Völlig losgelöst von der Erde
Glaubt man der wahlkämpfenden Dreierkoalition und insbesondere dem LSAP-Spitzenkandidaten Etienne Schneider, dann hat er als Wirtschafts- und Außenhandelsminister Bahnbrechendes zustande gebracht. Anfang August 2017 trat in Luxemburg ein Gesetz in Kraft, das es privaten Unternehmen erlaubt, Bergbau im Weltraum zu betreiben. Wer zukünftig beispielsweise auf einem Asteroiden nach Platin schürfen will, braucht neben viel Kapital und viel Knowhow vor allem eines: einen Firmensitz im Großherzogtum. Und einen langen Atem über zwei oder drei Jahrzehnte. Das ist die Zeit, die es Experten zufolge noch mindestens dauern dürfte, bis der interplanetare Goldrausch losgehen kann. Aber die Geduld soll sich lohnen. Denn all das, was kommende Pioniere später einmal auf Mond, Mars oder sonstwo abgreifen, dürfen sie dann ihr Eigentum nennen.So ist die Luxemburger Rechtslage. Wer sich wundert, daß ein kleines Land im Alleingang mal eben die juristischen Claims im Kosmos absteckt, hat allen Grund dazu. Da könnte ja jeder kommen. Genau das zeichnet sich ab. Dabei gibt es völkerrechtliche Bestimmungen, die die Eigentumsverhältnisse abseits der irdischen Atmosphäre regeln.
So ist es Staaten durch den internationalen Weltraumvertrag von 1967 vom Grundsatz her verboten, sich andere Himmelskörper anzueignen. In dem Abkommen werden diese mitsamt ihren Ressourcen als gemeinsames Erbe der Menschheit bezeichnet. Noch strengere Vorgaben macht der Mondvertrag von 1979. Danach dürfen außerirdische Bodenschätze auch nicht in den Besitz einer Organisation oder einer Privatperson übergehen, und deren Abbau darf allein unter der Kontrolle eines internationalen Gremiums erfolgen.
Einen Haken hat die Sache: Der Vertrag wurde nur von 17 Ländern ratifiziert, darunter keine einzige »Raumfahrernation«. Die Himmelsstürmer aus den USA, Rußland und China sabotierten das Anliegen. Die Begründung lieferte Washington vor drei Jahren nach. Der damals erlassene »Space Ressource Exploration and Utilization Act« war das erste nationale Gesetz, das auf die Etablierung von Eigentumsrechten für Rohstoffe auf Planeten und Asteroiden zielt. Ab 2021 will die USA-Raumfahrtbehörde NASA eine neue Mondmission in Angriff nehmen, und diesmal nicht nur zu Propagandazwecken. Der Erdtrabant soll riesige Mengen das Gases Helium-3 enthalten, ein Isotop, dessen Atomkern zwei Protonen und ein Neutron enthält, und das deshalb als idealer Brennstoff für –bisher nicht existierende – Kernfusionsreaktoren gilt.
Den Mond haben auch Rußland und China längst im Blickfeld, die in einer Partnerschaft bis 2025 Fuß auf dem Erdtrabanten fassen wollen. Medienberichten zufolge sind beide Länder drauf und dran, die nötigen Rechtsgrundlagen für die künftige Verwertung des Neulandes zu schaffen. Auch Frankreich und die mit Ölförderung reich gewordenen Golfstaaten könnten demnächst ähnliche Gesetze auf den Weg bringen. Die Luxemburger Dreierkoalition lieferte dazu die Blaupause. Wobei Schneider erklärte, es gehe nicht darum, territoriale Ansprüche im All durchzusetzen, sondern »lediglich Nutzungs- und Verwertungsrechte«. Der Minister und LSAP-Spitzenkandidat sieht das ganz unverkrampft: »Fischer fangen ja auch Fische, ohne daß ihnen der Ozean gehört.«
Schneiders Analogieschluß ist leider nicht so abstrus, wie er zunächst scheint. So wie heute die Weltmeere durch die Fangflotten westlicher Konzerne leergefischt werden, soll es eines fernen Tages auch auf Mond, Mars etc. laufen. Wobei sich die größten Konzerne im All gleich alles einverleiben können, weil nur sie es überhaupt dorthin schaffen.
Oliver Wagner
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