiegsderSYRIZA zur Regierungsreserve des Systems stattfand.
Es ist auch wichtig, der Angst zu begegnen, die in Bezug auf die Möglichkeitder politischen Instabilität, die Sorge um die Existenz von stabilen bürgerlichen Regierungen und Parlamentsmehrheiten geschürt wird, sowie den Forderungen nach Konsens und Zusammenhalt. All das hat zum Ziel, dass die arbeitenden Menschen mitihrerHaltung-imNamendernationalenEinheit-dieDurchsetzung der volksfeindlichen Politik ermöglichen, und sogar institutionelle Veränderungen in reaktionäre Richtung unterstützen.
Über die Verfassungsreform
33. SYRIZA hat im Zuge der geplantenVerfassungsänderung eine Reihevon Vorschlägen zu institutionellen Reformen des bürgerlichen Staates vorgelegt, deren Hauptpunkte die Änderung des Wahlgesetzes, die Erweiterung derKompetenzendesPräsidentender Republik undparallel dazu die Möglichkeit seiner Direktwahl durch das Volk sind. Es handelt sich um Interventionen, die propagandistischals Maßnahmen „zum Ausbau der Demokratie“ verschleiert werden, wobei ihr Ziel ist, den bürgerlichen Staat abzuschirmen und die Bedingungen für einen reibungslosen Regierungswechsel zu sichern. Die Vorschläge der anderen bürgerlichen Parteien zielen trotz ihrer Unterschiede auch auf die Stärkung der bürgerlichen Macht.
Diese Interventionen passen das bürgerliche politische System an die neueSituation an, entstanden durch die kapitalistische Krise und die Schwierigkeiten siezu verwalten, sowie durch die Dringlichkeit, die staatliche Unterstützung der kapitalistischen Rentabilität auf Kosten der Volksschichten zu beschleunigen. All dies schwächte die Fähigkeit der bürgerlichenParteien, die Volksschichten in großer Zahl für die Unterstützung von Einparteienregierungen zu gewinnen, und erhöht die Notwendigkeit breiterer Zustimmungen unterden bürgerlichen Parteien zugunsten der Bildung von Koalitionsregierungen. Diese Ansätze stehen vor allem hinter dem langjährigen Prozess der Umstrukturierungen und Anpassungen des bürgerlichen politischen Systems an die neuen Gegebenheiten.
Die Erhöhung derProportionalität des Wahlgesetzes dient in diesem Zusammenhang nicht der Stärkung des Volkswillens, sondern dem Versuch, alsBeschleuniger der Anpassung des bürgerlichen politischen Systems an dieheutigen Notwendigkeiten zur Bildung von Koalitionsregierungen zu fungieren, zur Bildung großer oder kleinerer Koalitionen, wie in anderen kapitalistischen Ländern, wie in Deutschland, Belgien und anderswo. Die Verhältnismäßigkeiterhöht objektiv den Druck für einen breiteren Konsens und eine Zusammenarbeit zwischen den bürgerlichen Parteien und schwächt Zielsetzungen und Bestrebungen ab, die aus parteipolitischem Kalkül ausgehen.
Das gleiche gilt für den Vorschlag, die Rolle des Präsidenten der Republik durchdie Erweiterung seiner Befugnisse in Fällen von Schwierigkeiten beider Regierungsbildung zu stärken und ihn zu einem Bezugspunkt des bürgerlichenpolitischenSystems zu verwandeln,derRegierungsmehrheitenundparlamentarischen Konsens herbeiführt.AufdieseWeisewirdder Präsident als Quelle der Legitimierung der Exekutive und als eine derKonstanten der bürgerlichen Staatsführung ziemlich aufgewertet, ohne dassdas Parlament seine primäre Rolle verliert.
In jedem Fall wird das bürgerliche politische System aggressiver, um wirksamerdenBedürfnissendesKapitals, seiner Konkurrenzfähigkeit undRentabilität zu entsprechen.
