Eine wichtige linke Stimme
Offen wird – vor allem von FPÖ, Industriellenvereinigung und NEOS – die als Zwang diffamierte Pflichtmitgliedschaft der AK in Frage gestellt. Der Hebel zur Entmachtung ist laut Koalitionspakt allerdings die Absicht die Kammerumlage zu senken.
Wobei klar sein muss, dass eine Senkung um 0,1 Prozent einen Einnahmenausfall von 20 Prozent bedeutet, damit also wesentliche Leistungen der AK in Beratung und Vertretung bei Arbeits- und Sozialrecht, Konsumentenschutz, Mieterberatung etc. in Frage gestellt sind. Analog gilt das auch für die Grundlagenarbeit der AK als „Think-Tank“ für Gewerkschaften usw. Kein Wunder, dass massiver Unmut über die Regierungspläne neben Themen wie Sozialversicherungen, 12-Stundentag, Notstandshilfe auch in Hinblick auf die AK vorhanden ist.
Allerdings wird der Protest mehrfach geschwächt: Etwa durch die von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter_innen (sie hat in sieben Ländern die Mehrheit in der AK) praktizierte Gleichsetzung der AK mit der Sozialpartnerschaft. Obwohl die Industriellenvereinigung, immer deutlicher aber auch die ebenso ÖVP-geführte Wirtschaftskammer dem angeblichen Erfolgsmodell eine Absage erteilt, hält die FSG stur daran fest. Während der Klassenkampf von oben mit zunehmender Schärfe geführt wird, benutzt ihn die FSG höchstens als Schimpfwort gegen besonders verhaltensoriginelle Unternehmen.
Die Servicefunktion der Arbeiterkammer ist nach einer grundsätzlichen Reform in den 1990er Jahren heute musterhaft. Ein Indiz dafür ist der hohe Vertrauenswert, denn die AK in Umfragen über die Bewertung diverser Institutionen laufend bekommt. Gleiches kann allerdings für die politische Funktion nicht gesagt werden. Das galt vor allem bis 2017, als Rücksicht auf die Regierungspolitik der SPÖ oberste Pflicht für die FSG war, setzt sich allerdings auch fort, seit diese in Opposition ist.
Der als Protest gegen die Regierungspläne aufkommende Widerstand der dominierenden FSG wird durch laufende Ansagen von SPÖ-Chef Kern konterkariert und damit auch die Glaubwürdigkeit der SPÖ als Opposition vom eigenen Parteichef systematisch unterminiert: Er ist trotz diverser Kritik weiterhin grundsätzlich für das Freihandelsabkommen CETA, spricht sich im Gleichklang mit den Regierungsparteien für Asyllager in Afrika aus, hält den 12-Stundentag grundsätzlich für notwendig, lehnt Streiks als Protest ab und sieht rot-blau im Burgenland als Modell.
Hier wird die Funktion des GLB als linke Stimme in der AK deutlich: Bei grundsätzlichem Bekenntnis zur Bedeutung der Arbeiterkammern lehnt der GLB die Sozialpartnerschaft und insbesondere deren Gleichsetzung mit der AK ab. Er tritt dafür ein, dass die AK nur ihren Mitgliedern und nicht Regierung oder Unternehmern verpflichtet ist. Das haben die Mandatar_innen des GLB in vier Länderkammern – OÖ, Salzburg, Steiermark, Wien – in der seit 2014 laufenden Periode deutlich gemacht.
Bei der AK-Wahl 2014 konnte der GLB seine Stimmen gegenüber 2009 von 9.494 auf 14.391 erhöhen, was eine Steigerung von 0,82 auf 1,32 Prozent bedeutet. Damit konnte der GLB das beste Ergebnis nach Stimmen seit 1989 und das beste Ergebnis nach Mandaten seit 1974 erreichen. In Wien erfolgte eine Steigerung von einem auf zwei Mandate, in der Steiermark von zwei auf vier, in Oberösterreich gelang nach 25 Jahren der Wiedereinzug, ebenso in Salzburg nach 45 Jahren mit jeweils einem Mandat.
Seit 2014 vertreten in Oberösterreich Thomas Erlach, in Salzburg Brigitte Promberger, in der Steiermark Kurt Luttenberger, Hilde Tragler, Uwe Süss und Dietmar Zechner, in Wien Robert Hobek und Gerhard Hauptmann den GLB in den Vollversammlungen. Auch wenn der GLB in den Gremien nur eine Minderheit ist, mischt er engagiert bei den Vollversammlungen durch Anträge und Wortmeldungen mit und bringt dort jene Themen ein, die von der Mehrheitsfraktion, aber auch den anderen Fraktionen, wenn überhaupt nicht wirklich grundsätzlich angeschnitten werden.
Die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen: So wurden in OÖ bei neun Sitzungen 20 Anträge und Resolutionen eingebracht, in Salzburg bei zehn Sitzungen 15, in der Steiermark bei 13 Sitzungen 60 und in Wien bei neun Sitzungen 45, in Summe somit insgesamt 140 Anträge und Resolutionen. Auch wenn grundsätzlich entsprechend einem gewissen Harmoniebedürfnis der Mehrheitsfraktion nur wenige Anträge direkt abgelehnt werden, haben auch jene die nur einem Ausschuss zugewiesen werden insofern Bedeutung, als damit wichtige Fragen thematisiert werden und dies insbesondere von der jeweiligen mit absoluter Mehrheit ausgestatteten FSG registriert werden muss.
Leo Furtlehner ist verantwortlicher Redakteur der „Arbeit“
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