Brasilien: Warum schweigt die OAS?
Venezuelas Außenministerin Delcy Rodríguez hat scharfe Kritik an der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) geübt, weil diese über die brutale Repression in Brasilien schweigt. »Die selben Regierungen, die am 3. April die Institutionalität der OAS zerstört haben, um Venezuela anzugreifen, sagen heute, dass man nicht über die Lage in Brasilien sprechen kann«, erklärte die Chefdiplomatin über Twitter.
In Brasilien kommt es seit Tagen zu Massenprotesten gegen die nicht gewählte Regierung von Staatschef Michel Temer, der im vergangenen Jahr durch einen institutionellen Putsch gegen Präsidentin Dilma Rousseff an die Macht gekommen war. Die Empörung entzündete sich zuletzt an mitgeschnittenen Gesprächen zwischen Temer und einem Unternehmer des Fleischkonzerns JBS, die seine Verwicklung in einen Schweigegeldskandal und in Korruptionsfälle belegen. Brasiliens Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot hat Ermittlungen wegen Beteiligung an organisierter Kriminalität gegen Temer eingeleitet und in den vergangenen Tagen bereits mehrere Vertraute des Präsidenten verhaften lassen.
Als Reaktion auf die zunehmenden Proteste ordnete Temer an, dass das Militär im Bundesdistrikt Brasília für »Recht und Ordnung« sorgen solle. Die Soldaten sollten sowohl zum Schutz öffentlicher Einrichtungen als auch bei neuen Demonstrationen zum Einsatz kommen. Nach nur einem Tag sah sich Temer unter wachsendem Druck auch aus dem eigenen Lager gezwungen, das Dekret wieder zurückzuziehen.
Die Verteidiger Dima Rousseffs haben vor dem Obersten Gerichtshof beantragt, die Amtsenthebung ihrer Mandantin für ungültig zu erklären und sie wieder in das höchste Staatsamt einzusetzen. »Jeden Tag gibt es mehr Beweise dafür, dass der von niemandem gewählte gegenwärtige Präsident der Republik nicht fähig für das Mandat ist«, erklärte Rousseff. Die Entscheidung über den Antrag liegt nun bei Richter Alexandre de Moraes, der unter Temer auch schon Justizminister war.
Auf der Homepage der OAS und ihrem Twitter-Konto gibt es dazu keinerlei Stellungnahme. Statt dessen kündigt man für den 31. Mai eine außerordentliche Sitzung der Außenminister der Organisation an. Thema: Venezuela!
Quellen: TeleSur, junge Welt / RedGlobe