Über die Frage der Trennung von Staat und Kirche
34. In der Verfassungsänderung, die SYRIZA bisher vorschlägt, fehlt dieFrage der Trennung von Staat und Kirche vollkommen. Die Regierung brichtTeilkontroversen mit der Kirchenführung vom Zaun, um Menschen mit Auffassungen über die radikale Änderung der Gesellschaft in die Irre zu führen. Um sich zu verteidigen gleitet die Kirchenführung zeitweise in Positionen des Obskurantismus aus vergangenen Perioden des griechischen bürgerlichen Staates herab.
Die KKE vertritt die Auffassung, dass die Frage der Trennung von Staat und Kirche für Griechenland samt der damit verbundenen Bereicheüberreif ist: in der Bildung, bei öffentlichen Anlässen, bei der standesamtlichen Eheschließung, der weltlichen Bestattung, der Möglichkeit zur Feuerbestattung, der Namensgebung und der Frage des Kirchenbesitzes.
Die Trennung von Staat und der Kirche und die Säkularisierungdes Staates, der Bildung sowie aller Institutionen, wurde in vielen Ländern durch die Bourgeoisie und ihren Staat selbst, noch vor der Oktoberrevolution von1917 und der Entstehung der sozialistischen Staaten im vergangenen Jahrhundert durchgeführt.
DieKKEwirdauchweiterhinkonsequentjedenVersuchbekämpfen,dasVolkaufgrundreligiöserÜberzeugungenzu entzweien. Das religiöse Bewusstsein ist in Klassengesellschaften unter den Bedingungen des kapitalistischenSystemseineFormdesgesellschaftlichenBewusstseinsundüberlebtauch noch sehr lange unterdenBedingungen des sozialistischen Aufbaus. Es kann weder per Dekret noch durch Gesetzeabgeschafft werden.
Die langjährige Position der KKE zu diesen Fragen besteht in der Verteidigung des Rechts auf Religionsfreiheit, der Nicht-Verfolgung des religiösen Glaubens oder desAtheismus und die Gleichbehandlung, ungeachtet der Religion. Zugleich verteidigt die KKE die Sicherstellung der Möglichkeit einer ideologisch-philosophischen Debatte zu Fragen, sowohl der Religion als gesellschaftliches Phänomen, als auch zu den einzelnen Religionen und ihrer Geschichte. Indiese Debatte greift die KKE ein, indem sie dem Irrationalismus und dem metaphysischen Denken systematisch entgegenwirkt und die dialektische Interpretation der Natur und der Gesellschaft sowie den dialektischen und historischen Materialismus verteidigt.
Über die lokale und regionale Verwaltung
35. Die lokale und regionale Verwaltung, als Institution des bürgerlichenStaates, ist objektivnäher an denArbeiter-undVolksmassen aufgebaut. Sie spielte im Verlauf der kapitalistischen Krise eine wichtige Rolle bei der Einbindung der arbeitenden Menschen in die Bedürfnisse des bürgerlichen Systems.Sie passte ihre Funktionen an die neuen Gegebenheiten der Verbindung zur Zentralverwaltung (Regierung) an, umder allgemeinen Strategie des Kapitals einheitlich zu bedienen, unddamitArbeiter-undVolksmassendurchverschiedene Programme und Maßnahmen zu vereinnahmen. Bei diesemVersuchwurden als Schwerpunkte dieSozialpolitik,dieverschiedenen EU- und andere Programme zur „Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit“ benutzt. Es entstanden Strukturen verschiedener Art, sowohlselbständig oder in Zusammenarbeit mit NGOs, mit Freiwilligen, „Sozialgenossenschaften“ usw., die in der Politik der „Sozialwirtschaft“ enthalten sind. SYRIZA spielt mit ihren Kräften aus Regierung und Partei dabei eine führende Rolle.
Die Reformen in der regionalen und lokalen Verwaltung trugen zur Haushaltsdisziplin, zur Erweiterung der volksfeindlichen Besteuerung, zur Kommerzialisierung von Dienstleistungen und öffentlichen Gütern und zu der drastischen Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse und der Arbeiterrechte. Sie werden durch deren ganzes bürgerliches politisches Personal unterstützt.
