Netzwerk Cuba: »Aggressionen gegen Nicaragua stoppen«
Wir dokumentieren nachstehend eine Erklärung des Vorstandes des Netzwerks Cuba, des Zusammenschlusses der in der Bundesrepublik aktiven Kuba-Solidaritätsgruppen, zur aktuellen Situation in Nicaragua:
Der IWF (Internationaler Währungsfonds, von den USA dominiert) forderte die Durchführung einer „Rentenreform“ in Nicaragua. Dadurch wurden dort Proteste ausgelöst, die zuerst friedlich verliefen und die Regierung zur Zurücknahme der Rentenreform veranlassten. Aber wie nach einem Drehbuch für Gewalt und Eskalation wurden von extremistischen Teilen der Opposition Konfrontation, Hass und Aggression verbreitet. Teile der Privatunternehmen, der (reaktionären) katholischen Kirche (statt zu vermitteln haben sie dem Präsidenten ein Ultimatum und sich auf die Seite der Systemgegner gestellt), gewalttätige Bevölkerungsteile (z.B. unehrenhaft entlassene Polizisten und Soldaten) sowie Teile der US-Regierung wollen die Sozialreformen der sandinistischen Politik eliminieren und die in 2016 demokratisch gewählte Regierung von Daniel Ortega stürzen. Beispielsweise propagierte der US-Vizepräsident Mike Pence am 2. Mai, Nicaragua, Venezuela und Kuba mit einem Schlag „zu befreien“! In Nicaragua gibt es zahlreiche ökonomische, soziale und politische Probleme, doch die rechtfertigen keineswegs eine Einmischung von außen, zumal gerade die USA in früheren Jahrzehnten einen demokratischen und revolutionären Aufbau des Landes mit Gewalt zu verhindern suchten.
Die provozierte Gewaltspirale, die Chaotisierung und Verunsicherung erinnern an die „Politik der Angst“ und die „Low Intensity Warfare“ (Michael T. Klare) mit der die USA bereits in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vor allem in Lateinamerika wütete. Und ähnliche Prozessmuster sind in den letzten Jahren in Libyen, Syrien, Ukraine und anderen Ländern zu beobachten, in denen von den USA und ihren Helfershelfern missliebige Regierungssysteme zerstört – und Massenmorde provoziert – worden sind. Moderne Taktiken sind Medienkampagnen/-manipulationen, „Lawfare“, Einsatz eigener NGOs und Instrumentalisierung zivilgesellschaftlicher Gruppierungen im jeweiligen Land. In der US-Administration wird weiter über den “NICA-Act“ verhandelt: er würde Nicaragua von ausländischen Investitionen und Krediten abschneiden. Einiges von solcher Art US-Strategie lässt sich nachlesen (vgl. Ted Piccone, Richard Youngs: Strategies for Democratic Change; Brookings Institution).
Demgegenüber brachten Hunderttausende BürgerInnen Nicaraguas ihre Unterstützung des sandinistischen Weges zum Ausdruck und feierten kürzlich den 39. Jahrestag ihrer Revolution in friedlicher Weise. Im Lande wurden hohe ökonomische und soziale Stabilität erreicht, Reduzierung von Armut und Ungleichheit, das Volk ist gut organisiert und die Regierung hat recht hohen Rückhalt. Die rechten Parteien sind gespalten. Daher sind die gewalttätigen und terroristischen Aktivitäten einiger Gruppen äußerst erstaunlich.
Bedauerlich ist wieder einmal, dass in westlichen Politdiskursen und Massenmedien unfundierte und undifferenzierte einseitige Meinungen über die Verhältnisse und Entwicklungen in einem lateinamerikanischen Land verbreitet werden – offensichtlich ohne Beachtung journalistischer Standards, ohne Berücksichtigung historischer Prozesse, geostrategischer Rahmenbedingungen, aktueller Hintergründe sowie auffälliger Verlaufsmuster.
Wir hingegen fordern die politischen und medialen Akteure auf, die völlig rechtmäßige Präsidentschaft von Daniel Ortega in Nicaragua anzuerkennen, und das Schüren von Konflikten im Land von außen nicht weiter zu unterstützen. Wir wünschen dem von Ortega eingeleiteten Versöhnungsprozess viel Erfolg. Und wir verurteilen die Aggressionen/Angriffe der reaktionären und neoliberalen Kräften auf Nicaragua, Venezuela, Bolivien, Ecuador, Kuba und anderer progressive Länder und Regierungen in der gesamten Region. Wir fordern die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und das Recht auf eine eigenständige Entwicklung dieser Staaten, die ihre Gesellschaft, ihre Wirtschaft, ihre partizipative Demokratie frei von imperialer Dominanz und Unterwerfung gestalten wollen, um eine gerechtere Gesellschaft und teilweise eine sozialistische Perspektive zu erkämpfen bzw. zu sichern.