Rechtswidrige Abschiebung von Nasibullah S. nach Afghanistan
PRO ASYL fordert sofortige Rückholung
Im Fall des rechtswidrig aus Neubrandenburg nach Kabul abgeschobenen Nasibullah S. fordert PRO ASYL wie dessen Rechtsanwältin sofortiges Handeln aller deutschen Stellen, um eine zügige Rückkehr in die Wege zu leiten. Der Betroffene befindet sich nach der Abschiebung in einer schwierigen Situation in seiner Heimatprovinz. Das Bundesinnenministerium hat das Behördenversagen des Bundesamtes eingeräumt und sollte in der Lage sein, mit dem Auswärtigen Amt eine schnelle Rückholung zu ermöglichen, auch wenn die deutschen Auslandsvertretungen in Afghanistan seit Längerem dünn besetzt sind.
PRO ASYL warnt davor, den Fall als Art „Betriebsunfall“, der eben mal so passieren kann, zu bagatellisieren. Das Bundesamt prüft täglich Fälle, in denen die Entscheidung für oder gegen den Flüchtlingsschutz bzw. eine Abschiebung eine Entscheidung über Leben und Tod sein kann. Im Verfahren gehört es zum Kern seiner Pflichten, seine Abläufe so zu organisieren, dass niemand während eines noch offenen Verfahrens abgeschoben wird. Die Aktenführung und die Kommunikation mit Behörden und Gerichten sind zwingend so zu organisieren, dass es zu Missverständnissen jedenfalls an diesem Punkt nicht kommen kann.
Millionen Euro hat das BAMF und damit das BMI an Unternehmensberatungsfirmen in den letzten Jahren gezahlt. Schwerpunkt: Ablauforganisation und Rückführung. Und das Resultat: Behördenversagen samt offenbar mangelnder Kontrolle an einer so zentralen Stelle wie dem Prozessreferat des BAMF.
Und es ist nicht der erste Fall dieser Art. Aus Afghanistan zurückgeholt wegen eines vergleichbaren Behördenversagens im BAMF wurde Hashmatullah F.im Dezember 2017, nachdem er im September 2017 unrechtmäßig nach Bulgarien und von dort im Oktober weiter nach Kabul abgeschoben wurde. Vor einigen Wochen hat ihn – nach einer Ablehnung durch das Bundesamt – das Verwaltungsgericht Sigmaringen als Flüchtling anerkannt.
PRO ASYL fragt kritisch: Führt das Geschrei der Politik nach mehr Abschiebungen insbesondere in das extrem unsichere Afghanistan dazu, dass die nötige Sorgfalt im Asylverfahren als Verfahrenshindernis betrachtet und als unwichtig angesehen wird? Wo bleibt das von der inzwischen ausgeschiedenen BAMF-Präsidentin Cordt im September 2017 angekündigte Vier-Augen-Prinzip, das PRO ASYL seit vielen Jahren fordert? Wie gut ist die von einem Bericht der BAMF-Innenrevision für fast inexistent befundene Dokumentation der Behördenvorgänge inzwischen?
Der Arbeit des Amtes hat man durch politische Erledigungsvorgaben und hektische Gesetzgebung seit 2015 geschadet. Immerhin hat es inzwischen ausreichend Personal, dass es sich der Qualitätsverbesserung zuwenden könnte. Vorausgesetzt, man macht es jetzt nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen von „Masterplänen“, in denen Qualität der Verfahren und ihre faire Gestaltung erneut keine Rolle spielen (dürfen). Der noch relativ neue BAMF-Präsident Sommer wird sich erklären müssen.
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