Unser Leitartikel: »Mir hu Wuert gehalen.«
In einem vierseitigen Flugblatt, das in Aufmachung und vor allem Farbgebung sicher nicht ganz zufällig an eine Publikation des OGBL erinnert, behauptet die gegen das von Meinungsforschern vorhergesagte Debakel bei der Chamberwahl im Herbst ankämpfende LSAP auf der ansonsten leeren ersten Seite, sie habe in der bald endenden gemeinsamen Regierungszeit mit Liberalen und Ökoliberalen »Wort gehalten«.
Auf Seite 2 der LSAP-Publikation heißt es dann, heute gebe es 4.000 Arbeitslose weniger als beim Regierungsantritt der Dreierkoalition Ende 2013 und 60.000 neue Arbeitsplätze seien geschaffen worden. Daß die beiden Angaben offensichtlich in einem krassen Mißverhältnis zu einander stehen – bei 60.000 neuen Stellen kamen nur 4.000 Arbeitslose zum Zug –, scheint den wahlkämpfenden Sozialdemokraten nicht aufgefallen zu sein.Gleich darunter wird behauptet, das jährliche Wirtschaftswachstum liege im Durchschnitt wieder bei 3,5 Prozent. Abgesehen davon, daß den meisten Wählern der selbsternannten »Aarbechterpartei« die Verwertungsbedingungen des in- und ausländischen Kapitals in Luxemburg herzlich egal sein dürften, weil für sie eher Kennziffern wie die Reallohnentwicklung relevant sind, rechnet beispielsweise der Internationale Währungsfonds wegen des weiter eskalierenden Handelsstreits mit den USA mittel- und langfristig mit »erheblichen Wachstumsproblemen«.
Aber das Flugblatt geht ja noch weiter. Das »Budget für soziale Politiken« sei um 13,4 Prozent erhöht worden, wird erklärt. Verschwiegen wird, daß DP, LSAP und expazifistische Grüne der NATO kurz nach ihrer Regierungsübernahme auf dem Gipfel im walisischen Newport zugesagt haben, die Ausgaben für Militär und Aufrüstung bis zum übernächsten Jahr um mehr als 50 Prozent zu erhöhen.
Wie es am Mittwoch auf einer Pressekonferenz hieß, will die LSAP am Donnerstag auf einem außerordentlichen Kongreß im »Tramsschapp« auf Limpertsberg ihr Programm zu den Chamberwahlen beschließen. Was von sozialdemokratischen Wahlprogrammen zu halten ist, zeigt sich indes, wenn man sich ihr letztes Chamberwahlprogramm anschaut, das mit »Loscht op muer!« betitelt war.
Im zweiten Kapitel »Eise Sozialstaat ofsécheren« wird großmäulig angekündigt, »im Rahmen einer umfassenden Steuerreform« würden »die Sozialisten« nicht nur »dafür sorgen, (…) daß die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird«, sondern auch dafür, daß künftig »‚breite’ Schultern mehr zur Finanzierung eines solidarischen Gemeinwesens beitragen als ‚schmale’ Schultern«.
»In diesem Sinne«, heißt es im Programm der LSAP zu den letzten Parlamentswahlen weiter, »werden die Sozialisten eine Reichensteuer einführen«. Sie hatten sogar schon ganz genau festgelegt, wie hoch die Besteuerung hoher Einkommen in Zukunft sein sollte: »Die LSAP hält die Einführung eines Steuersatzes von 45 Prozent ab einem Steuereinkommen von 200.000 Euro in der Steuerklasse 1 bzw. 400.000 Euro in der Steuerklasse 2 für zumutbar.«
Und was haben die »Sozialisten« tatsächlich getan? Die versprochene Reichensteuer wurde schon nach ein paar Monaten vom vormaligen Vorzeigelinken der Partei Dan Kersch zum »Reizwort« erklärt, das in der Debatte über die »umfassende Steuerreform« der Dreierkoalition doch bitteschön »vermieden« werden solle. Dann wurde die Reichensteuer in irgendeiner Schublade mit Wahlkampfversprechen abgelegt und der Spitzensteuersatz wurde tatsächlich um lächerliche zwei Prozentpunkte auf 42 Prozent erhöht.
Soviel zum Worthalten der LSAP…
Oliver Wagner
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