Es besteht weiter die Notwendigkeit, die Tätigkeit der kommunalenund regionalen Behörden sowie der bürgerlichen politischen Kräfte, die in ihnen wirken, besser und tiefer zu untersuchen. Die Auseinandersetzung mit der Politik der lokalen und regionalen Verwaltung beruht auf den Problemen des Volkes und der Schärfe, die sie durch den Angriff des Kapitals annehmen, sowie auf dem Aufzeigen des Klassencharakters des Staates und seiner lokalen Institutionen.
Über die „Sozial- und Solidarwirtschaft“
36.Das bürgerliche politische System fördert, in den letzten Jahren besonders intensiv, den Sektor der „Sozial- und Solidarwirtschaft“ als den „dritten Wirtschaftssektor“ neben dem Staats- und Privatsektor, dessen Aktivitäten angeblich nicht nur aufden Gewinn, sondern auf die verschärften sozialen Bedürfnisse ausgerichtet sind.
Mit der „Sozial- und Solidarwirtschaft“ strebt man einen „Freispruch“ des kapitalistischen Entwicklungsweges an. Sie wirbt mit der angeblichen Möglichkeit der Entfaltung wirtschaftlicher Aktivitäten innerhalb des Kapitalismus, die dieBefriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse zum alleinigen Ziel haben.DerBegriff ist irreführend, weil einerseits, sowohl der staatliche, als auch derprivate Sektor im Kapitalismus den Bedürfnissen der erweiterten Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals dienen, und andererseits, weil auf dem Bodendes Kapitalismus eine private Tätigkeit, die nicht auf Gewinn abzielt, ohnewirtschaftliche Bedeutung ist.
Die „Soziale Solidarwirtschaft“ wird durch den bürgerlichen Staat als Mechanismus zur weiteren Kürzung der staatlichen Sozialleistungen genutzt, indem er die Zuständigkeit für eine Reihe von Tätigkeiten an sie überträgt.Mit den Gemeinden und Regionen als Hauptplattforme, trägt sie vor allem dazu bei, das Unternehmertum als harmlos zu postulieren. Unter anderem wird sie in den Bereichen dersozialen Dienste eingesetzt, indem sie die erforderlichenumfangreichenunbefristeten Einstellungen, aber auch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitslose ersetzt. Sie trägt zur Beseitigung von Arbeiter- und sonstiger Rechte bei und nutzt dazu die „ehrenamtliche Tätigkeit“,die natürlich nichts mit der Solidarität des Volkes und dem echten Freiwilligeneinsatz zu tun hat.
Darüber hinaus umfasst die „Sozialwirtschaft“ nicht nur staatliche Sozialleistungen, sondernbreitet sich durch die „Sozialgenossenschaftlichen Unternehmen“ in vielen Bereichen der Wirtschaftaus(z.B. Bauwesen).SiewirdalsMechanismuszur temporärenEntschärfung der hohen Arbeitslosigkeit genutzt. Im Wesentlichen fungiert die „Sozialwirtschaft“im Namen des“sozialen Charakters“ ihrer Aktivitäten mit der „freiwilligen“ Arbeit, den ausgedehnten Arbeitszeiten und den niedrigen LöhnenalszusätzlicherHebelzurVerschlechterungderArbeitsverhältnisse und zur weiteren Erhöhung des Ausbeutungsgrades. Innerhalb der EU wird ein „Europäisches Solidaritätskorps“ mit100.000 Freiwilligen gebildet, um bei „Krisen“ in den Mitgliedstaaten eingesetzt zu werden.
Abschließend wird die Position der Partei bestätigt, dass das bürgerliche politische System noch über Möglichkeiten verfügt, Risse zu kitten, in dem Maß, wie die Bewegung mit ihrer Organisation, ihrer Größe und der Ausrichtung ihres Kampfes es nicht insgesamtbedrohen kann. Die wichtigsteSchlussfolgerung ist, dass der Kampf der Arbeiter- und Volksbewegung sichganzheitlich gegen die Bourgeoisie und ihre Parteien und nichtnur gegen die jeweilige Regierungsmehrheitrichten muss.
