Heiße Ferienzeit beim Billigflieger
Der irische Billigflieger Ryanair ist bekannt für absolute Kampfpreise für Flüge innerhalb von ganz Europa und mittlerweile darüber hinaus. Bekannt aber auch für seine kritikwürdigen Umgangsmethoden mit dem eigenen Personal.
Da werden Krankentage nicht bezahlt und Ausbildungskosten oder Uniformen komplett aus eigener Tasche zu zahlen. Darüberhinaus wird nur die Zeit als Arbeitszeit anerkannt, in welcher der Flieger sich in der Luft befindet. Mit Gewerkschaften möchte man nicht zu tun haben und so wurden Betriebsratsanbahnungen in der Vergangenheit mit schöner Regelmäßigkeit von ganz Oben verhindert.
Nun scheint dem Personal wieder einmal der Kragen zu platzen: Für die kommende Woche haben Ryanair-Beschäftigte in Belgien, Spanien, Portugal und Italien Streiks angekündigt. Betroffen davon werden rund 600 Flugverbindungen zu den beliebten Urlaubsdestinationen während der Sommerferien sein. Mancher, der sich monatelang auf seinen Urlaub und den günstigen Flug dorthin gefreut hat, wird nun mit den Zähnen knirschen und Wut auf die Beschäftigten hegen.
Dabei wäre Solidarität, so schwer es auch fällt, wenn man selbst betroffen ist, das Mittel der Wahl, denn Lohndumping führt zu Unachtsamkeiten und Nachlässigkeit in der Sicherheit, wie ein rezentes Problem eines Ryanair-Fliegers erneut bestätigte. Ordentliche Löhne und zufriedene Angestellte sollten, besonders im hochsensiblen Flugverkehr, eine Selbstverständlichkeit darstellen, um Leben nicht zu gefährden.Die Streikenden wollen durchsetzen, daß das Personal in den Ländern, wo es jeweils stationiert ist, nach dort geltendem Recht behandelt wird und nicht nach dem ultraliberalen Arbeitsrecht des Ryanair-Herkunftlandes Irland. Weiterhin wird gefordert, daß Zeitarbeiter dieselben Löhne erhalten, wie fest angestelltes Personal. Eine wichtige Forderung in Zeiten der fortschreitenden einseitigen Flexibilisierung der Arbeitswelt.
Einen ersten vagen erfolg konnte indes die deutsche Gewerkschaft Verdi erreichen, als rezent immerhin ein Anerkennungsabkommen mit Ryanair unterzeichnet werden konnte. Somit kann die Gewerkschaft ab sofort die Interessen der Beschäftigten ebenfalls vertreten.
Ryanair selbst erklärte, daß die Streiks ungerechtfertigt seien und lediglich die Konkurrenz stärken sollen. Dabei sollte den Bossen in Dublin klar sein, daß ihr Arbeitsmodell nicht nur zu prekärer Beschäftigung und Altersarmut beiträgt, sondern auch den Steuerzahler belastet, indem etwa das Gehalt aufgestockt werden muß oder soziale Beihilfen nötig sind.
Auch wenn die schönste Zeit des Jahres keine Zeit für Ungemach sein sollte, wäre es angebracht, einen Moment darüber nachzudenken, ob ein paar Euro mehr für einen Urlaubsflug nicht gesellschaftlich und auch für das eigene Gewissen verkraftbar sind.
Christoph Kühnemund
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