Heute Abend in Düsseldorf: Die nächste Sammelabschiebung nach Afghanistan
PRO ASYL: »Unverantwortlich«
Dutzende Tote und mehr als hundert Verletzte vergangene Woche beim schweren Anschlag in Kabul, da schieben deutsche Behörden erneut Afghanen auf dem Luftweg nach Afghanistan ab. Dort erwartet die Abgeschobenen ein hohes Maß an Unsicherheit, in einer Vorwahlzeit, in der mit Anschlägen des IS und der Taliban vermehrt zu rechnen ist. PRO ASYL kritisiert das Vorgehen als unverantwortlich.
Ausgeblendet wird die Sicherheitslage, die nach Angaben verschiedener Stellen besonders davon gekennzeichnet ist, dass die Taliban in einer beträchtlichen Zahl der Provinzen faktisch die Herrschaft haben oder in der Lage sind, die Kräfte der Regierung permanent mit militärischen Mitteln herauszufordern. Anschläge im Zentrum Kabuls dienen als Demonstration der Stärke.
Seit Jahresbeginn wurden mehr als 72.000 Menschen in Afghanistan erneut in die Flucht geschlagen, davon laut UNOCHA Afghanistan allein 23.000 in der vergangenen Woche. Mehr als 2.000 zivile Opfer hat es in Afghanistan seit Jahresbeginn UN zufolge gegeben. Einen ausführlichen Bericht (Dezember 2017) über die Lage in allen Provinzen Afghanistan liefert das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO).
Seit Oktober 2016 gibt es keinen Bericht des Auswärtigen Amtes zur asylrelevanten Lage. Bedingt durch die weitgehende Zerstörung der deutschen Botschaft ist nur noch ein Rumpfteam in Kabul tätig. Der letzte Bericht enthielt eine Vielzahl von Unklarheiten und zu vielen wichtigen Themen fast gar nichts, sodass eine qualifiziertere Neuauflage umso wichtiger wäre. Dass keine Bewertung der Sicherheitslage aus erster Hand greifbar ist, hindert die Bundesregierung nicht an der Fortsetzung der Abschiebungspolitik.
Auf die Flüge nach Kabul werden nach offizieller Doktrin nur Straftäter, Gefährder und Afghanen gebucht, die angeblich durch fehlende Mitwirkung ihre Abschiebung verhindert haben. Besonders die letztere Kategorie ist insbesondere in der bayerischen Behördenpraxis zum Universalinstrument zur Vorbereitung von Abschiebungen geworden. Wer einmal auf Geheiß der Ausländerbehörde ein Dokument nicht besorgt hat oder nicht besorgen konnte, schon dem droht der Abschiebungsflug.
Seit Beginn der Charterabschiebungen im Dezember 2016 wurden 198 Afghanen abgeschoben, aus Bayern allein 86.
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