Warum werden Probleme unterschlagen?
Obwohl ja die Zeit schon lange vorbei ist, in der das Budget kapitelweise am Krautmarkt diskutiert wurde, ist es doch verwunderlich, daß fürs Budget 2018 fast alle Problembereiche, die wehtun, ausgeklammert wurden. Immerhin stehen wir doch vor Parlamentswahlen im kommenden Oktober!
Wo Geld kein Problem ist…
Gut, in Sachen Krieg ist man sich einig unter allen Sektionen der bürgerlichen Einheitspartei. In unverbrüchlicher atlantischer Nibelungentreue kommt man dem Wunsch der NATO nach mehr Ressourcenvernichtung für Armee und Waffen aller Art nach, koste es, was es wolle.
… und wo es eins ist
Geld, das hier sinnlos vernichtet wird, kann anderswo nicht mehr sinnvoll ausgegeben werden, und so wird der Zustrom in den Modularklassen noch stark anwachsen. Denn über die Dotation der Grundschulen wurde kein Wort verloren. Im Schulwesen war nur das Reklamedings iPad Thema – die Apple-Aktieninhaber wird das ergötzt haben. Pädagogisches Konzept gibt es da natürlich genauso wenig eines wie bei der elektronischen Tafel: es ist nur ein Gadget mehr, mit dem Modernität signalisiert werden soll. Und weil das Zeug aus den USA (zwar mit dem kleingedruckten Vermerk »made in China«) kommt, muß es ja gut sein, auch wenn die ganze mittelständige europäische (und damit ist nicht nur die komische Union in Krise gemeint) Computerindustrie mit Linux arbeitet.
Dabei ist ein iPad im Lyzeum überhaupt keine Hilfe, um Lücken auszubügeln, die nach der Grundschule unübersehbar sind, zum Beispiel bei der Rechtschreibung. Das umso mehr als die Ursache meist in der Nutzung elektronischer Medien gesehen wird!
Die böse Spartat zu Beginn wirkt!
Dummerweise ist das Kontingent in einer CSV-LSAP-Regierung unter einer LSAP-Ministerin eingeführt worden, von der jetzt aus dem sogenannten »europäischen Parlament« nicht mehr viel zu hören ist. Das reicht aber offensichtlich aus, damit dies zum Tabuthema wird – selbst die DP-Schulschöffin am Knuedler hatte schließlich dieses Jahr drum ersucht, das nicht bei jeder Diskussion um die Schulordnung erneut wieder vorzubringen.
Dummerweise ist aber exakt das das Hauptproblem der Grundschule, das zu Wissenslücken bei fast allen und zum erheblich schlechteren Abschneiden vieler führt.
Wer Schwierigkeiten hat, diese Auswirkung der Sparmaßnahme – und um nichts anderes handelt es sich dabei – anzuerkennen, sollte sich den Bericht zum Jahresende 2016/2017 und die Stellungnahme zur Schulorganisation 2017/2018 des Mitbestimmungskomitees des Schulpersonals der Stadt Luxemburg zu Gemüte führen, der natürlich in den Debatten am Knuedler keinerlei Rolle gespielt hatte.
Da steht gleich in der vierten Zeile: »L’organisation scolaire devient de plus en plus une corvée consistant à faire rentrer l’établissement des classes dans les chiffres du contingent.« Dabei wird den wenigen Schulen gesagt, die noch die Wahl haben, größere Klassen vorzusehen, um Stützkurse zu retten, sie sollten diese Stunden besser kleineren Schulen »leihen«, die vom Kontingent völlig erstickt werden. Man kann sich drehen und wenden wie man will, heißt es da, aber nicht genug bleibt immer zu wenig!
Warum nur verschließen alle Mandatsträger da am Krautmarkt Augen und Ohren beim Budget? Schließlich sind da viele Bürgermeister, Schöffen und Gemeinderäte drunter, die das Problem kennen müssen! Und die Lösung kann nur aus dem Budget kommen, indem der Posten für die Schulstunden in der Grundschule so kräftig erhöht wird, daß genug Stützkurse angeboten werden können, sofort wenn ein Kind wissensmäßig zurück bleibt. Auch das »Teamteaching«, das als die große Neuigkeit der Grundschulreform gepriesen wurde, und bis auf klägliche Reste verschwunden ist, ist nur mit einer höheren Stundendotation zu machen!
Und nur so sind bessere Resultate in der Grundschule erzielbar, die aber gebraucht werden, wenn die Schulabbrecherrate verschwinden soll und jemals zwei Drittel einen Uni-Abschluß haben sollen. Wenn denn schon es für niemanden ein Problem ist, daß so viele Kinder den Eindruck gewinnen, sie seien minderwertig, weil sie es einfach nicht schaffen, mit den Besten der Klasse mitzukommen, weil sie eben keinen Hilfslehrer zu Hause haben!
Autonomie wozu?
Minister Meisch redet viel und gerne von der Autonomie der einzelnen Schulgebäude. Das sei, so betont er immer wieder, absolut vorrangig, damit auf die unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten bestmöglich reagiert werden kann.
Daß das aber nicht geht, ohne daß die nötigen Mittel für die Reaktion auf lokale Problematiken der Schulbevölkerung da sind, sollte dem letzten Schalterbeamten einer Bankfiliale klar sein, und damit auch dem Minister.Sonst sind wir exakt da, wo das zuvor genannte Mitbestimmungskomitee die Autonomie sieht – bei der teuflischen Wahl zwischen Klassenzusammenlegung in verschiedenen Disziplinen oder dem Aus aller Stützkurse!
jmj
Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek