Allianz gegen die Vernunft
Nachdem fast drei Monate lang die meisten Staaten- und Parteien-Lenker der westlichen Welt auf den zutiefst ungeliebten Präsidenten der USA eingedroschen haben, weil sie ihre Enttäuschung über die Wahlniederlage der Frau Clinton nicht überwinden konnten, stehen sie seit Freitag quasi wie ein Mann hinter dem Milliardär im Weißen Haus. Zwar kann niemand wirklich erklären, welche Politik Herr Trump tatsächlich verfolgt, aber mit dem militärischen Angriff gegen Syrien hat er nun endlich etwas befohlen, was ihrem Geschmack entspricht. Schließlich geht es jetzt gegen den verhaßten Präsidenten Syriens.
Allerdings will niemand von den ach so klugen Damen und Herren in den westlichen Führungsetagen zugeben, wie irrational und konzeptionslos die neue Wende in der bisher recht kurzen politischen Karriere des Herrn Trump in Wirklichkeit ist. Denn vernünftige Gründe für den Militärschlag gegen einen zwar weitgehend zerstörten, aber dennoch souveränen Staat lassen sich absolut nicht anführen. Daher muß man sie erfinden, also herbeilügen. Nach dem Prinzip von Altnazi Goebbels kann eine Lüge gar nicht groß genug sein, man muß sie nur oft genug wiederholen, damit sie geglaubt wird. Also wird von morgens bis abends die Mär von einem syrischen Giftgasangriff auf syrische Bürger durch den Äther gejagt, versüßt mit dem Trump-Zitat von den »beautiful babies«.
Aber trotz des medialen Trommelfeuers will es nicht so recht gelingen, völkerrechtliche Bedenken aus dem Weg zu räumen. Darum haben sich die klugen Anführer der EU entschlossen, zusätzlich in das alte Horn zu blasen und die Melodie »Assad muß weg!« nach ganz oben auf ihre Hitliste zu katapultieren. Wenn dann dazu noch scheinheilig davon palavert wird, daß für den Krieg in Syrien eine Lösung auf dem Verhandlungsweg gefunden werden und man »Rußland an den Verhandlungstisch« bringen müsse, dann wird erst recht erkennbar, daß man keine Verhandlungslösung will. Denn die ist nur machbar auf der Grundlage der gültigen Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates, und in denen ist von einer Ablösung des syrischen Präsidenten keine Rede.
Aus welchen Gründen sich Trump zum militärischen Angriff entschlossen hat, kann man nur vermuten. Nicht von der Hand zu weisen ist das Argument, daß er nach all den Mißerfolgen im eigenen Land nun als Kriegsherr punkten will. Selbst Kenner der USA-Außenpolitik sind nicht in der Lage, beim Weißen Haus und im State Department eine Linie zu erkennen.
Und gerade diese Unberechenbarkeit macht die Gefährlichkeit dieser Politik aus. Niemand weiß, welchen Befehl der Präsident bei einem nächsten Anlaß geben wird, und sei es wieder ein erfundener. Besonders gefährlich erscheint in diesem Moment der militärische Aufmarsch vor der Küste Koreas. Der Flottenverband unter Führung eines mehrfach kriegserfahrenen Flugzeugträgers macht die Lage alles andere als sicherer. Ein unüberlegter Befehl kann dort eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes auslösen.
Sollte es allerdings USA-Außenminister Tillerson ernst meinen mit der erklärten Absicht einer Denuklearisierung, dann gäbe es dazu einen einfachen Weg. Man muß der Führung in Pjöngjang keine Drohgebärden schicken, denn daran ist man dort gewöhnt. Stattdessen muß man sich an einen Tisch setzen und darüber verhandeln, wie man die koreanische Halbinsel zu einer atomwaffenfreien Zone machen kann. Wenn dann die Nordkoreaner ihr Atomprogramm einstellen und die USA ihre Atomwaffen aus Südkorea abziehen, wäre eine der großen Gefahren für unsere Welt gebannt.
Uli Brockmeyer
Leitartikel der Dienstag-Ausgabe der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«