Bewusste Eskalation: Historiker Hannes Heer zu rechten Exzessen gegen Studenten 1968 in Westberlin
In der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt wirft der prominente Historiker Hannes Heer, ehemals Leiter der Wehrmachtsausstellung, einen Blick zurück auf das Jahr 1968. Heer, selbst Zeitzeuge und damals Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), untersucht auf der Grundlage einer umfassenden Auswertung der zeitgenössischen Presse die Ereignisse rund um die Kundgebung des Westberliner Senats am 21. Januar 1968.
Vor fünfzig Jahren rief der Westberliner Senat vor dem Rathaus Schöneberg zu einer Kundgebung »Für Freiheit und Frieden« auf. Die Reaktion des offiziellen Berlin auf die Veranstaltungen der Außerparlamentarischen Bewegung gegen den Krieg der USA in Vietnam, die am Wochenende zuvor stattgefunden hatten, fiel nicht nur rhetorisch aggressiv aus. Auf Transparenten wurde gefordert: »Dutschke raus!« und »SDS-Verbot!« Vermeintliche »rote« Studenten wurden unter »Schlagt sie tot!«-Rufen gejagt.
Heer kommt zu dem Schluss, dass der Berliner Senat, allen voran der Regierende SPD-Bürgermeister Klaus Schütz und der SPD-Innensenator Kurt Neubauer, eine bewusste Strategie der Eskalation verfolgte. »So wie sich der Schah bei seinem Staatsbesuch im Juni 1967 auf seine ‚Jubelperser‘ verlassen konnte, so rekrutierte Neubauer im Februar 1968 seine Jubeldemokraten«, schreibt der Historiker. Die Springer-Medien, die immer wieder Verständnis für Gewalt gegen Kommunisten und andere Linke zu erkennen gaben, taten ihr übriges. So wurde eine bewusste Eskalation geschürt, die letztlich zum Mordanschlag auf den SDS-Sprecher Rudi Dutschke im April 1968 führte.
Lesen Sie darüber ausführlich auf den Themaseiten der jungen Welt vom 21. und 22. Februar 2018.
Pressemitteilung der Tageszeitung junge Welt