Amnesty: Vorfälle in Chemnitz zeigen politisches Versagen
Amnesty International fordert das sächsische Innenministerium und das Bundesinnenministerium auf, in Chemnitz, Sachsen und dem ganzen Bundesgebiet entschlossen und klar gegen rassistische Drohungen und Gewalttaten vorzugehen. »Es muss für alle Menschen möglich sein, ohne Angst am öffentlichen Leben und an friedlichen Protesten teilzunehmen«, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. »Freiheit und Sicherheit werden gefährdet, wenn – wie in Chemnitz am Sonntag und am Montagabend – nicht ausreichend Sicherheitskräfte vor Ort sind, um Drohungen und Angriffe gewaltbereiter Gruppen zu verhindern.«
»Für alle weiteren angekündigten Demonstrationen in Chemnitz fordert Amnesty International die zuständigen Ministerien dazu auf, endlich zuverlässig für die Bereitstellung ausreichender Polizeikräfte zu sorgen«, so Beeko.
Nach Medienberichten zogen hunderte Personen am Sonntag durch die Chemnitzer Innenstadt und griffen Menschen an, die sie für nicht-deutsch hielten. Weiteren Berichten und Meldungen an Amnesty International zufolge bedrohten Teilnehmer der Demonstration »Pro Chemnitz« am Montagabend Gegendemonstranten, bewarfen sie mit Flaschen und skandierten rassistische Parolen, ohne daran gehindert zu werden. Die Chemnitzer Polizei räumte selbst ein, das Mobilisierungspotenzial von »Pro Chemnitz« unterschätzt und am Montag zu wenige Einsatzkräfte vor Ort gehabt zu haben.
»Damit setzt sich aus Sicht von Amnesty eine gravierende politische Fehleinschätzung fort, die bereits seit Jahren zu einer unzureichenden Sicherheit für Menschen in Deutschland führt«, sagt Beeko. »Die Vorfälle in Chemnitz reihen sich ein in eine Historie von rassistischen Angriffen und Ausschreitungen, unter anderem in Connewitz, Heidenau und Freital.«
Seit Jahren bewegen sich die Zahlen der Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte auf einem hohen Niveau. 2017 führte die BKA-Statistik mehr als 2.200 Angriffe auf, allein im ersten Halbjahr 2018 zählte die Polizei mehr als 700 Angriffe, bei denen mehr als 120 Personen verletzt wurden. »Die zuständigen Ministerien bleiben gefordert, hier klar und entschlossen gegenzusteuern. Bleibt dieses Gegensteuern aus, liegt hierin ein politisches Versagen bei der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit für alle Menschen in Deutschland«, sagt Beeko.