Krieg ist Frieden, Aufrüstung ist Abrüstung
Kaum im Amt, kündigte die noch ein paar Wochen regierende Dreierkoalition aus DP, LSAP und ehemals pazifistischen Grünen an, sie werde das Militärbudget – das bereits unter der Vorgängerregierung höher war als während des Kalten Krieges – noch einmal um 50 Prozent auf 300 Millionen Euro pro Jahr erhöhen.
In seiner ersten »Rede zur Lage der Nation« erklärte Premier Xavier Bettel, er sei »stolz auf die Leistungen der Luxemburger Armee«. »Proportional gesehen« sei »kaum eine andere Armee weltweit so engagiert wie unsere«. Das sieht auch der von der LSAP gestellte Armeeminister Etienne Schneider so, Schon anläßlich des Waliser NATO-Gipfels im Herbst 2014 sagte er dem Bistumsblatt, »die aktuelle weltpolitische Lage zeige, daß man den Trend von immer geringeren Verteidigungsausgaben in Europa umkehren müsse«.
Folgerichtig hielt die Dreierkoalition die Bestellung eines militärischen Transportflugzeugs bei Airbus aufrecht, beteiligt sich an Beschaffungsprogrammen der NATO (wie dem Kauf militärischer Drohnen), ließ zusammen mit SES einen militärischen Spionage- und Kommunikationssatelliten bauen und beteiligt sich auch am NATO-Säbelrasseln gegen Rußland »überproportional«.Da von den drei Nochregierungsparteien wohl Déi Gréng die größte Chance haben, die drei lange Jahrzehnte lang nur ersehnten Minister- und Staatssekretärsposten über den 14. Oktober hinaus zu behalten, fällt ihrer Haltung zu Krieg und Aufrüstung Bedeutung zu. Dazu heißt es in ihrem Programm zur Chamberwahl unter der Kapitelüberschrift »Sich mutig für den Frieden einsetzen«, »zerfallende staatliche Strukturen, internationaler Terrorismus, Klimawandel, zunehmende Ressourcenkrisen, Aufrüstung und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen« seien »die größten globalen Risiken für Frieden und Sicherheit«.
»Grüne Friedens- und Sicherheitspolitik« ziele hingegen »auf Konfliktvorbeugung, den Schutz der Menschenrechte, auf internationale Gerechtigkeit und Solidarität, Nachhaltigkeit, Gewaltfreiheit und die Stärkung des internationalen Rechts«. Wer glaubt, »seinen« Wählerinnen und Wählern einen solchen Bären aufbinden zu können, der kann auch blauäugig von der EU fordern, ihre »Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik« solle auf einmal »auf Abrüstung, Zusammenarbeit und zivile Maßnahmen« setzen.
Denn: Wie paßt das mit dem in diesem Frühjahr von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seinem deutschen Haushaltskommissar Günther Oettinger präsentierten Entwurf für den nächsten »Mehrjährigen Finanzrahmen« zusammen, der in den Jahren 2021 bis 2027 deutlich steigende Ausgaben für Rüstung und militärische Infrastruktur vorsieht? Konkret sollen die EU-Mittel für die Sozial- und die Agrarpolitik stark gekürzt, die »Auslandsinstrumente« der EU unter machtpolitischen Gesichtspunkten gebündelt und zum ersten Mal ein eigener Budgettitel »Sicherheit und Verteidigung« – faktisch ein eigener Rüstungshaushalt auf EU-Ebene – eingerichtet werden. Und sollte der nicht reichen, soll neben dem eigentlichen EU-Budget noch eine »Europäische Friedensfazilität« geschaffen werden, mit der noch existierende rechtliche Beschränkungen für die Finanzierung militärischer Vorhaben auf EU-Ebene künftig umgangen werden können.
Wenn es drauf ankommt, das haben Déi Gréng schon 1999 im NATO-Krieg gegen Jugoslawien noch von der harten Oppositionsbank aus bewiesen, stehen die Expazifisten als erste Gewehr bei Fuß.
Oliver Wagner
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