Viertes Kapitel
ARBEITSBILANZ DER PARTEI UND IHRER JUGENDORGANISATION – NEUE AUFGABEN BIS ZUM 21. PARTEITAG
Die Thesen 37-77 wurden von der KKE noch nicht in deutscher Sprache veröffentlicht
Die Situation in der internationalen kommunistischen Bewegung und die Aktivitäten der KKE
77. Der Wiederaufbau und die Entwicklung der internationalen kommunistischen Bewegung ist eine stetige, feste Aufgabe unserer Partei. Sie ergibt sich aus dem weltumfassenden Charakter des Klassenkampfes.
Nach der Konterrevolution in der UdSSR, in Mittel- und Osteuropa, verschlechterte die Hinwendung Chinas zum Kapitalismus und infolgedessen die Verstärkung der kapitalistischen Verhältnisse in Ländern, die den sozialistischen Aufbau erstrebten, wie Vietnam und Kuba, die Situation in der internationalen kommunistischen Bewegung.
Gesamt betrachtet ist die kommunistische Bewegung auf dem Rückzug. Es fällt ihr schwer, auf den Angriff des Klassengegners zu reagieren, der die Repression mit ideologisch-politischen Mitteln kombiniert. In vielen Fällen ist es dem Klassengegner gelungen, die kommunistischen Parteien von innen zu „erobern“.
Der opportunistische Einfluss auf die kommunistische Bewegung erfolgt durch die Kräfte der (alten und neuen) Sozialdemokratie und durch neue opportunistische Parteien, vor allem durch das „Zentrum“, das sie in Europa gebildet haben, die so genannte „Partei der Europäischen Linken“ (EL). Die KPen, die an der EL teilnehmen, fungieren als „Rammbock“ der Entkommunisierung, d.h. des weiteren Verlust von kommunistischen Merkmalen auch bei anderen KPen.
In einem komplexen und langwierigen Prozess wurden quälende Schritte zum Wiederaufbau der kommunistischen Parteien unternommen, in mitten von Widersprüchen und Schwierigkeiten, bei den die Aufgabe, in der Arbeiterklasse und ihrer Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung zu arbeiten erst noch schwach Eingang findet.
Unter diesen Umständen unternahm unsere Partei wichtige Initiativen, damit kommunistische Kräfte aus der ganzen Welt gesammelt werden, um eine gemeinsame Aktion herauszuarbeiten und zu entfalten:
a. Die „Internationale Kommunistische Rundschau“ (IKR) als ein erster Versuch zur Bildung eines kommunistischen Pols: Ziel der IKR ist es, sich einander durch die Diskussion der verschiedenen Ansätze anzunähern, um bestimmte Bedingungen zu gestalten, die die Sache einer gemeinsamen Strategie der KPen vorantreiben, sowohl durch Verbreitung des Magazins, als auch – perspektivisch – mit anderen Formen, die dem Ziel zu dienen, einen unterscheidbaren Pol der KPen zu schaffen, die den Marxismus-Leninismus verteidigen.
b. Die Bemühung, bei den Internationalen Treffen der KPen kommunistische Merkmale aufrecht zu erhalten: die über 120 KPen, die in den letzten zwei Jahrzehnten an den Internationalen Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien (ITKAP) fallweise teilnehmen, haben eine gemeinsame Website, Solidnet, wo sie ihre Nachrichten und Dokumente veröffentlichen können. Darüber hinaus ist in Solidnet ein schnelles System der gegenseitigen Information der KPen integriert. In elektronischer Form wird der „Newsletter“ mit den Materialien der Treffen der KPen herausgegeben. Die KKE verpflichtete sich gegenüber den am ITKAP teilnehmenden KPen, die Unterhaltung von Solidnet und die Herausgabe des Newsletters zu übernehmen. Die oben genannte Situation, die im Vergleich zum Beginn der 90er-Jahre Schritte zur Koordination einschließt, muss uns nicht vom Wesentlichen ablenken, nämlich von der Tatsache, dass die kommunistische Bewegung organisatorisch und ideologisch zersplittert bleibt und in ihren Reihen heftige Konflikte ausgetragen werden, die sich in den letzten Jahren rund um strategische Themen verschärft haben. Das immer häufigere Auftreten von Interventionen bezüglich staatlicher geopolitischer Interessen schafft zusätzlichen Druck bei den Internationalen Treffen, die – zusammen mit der Verstärkung der verwalterischen, reformistischen Auffassungen bürgerlicher und opportunistischer Regierungen im Rahmen des Kapitalismus und seiner imperialistischen Vereinigungen, die Unsicherheit über den weiteren Verlauf dieser Treffen erhöhen. Folglich sind ein systematische Beobachtung und ein intensives Bemühen notwendig, um einige kommunistische errungene Merkmale aus den Anfängen in Athen und später in anderen Hauptstädten der Welt bis heute zu erhalten.
c. Die Durchführung von regionalen Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien: In unserer Region werden auf Initiative der KKE drei regionale Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien durchgeführt. Es handelt sich dabei um die Europäischen Kommunistischen Treffen, die Treffen der KPen des östlichen Mittelmeers, des Roten Meeres und des Persischen Golfs, und die Treffen der Balkan-KPen. Diese inzwischen feststehenden Treffen dienen dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Parteien.
d. Die Gründung der „Europäischen Kommunistischen Initiative“: Die „Initiative“, die am 1. Oktober 2013 gegründet wurde, ist eine neue Form der regionalen Zusammenarbeit von KPen, an der 29 Parteien teilnehmen. Sie beruht auf bestimmten ideologisch-politischen Prinzipien, die ihren kommunistischen Charakter, ihren Gegensatz zu den imperialistischen Vereinigungen und zur EL bestimmen. Innerhalb von zwei Jahren hat die „Initiative“ eine Reihe von Statements zu aktuellen wichtigen politischen Fragen herausgegeben, sie verfügt über eine Website, ein gemeinsames Logo und führt regelmäßig Sitzungen durch. Die internationalistische Aufgabe, den Kampf für den Wiederaufbau der kommunistischen Bewegung zu stärken, erfordert es, eine präzise und möglichst objektive Beurteilung der Situation sicherzustellen.
Heute, in dem allgemeineren negativen internationalen Kräfteverhältnis, können die meisten KPen nicht auf den Angriff des Kapitals, des internationalen Kapitalismus reagieren. Das theoretische Niveau, das sie erreicht haben, ist weit hinter den Anforderungen zurückgeblieben, die die Situation in den Ländern, in denen sie handeln, erfordert. Der Grad der Aneignung des Marxismus-Leninismus und das Fehlen von Infrastruktur haben zu erheblichen Verzögerungen bei der kollektiven Bearbeitung kritischer Fragen der ideologischen Auseinandersetzung geführt, einschließlich der Gründe, die zur Konterrevolution geführt. Sie sind nicht imstande, ihre Geschichte aufzuarbeiten und die notwendigen Schlüsse zu ziehen.
Das langjährige Wirken in Bedingungen bürgerlicher Legalität beeinflusste negativ und in einigen Fällen verstärkte das Auftreten von Korruption bei den Arbeiterführungen. Die Verbindung der revolutionären Theorie mit der revolutionären Praxis ist sehr gering. Diese Schwierigkeiten haben entscheidenden Einfluss auf den Parteiaufbau, auf die Arbeit in der Arbeiterklasse, bei der Jugend und vor allem bei den Frauen aus der Arbeiterklasse und den Volksschichten.
78. Insgesamt sieht sich die internationale kommunistische Bewegung weiterhin ernsthaften ideologisch-politischen Problemen gegenüber. All dies ist ein Hindernis für den Wiederaufbauprozess. Es ist erforderlich, die Diskussion für das Verständnis und die Förderung der notwendigen programmatischen Veränderungen zu verstärken, die ideologische Auseinandersetzung mit KPen, die direkt oder indirekt eine (in irgendeiner Form der Gliederung in Etappen) Strategie der Reformen verfolgen, mit Argumenten weiterzuführen. Es ist weiterhin notwendig, die Konfrontation mit KPen zu verstärken, die eine Strategie der Ablehnung der Klassenzusammenarbeit und des Kompromisses als „sektiererisch“ anfeinden, eine Strategie, die auf die Auflösung des Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit und auf den Sozialismus ausgerichtet ist.
Der Prozess des revolutionären Wiederaufbaus wird sich lange hinziehen, quälend sein, anfällig für Abweichungen und Rückschläge, vor allem bei Wendungen in den Entwicklungen, wie zum Beispiel in einem imperialistischen Krieg. Und das hat heute große Bedeutung für die Gestaltung der Bedingungen, die zur Schaffung von möglichst starken Grundlagen führt, auf die sich der Wiederaufbau stützen wird.
Wir sehen den Kampf für den Wiederaufbau der internationalen kommunistischen Bewegung als eine Aufgabe von entscheidender Bedeutung, einen wesentlichen Bestandteil des Klassenkampfes, der im Zusammenhang mit der Aneignung der Fähigkeit der kommunistischen Parteien steht, allseitig stärker zu werden:
· ideologisch-politisch, indem sie fehlerhafte Positionen überwinden, die in den vergangenen Jahrzehnten in der Internationalen Kommunistischen Bewegung dominierten,
· organisatorisch, um stabile Grundlagen in den Betrieben und Branchen von strategischer Bedeutung zu haben, um entschlossen bei der Arbeiter- und Volksbewegung eingreifen zu können.
Ziel ist es, durch diesen systematischen Kampf die notwendige Vorbereitung zu schaffen, sodass bei einem Ausbruch einer revolutionären Situation in einem Land, die jeweilige KP ihrer historischen Aufgabe gerecht werden und für den Sturz des Kapitalismus, für den Sozialismus kämpfen kann. Gleichzeitig soll ein wirksamer Mechanismus geschaffen werden, der internationalistische Unterstützung und Solidarität gewährt.
Heute entfaltet sich die Linie des Konfliktes zwischen revolutionären und reformistischen Kräften (innerhalb und außerhalb der kommunistischen Bewegung) auf einer breiten ideologisch-politischen Front.
Einige dieser Aspekte sind:
· Die Anerkennung der Aktualität und Notwendigkeit des Sozialismus
· Die Verteidigung der Errungenschaften der Oktoberrevolution
· Lehren aus dem Sturz des Sozialismus zu ziehen.
· Die Gesetzmäßigkeiten des Kampfes für den revolutionären Sturz des Kapitalismus und für den sozialistischen Aufbau
· Der Kampf gegen eine Beteiligung an bürgerlichen Regierungen und gegen den vergeblichen Versuch einer Humanisierung des Kapitalismus und der und Demokratisierung imperialistischer Vereinigungen.
· Die Frage nach den Ursachen für die kapitalistische Krise und das Abdriften in eine Unterstützung der bürgerlichen (sozialdemokratischen) Reformen zur Systemverwaltung
· Das Studium der sozialen Zusammensetzung und Schichtung der modernen kapitalistischen Gesellschaft und das Aufzeigen der Rolle der Arbeiterklasse und ihrer historischen Mission.
· Die Frage der Bündnisse der KP, bei der sich falsche Auffassungen über die „Einheit der Linken“, der „Zusammenarbeit mit der linken Sozialdemokratie“, der „neuen antifaschistischen Fronten“ usw. entwickeln
· Die Frage des Krieges im Zeitalter des Imperialismus und des Kampfes, damit die kommunistische Bewegung nicht auf die Seite der einen oder anderen imperialistischen Macht gezerrt wird, dass sie die Interessen der Arbeiterklasse im Konflikt mit der Bourgeoisie verteidigt, dass sie nicht unter dem Druck der kleinbürgerlichen Kräfte, aber auch nicht unter nationalistischem Druck auf Teile der Arbeiter eine „fremde Flagge“ wählt.
· Die Frage der Flüchtlinge und Einwanderer, aus der direkt wichtige Aufgaben für die KPen entstehen, in Zeiten, in welchen – auch in ihrem Innern – Sichtweisen stärker werden, die sowohl von Nationalisten, als auch vom bürgerlichen Kosmopolitismus beeinflusst sind.
· Der Kampf gegen die imperialistischen Vereinigungen, allen voran EU und NATO, aber auch gegen Allianzen wie die BRICS-Staaten und andere, die sich im Bildungsprozess befinden, gegen eine klassenindifferente Annäherung der zwischenstaatlichen imperialistischen Vereinigungen, aber auch gegen die politische Unterstützung bürgerlicher Optionen der Abspaltung von irgendeiner imperialistischen Union.
· Die Frage der „Abhängigkeit“, die von der Stellung jedes kapitalistischen Landes im imperialistischen System abgekoppelt wird und die die ungleichmäßige kapitalistische Entwicklung nicht als einen Faktor miteinberechnet, der auch die Beziehungen der Ungleichheit im Kontext der heutigen gegenseitigen Abhängigkeit der kapitalistischen Staaten im internationalen imperialistischen System bestimmt.
· Die Frage des Verhältnisses des Kampfes auf nationaler und internationaler Ebene und die Auffassung, dass die Qualität des Kampfes auf nationaler Ebene verschwunden ist.
· Der Kampf gegen die ideologischen Konstrukte der „multipolaren Welt“, gegen die Auffassung über „Gesetze und Regeln des Völkerrechts“, die diese Gesetze und Regeln als ein klassenübergreifendes Produkt friedlicher Schlichtungsstellen und nicht als ein Abbild eines bestimmten Kräfteverhältnisses verstehen u.a.
Das Ringen um diese, aber auch um andere Fragen, wird in der nächsten Zeit stärker werden.
79. Unsere Partei ist aufgerufen, ihre eigenständige ideologisch-politische Aktion, sowie auch die Zusammenarbeit mit anderen KPen zu verstärken, mit dem Ziel, ihre Anstrengungen gegen bürgerliche und opportunistische Ansichten auch auf internationaler Ebene wirkungsvoller zu gestalten. Auf dieser Grundlage bleibt für unsere Partei das Ziel des Aufbaus eines marxistisch-leninistischen Pols in der Internationalen Kommunistischen Bewegung.
Bestandteile dieser Anstrengungen sind die „Internationale Kommunistische Rundschau“ und die „Europäische Kommunistische Initiative“. Diese Formen der Zusammenarbeit haben zu einem gewissen Maß zu den Anstrengungen unserer Partei beigetragen; trotzdem sind sie nicht frei von den Beeinflussungen, die der Klassengegner und die langjährige Verzögerung vieler KPen bei der Ausarbeitung einer modernen revolutionären Strategie auf nationaler und internationaler Ebene ausübt.
Unsere Partei muss ihre Anstrengungen bei der „Internationalen Kommunistische Rundschau“ und der „Europäischen Kommunistischen Initiative“ fortführen. Sie soll in Richtung ihrer Konsolidierung und Erweiterung durch neue kommunistische Kräfte hinarbeiten, aber auch in Richtung der Trennung von Kräften, die unter dem Einfluss der Bourgeoisie und des Opportunismus „auf der Bremse stehen“, sogar auch in Richtung der Umbildung dieser Formen oder – wenn nötig – deren Austausch durch andere.
Welche weiteren konkreten Formen die Bildung eines konsequenteren marxistisch-leninistischen Pols kommunistischer Kräfte annehmen kann, hängt auch von den Schritten ab, die anderen KPen bei der Ausarbeitung und Gestaltung ihrer revolutionären Strategie unternehmen. Es muss auch durch das Ziehen von Schlussfolgerungen aus der Geschichte geschehen, durch das Überwinden alter und falscher Ausarbeitungen, durch ihre beständigen Schritte zum Parteiaufbau und bei der Schaffung und Vertiefung ihrer Beziehungen zu Teilen der Arbeiterklasse und der anderen Volksschichten. Unsere Partei wird auf jede geeignete Weise auf bilateraler und multilateraler Ebene zu diesen Bemühungen beitragen.
Die KKE unterhält Beziehungen, diskutiert, tauscht Meinungen aus und strebt nach gemeinsamen Aktionen mit Dutzenden von kommunistischen und Arbeiterparteien, und sie wird diese Anstrengungen in der nächsten Zeit intensivieren, unabhängig vom Grad der Übereinstimmung oder Ablehnung bei Teil- oder allgemeineren Fragen. Sie wird weiterhin auf internationaler Ebene, im Rahmen des Weltgewerkschaftsbundes (WGB), des Weltfriedensrates, des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) und der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF) ihren Beitrag leisten.