Erneute Klage vor dem Verfassungsgericht erfolglos
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat heute den erneuten Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot des Antikapitalistischen Camps im Hamburger Stadtpark abgelehnt. Die Organisatoren hatten am Donnerstag erneut gegen das »zweifelhafte Rechtsverständnis der Versammlungsbehörde« geklagt und vom obersten deutschen Gericht eine Klarstellung des Urteils gefordert. Außerdem verlangte das Bündnis von Innensenator Andy Grote und vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, sich zu positionieren und die ihnen unterstehenden Behörden an ihre eigenen Gesetze zu erinnern.
Zuvor hatte die Versammlungsbehörde im Kooperationsgespräch deutlich gemacht, dass sie sich nicht an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gebunden fühlt. Dieses hatte beschieden, das angemeldete Camp sei als ganzes als Versammlung zu betrachten, und es dürfe nur denjenigen das Übernachten verboten werden, die ausschließlich auf andere Versammlungen gehen wollten. Dennoch schloss die Versammlungsbehörde jegliche Übernachtungs- und Verpflegungsinfrastruktur kategorisch aus.
Zu einer Diskussion über Alternativflächen konnte es so gar nicht erst kommen, obwohl sich die Organisatoren kompromissbereit zeigten. »Wir könnten uns auch gut vorstellen, z.B. in den Elbpark Entenwerder zu ziehen, auch wenn das natürlich nicht unseren Idealvorstellungen entspricht. Aber solange die Innenbehörde nicht bereit ist, zu akzeptieren, dass das Übernachten und gemeinsame Essen mit zum Camp als Versammlung gehört und damit vom Urteil des BVerfG gedeckt ist, ist jede weitere Diskussion mit der Behörde reine Zeitverschwendung«, erklärte Johanna aus der Vorbereitungsgruppe.
»Ein weiteres Gespräch mit Beamten, die sich nicht an ihre eigenen Gesetze und Gerichte halten, ist sinnlos. Wir fordern Innensenator Grote und Bürgermeister Scholz auf, Stellung zu beziehen und sich klar zu den eigenen Gesetzen zu bekennen.« Klaus ergänzt: »Ein Fest der Demokratie wird es ohnehin nicht. Aber wenn das Missachten des Gerichtsurteils bis nach ganz oben geht, machen sie sich endgültig lächerlich!«
Außerdem widerspreche die Versammlungsbehörde ihrer eigenen Aussage in der Stellungsnahme ans Bundesverfassungsgericht. In dieser hatte die Behörde bereits am Montag eine Einzelverfügung als Entwurf mitgesendet, in welcher sie eine Alternativfläche vorgeschlagen hatte. »Das war offensichtlich eine Finte, denn heute hatte sie dafür überhaupt keinen Verhandlungsspielraum gelassen«, so Johanna.
Desweiteren kritisieren die Anmelder, dass die Versammlungsbehörde ein weiteres mal auf Zeit spiele: »Trotz des Entwurfs in der Schublade schicken sie uns keinen rechtsmittelfähigen Bescheid. Dadurch behindern sie unsere juristischen Möglichkeiten.«
Die Verfassungsrichter verwiesen die Organisatoren des Camps zunächst an die Facherichte. Der Erlass einer weiteren einstweiligen Anordnung komme nur in Betracht, wenn alle vorherigen Instanzen ausgeschöpft worden seien. In der Pressemitteilung des Verfassungsgerichts heißt es dazu: »Nach dem Beschluss vom 28. Juni 2017 ist ein Ausgleich geboten, der dem Antragsteller die Durchführung eines Protestcamps anlässlich des G20-Gipfels möglichst weitgehend ermöglicht, andererseits müssen aber nachhaltige Schäden des Stadtparks verhindert und die diesbezüglichen Risiken für die öffentliche Hand möglichst gering gehalten werden. Dieser Ausgleich kann grundsätzlich nicht durch das Bundesverfassungsgericht selbst hergestellt werden, sondern verlangt eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen vor Ort. Gelingt dieser Ausgleich nicht im Rahmen der Kooperation zwischen den Beteiligten, ist er ‑ gegebenenfalls auf der Grundlage behördlicher Entscheidungen ‑ vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. Die Hamburger Verwaltungsgerichte haben hierzu im Rahmen des G20-Gipfels einen besonderen versammlungsrechtlichen Eildienst eingerichtet.«
Quellen: Antikapitalistisches Camp, Bundesverfassungsgericht / RedGlobe