22. November 2024

Mit 50 ausrangiert?

Zur Erinnerung: Am 1.Januar 2013 trat die Rentenreform in Kraft. Wer seither ins aktive Arbeitsleben trat, wird bekanntlich drei Jahre länger arbeiten müssen oder 15 Prozent weniger Rente beziehen als vor der Reform.

Doch damit nicht genug. Auch für Rentenbezieher, die schon 2013 nicht mehr im Arbeitsprozess waren, gab es recht hohe finanzielle Einbußen. Dies, weil die fällige Anpassungen der Renten an die Lohnentwicklung (»ajustements«) aus den Jahren 2010 und 2011 bei der Reform nicht in Betracht gezogen wurden. Anpassungen gab es dann auch in den Jahren 2014 und 2015 nicht. Hohe finanzielle Einbußen demnach, mit denen sich die staatstragenden Parteien im anstehenden Wahlkampf wohl kaum befassen werden.

Zurück zur »Rentenkürzungsreform«, die fünfeinhalb Jahre später weiter in krassem Widerspruch zur Realität »um Terrain« steht. Wer nämlich hinter die Betriebsfassaden schaut, dem fällt unschwer auf, dass »ältere« Mitarbeiter von Tag zu Tag auf größere Probleme stoßen. Die Hürden, die ihnen in den Weg gestellt werden, werden immer unüberwindbarer. Immer häufiger werden sie deswegen schon mit 50 zum alten Eisen gezählt, ausrangiert, aufs Abstellgleis manövriert. In so manchen Fällen sogar schon mit 40.

Werden Posten abgebaut, so stehen meistens ältere und kränkelnde Arbeiter ganz oben auf den Streichlisten. Sie werden rücksichtslos in die Langzeitarbeitslosigkeit gedrängt, denn für sie gibt es praktisch kein Zurück mehr ins aktive Arbeitsleben, wie es die allmonatlichen Statistiken der ADEM in aller Deutlichkeit zeigen.

Die Ursachen dafür dürften klar auf der Hand liegen. Jüngere Erwerbstätige und Arbeitsuchende werden vom Patronat als flexibler und polyvalenter betrachtet. Auch können sie mit niedrigeren Löhnen abgespeist werden als berufserfahrene Kollegen. Gegen Letztere spricht auch, dass aus Sicht der Unternehmer Jüngere die Anforderungen, die den Schaffenden heutzutage abverlangt werden, eher zu meistern imstande sind – massive Deregulierung der Arbeitszeitorganisation, zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen, allgegenwärtiger Druck und ständig größer werdender Stress.

Wer seine Informationen nicht allein auf der Direktionsetage einfährt, weiß, dass sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren massiv verschlechtert haben. Und zwar so sehr, dass so manche dieser Verschlechterungen inzwischen zu wahren »Krankautomaten« geworden sind. So belegen offizielle Statistiken, dass die psychischen Beschwerden in den letzten Jahren massiv zugenommen haben und immer häufiger die Ursache von Krankmeldungen ist.

Wie sollen arbeitende Menschen unter solchen Bedingungen in der Lage sein, während 40 Jahren – geschweige denn während 43 Jahre – arbeiten zu können, ihren Motor unaufhaltsam am Laufen zu halten. Wahrscheinlich immer weniger, so dass davon auszugehen ist, dass sich künftig der Großteil aller nach 2013 eingestellten Erwerbstätigen nach Ende ihres aktiven Arbeitslebens künftig mit weniger Rentenbezüge zufrieden geben muss. So wie es übrigens jahrelang von EU und OECD gefordert wurde.

gilbert simonelli

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

Luxemburg