Umgang mit PKK hat sich nie an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert
Dr. Elmar Millich, Vorsitzender des Rechtshilfefonds AZADÎ e.V., zu den Inhalten und Zielen der Konferenz „25 Jahre PKK-Verbot – 25 Jahre Repression und Demokratieabbau im Dienste der deutschen Außenpolitik”, 17.10.2018
Was können Sie zum 25. Jahrestag des PKK-Verbots sagen?
Das seit 1993 erlassene PKK-Verbot wird zwar innenpolitisch begründet, aber dass seit 25 Jahre keine Änderungen vorgenommen wurden, hat vor allem außenpolitische Gründe. Deutschland und die Türkei blicken auf eine über hundert Jahre alte Bündnispolitik zurück. Man rührt das Verbot nicht an oder weitet es sogar wie 2017 auf die syrisch-kurdischen Organisationen PYD/YPG/YPJ aus, um der Türkei entgegenzukommen, ohne auf anderen Gebieten, wie etwa der Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger, Zusagen machen zu müssen.
Der Umgang mit der kurdischen Befreiungsbewegung hat sich nie an allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert, sondern war immer hauptsächlich Verhandlungsmasse im Interessenausgleich mit der Türkei. Das ist nach wie vor der Fall. Deutschland hat nicht die militärischen Möglichkeiten der Supermächte, direkt im Mittleren Osten zu intervenieren. Daher braucht es die Türkei als Bündnispartner, um seine hauptsächlich ökonomischen Interessen dort umzusetzen. Dieser geostrategischen Sichtweise werden alle anderen Aspekte untergeordnet.
Auf der Konferenz stellen Sie auch einen Vergleich des Verbots in Deutschland mit anderen europäischen Ländern her. Warum?
Hin und wieder kommt es auch in anderen europäischen Ländern zu Strafverfolgungen gegen politisch aktive Kurdinnen und Kurden, aber das ist vom Ausmaß her nicht mit der Situation in Deutschland zu vergleichen. Ein Verbot der PKK gibt es in dieser Form nur in Deutschland. Das hat sicher auch damit zu tun, dass nun mal die meisten Kurdinnen und Kurden aus historischen Gründen nach Deutschland ins Exil gegangen sind. Verbote hier schaden der kurdischen Befreiungsbewegung deutlich mehr als etwa in Portugal mit wenigen kurdischen Exilanten. Das weiß auch die Türkei und macht entsprechend in dieser Frage vor allem Druck auf Deutschland. Das Ganze findet auch Eingang in die Rechtsprechung. Im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (StGB §129b) hat der deutsche Bundesgerichthof die PKK als eine „auf Mord- und Totschlag“ ausgerichtete terroristische Gruppierung qualifiziert. Ein Gericht in Belgien kam dagegen zu der Einschätzung, die PKK sei keine terroristische Organisation, sondern eine bewaffnete Konfliktpartei im Sinne des Völkerrechts.
Was erwarten Sie von der Konferenz?
Unsere Konferenz umfasst mehrere Aspekte: Zu einem nutzen wir das 25-jährige Bestehen des PKK-Verbots zu einer Bestandsaufnahme bezüglich der Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung in Deutschland. Im ersten Block werden Personen reden, welche die politische Verfolgung in diesem Zeitraum aktiv mitverfolgt haben. Der bereits oben beschriebene europäische Aspekt wird abgedeckt von Strafverteidiger*innen, die über Gerichtverfahren in ihren Ländern bzw. vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg berichten. Uns geht es natürlich aber vor allem auch um die aktuelle Repression in Deutschland. Die umfasst nach wie vor Verhaftungen politisch aktiver Kurd*innen nach dem oben beschriebenen §129b, aber auch Verbote von durch NAV-DEM angemeldete Veranstaltungen. Einen Schwerpunkt bildet zudem das staatliche Vorgehen gegen die Verwendung der Symbole von PYD/YPG/YPJ. In diesem Zusammenhang kam es in diesem Jahr zu vielen polizeilichen Razzien sowohl gegen kurdische als auch deutsche linke Einrichtungen, die sich mit Rojava solidarisch zeigen. Hier soll die Konferenz vor allem juristische Einschätzungen und Strategien dagegen liefern. Wir nutzen die Konferenz jedoch auch, um unsere aktuell erschienene Dokumentationsbroschüre zum Thema 25 Jahre PKK-Verbot vorzustellen.
Quelle:
Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.