Polizeigesetze – Jetzt überall…
Die Reform des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern, die die Rechte der Polizei stärkte und damit die Grundrechte der Bürger stark beschnitt, war nur der Anfang. Es gilt als Muster für die anderen Bundesländer. Dort sind ähnliche Gesetze geplant oder bereits verabschiedet worden.
Panikmache und der Ruf nach mehr Sicherheit
Die Politik macht sich die aktuelle Stimmung, die in der Bevölkerung verbreitet ist, zunutze: Angst vor Terroranschlägen, Angst vor den „kriminellen Ausländern“ und angeblich könne man sich in Deutschland bei Dunkelheit nicht mehr auf die Straßen trauen. Den Ruf nach mehr Sicherheit gibt es durchaus. Für viele Bürger bedeutet mehr Sicherheit mehr Polizei und die Erweiterung ihrer Befugnisse. Diese Angst wird aber durch falsche Fakten bewusst entfacht. Terroranschläge sind in Deutschland längst nichts alltägliches und auch Rocktragende junge Frauen können durchaus abends durch die Großstadt gehen, ohne sexuellen Übergriffen ausgesetzt zu sein. Die Statistik hat für 2017 10% weniger Straftaten festgestellt. Einen rationalen Grund für „mehr Polizei“ gibt es für uns also nicht.
Oder etwa doch?
Wie Lenin einmal schrieb, bedeutet Imperialismus Aggression nach außen und innenpolitisch reaktionäre, also rückschrittliche, arbeiterfeindliche, Politik. In den letzten Jahren nahm die Aggressivität des deutschen Imperialismus zu. Die Bundeswehr ist auf einem Großteil der Welt vertreten, um den Einfluss des deutschen Imperialismus zu sichern. Auch in der EU setzt Deutschland als Führungsmacht seine Interessen durch. Hier hat sich in den letzten Jahren die Strategie herauskristallisiert, dass Deutschland eine EU-Armee anstrebt. So soll ein militärisches Gegengewicht zur NATO geschaffen werden, in denen neben Deutschland vor allem die USA den Ton angeben. Deutschland rüstet zudem die Bundeswehr immer weiter auf, die Militärausgaben steigen ins unermessliche. Auch die Kriegsrhetorik nimmt in Deutschland zu und gehört zum guten Ton.
Für ein ruhiges Hinterland
Für Deutschlands Innenpolitik bedeutet dies nichts Gutes: unsere Rechte werden weiter eingeschränkt und die des Staates ausgebaut. Sehr deutlich machen das die neuen Polizeigesetze der ganzen Bundesrepublik in ihren verschiedenen Varianten. In Hessen wurde beispielsweise das Verfassungsschutzgesetz geändert, sodass der Verfassungsschutz nun weitreichendere Eingriffsmöglichkeiten hat. Beispielsweise darf er nun Staatstrojaner nutzen, um die Kommunikation zu überwachen und er wird auch personell stark aufgestockt. Die Gesetzesänderungen werden dabei nicht nur mit der Abwehr von Terrorismus begründet (wie mittlerweile fast jedes Gesetz), sondern auch mit den Ausschreitungen während des G20-Gipfel in Hamburg 2017. Dass die neuen Gesetze also auch Demonstranten treffen sollen, liegt auf der Hand. Man möchte uns einschüchtern, um Protest schon im Keim zu ersticken. Denn wer sein Militär ins Ausland schickt und dort teure Kriege führt, braucht ein ruhiges Hinterland. Möglicher Widerstand gegen diese Kriegspolitik und andere reaktionären Auswüchse wie etwa den Sozialabbau sind unerwünscht.
Was ändert sich im Polizeirecht?
Die neuen Gesetze bzw. die Gesetzesentwürfe der verschiedenen Bundesländer sind zwar nicht inhaltlich identisch, doch bei deren Vergleich lassen sich doch einige Polizeibefugnisse herauslesen, die beinahe überall neu aufgenommen oder erweitert werden. In den meisten Fällen kommt die Befugnis sog. „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ (kurz: Quellen-TKÜ) durchzuführen hinzu. Das bedeutet, dass die Kommunikation der betroffenen Person erfasst wird – sowohl bevor diese verschlüsselt wird als auch nach der Verschlüsselung, indem die Nachrichten entschlüsselt werden. Auf deutsch: verschlüsselte Chats wie bei Messengern wie Telegram oder Signal dürfen von der Polizei entschlüsselt und verarbeitet werden. Außerdem dürfen Polizisten sog. „Gefährdern“ Aufenthaltsge- und -verbote erteilen. Um das überwachen zu können, kann dem Betroffenen eine elektronische Fußfessel angeordnet werden, die ein GPS-Signal an die Ermittlungsbehörden weiterleitet. Außerdem werden in einigen Bundesländern die Polizisten nun auch mit Handgranaten und Bodycams ausgestattet.
Unsere Antwort: Widerstand!
Doch all das lassen wir nicht mit uns machen. Überall in Deutschland regt sich Protest gegen diese Gesetzesänderungen. In Bayern waren etwa 40.000 Demonstranten auf der Straße gegen das PAG, und auch nach seiner Verabschiedung gibt es weiterhin Proteste. In Düsseldorf brachten Anfang Juli knapp 20.000 Menschen ihren Protest gegen das neue Polizeigesetz in NRW zum Ausdruck. Dort trug der Widerstand sogar Früchte: die Verabschiedung des Gesetzes wurde wegen des großen Aufschreis in der Bevölkerung auf einen Zeitpunkt nach der Sommerpause verlegt.
Anki, Nürnberg
Dieser Text erschien in der aktuellen Ausgabe der Position dem Verbandsmagazin der SDAJ.
Quelle: