Fatale Glyphosat-Entscheidung
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert die Entscheidung der Europäischen Union, die Zulassung für das Herbizid Glyphosat um fünf Jahre zu verlängern. „Noch nicht einmal ein Ausstiegsszenario hat die EU beschlossen. Damit droht Glyphosat zu einer unendlichen Geschichte zu mutieren. Das spricht dem Vorsorge-Prinzip Hohn“, so CBG-Geschäftsführer Jens Wegener.
Den Ausschlag bei der Sitzung des Brüsseler Berufungsausschusses gab das Votum der Bundesrepublik. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den LandwirtInnen schon Ende Juni auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin versichert: „Wir werden uns dafür einsetzen, dass Sie – da, wo das notwendig ist – diesen Stoff auch weiterhin anwenden können.“ Nicht zuletzt haben auch industrie-politische Gründe das Abstimmungsverhalten geleitet. Merkel & Co. wollten dem BAYER-Konzern, der gerade die Übernahme von MONSANTO plant, nicht die Aussicht auf das Millionen-Geschäft mit dem Top-Seller des US-Multis nehmen.
BAYER-Chef Werner Baumann lässt deshalb nichts auf das umstrittene Produkt kommen, auf das der Global Player seinen BALANCE-Soja und die Baumwoll-Sorten GLYTOL und FIBERMAX maßgeschneidert hat: „Ein sehr gutes und auch gut erforschtes Herbizid von MONSANTO, das auch weiterhin seine Daseinsberechtigung haben wird.“
Gesundheitliche Risiken, die von dem Pestizid ausgehen, stellt der Manager in Abrede. Dabei belegen unzählige Studien solche Effekte. So stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO den Stoff als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Besonders häufig löst Glyphosat Lymphdrüsen-Krebs aus. In den USA sieht MONSANTO sich deshalb schon Tausenden Enschädigungsklagen gegenüber. Aber auch die Nieren kann das Mittel angreifen. Zunächst als Substanz zur Wasser-Enthärtung zugelassen, denn es bindet Kalzium, Magnesium und andere Metalle, welche die Funktion dieses Organs stören. Zudem machen zahlreiche MedizinerInnen das Total-Herbizid für Schwangerschaftskomplikationen verantwortlich, die zu Fehlgeburten führen oder Kinder mit massiven gesundheitlichen Problemen wie etwa Speiseröhren-Anomalien auf die Welt kommen lassen. Glyphosat wirkt nämlich auf einen Stoff ein, der bei der Embryonal-Entwicklung eine bedeutende Rolle spielt: Die Retinsäure. Auf dem MONSANTO-Tribunal, das Mitte Oktober letzten Jahres in Den Haag stattfand, bezeichnete der argentinische Mediziner Damian Verzeñassi aus diesem Grund das, was MONSANTO mit der Agro-Chemikalie in dem südamerikanischen Land macht, als einen Anschlag auf das Leben seines Volkes. Von einem „Ökozid“ sprach Verzeñassi. Und damit nicht genug, hat das Ackergift nicht nur negative Folgen für die Menschen, sondern auch für die Tiere und die Umwelt.
Dass das Mittel überhaupt eine so dominante Stellung erobern und halten konnte, obwohl es schon 40 Jahre auf dem Buckel hat, ist nicht zuletzt den innovationshemmenden oligopol-artigen Strukturen auf dem Agro-Markt geschuldet. Der Leverkusener Multi selbst weiß das ganz genau. „Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächen-Kulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, so der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler. Warum denn auch nach Neuem suchen, wenn es kaum Konkurrenz gibt und der Zugang zu dem, was Stüblers Boss Werner Baumann „den Profit-Pool der Branche“ nennt, so bequem ist?
Mit BAYERs Versuch, MONSANTO zu schlucken, droht sich diese Entwicklung noch zuzuspitzen. „Nicht zuletzt deshalb macht die Coordination gegen BAYER-Gefahren massiv gegen den Mega-Deal mobil. Und dass damit auch das Teufelszeug Glyphosat in Leverkusener Hände zu kommen droht, weil die EU es nicht aus dem Verkehr zu ziehen wagte, wird unserer Kampagne weiteren Aufschwung geben“, hält Jens Wegener abschließend fest.