Kuhhandel auf Sozialdemokratisch
Grosse Freude und Erleichterung herrschte im Februar 2017 beim linken Referendumskomitee, in dem auch die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) aktiv war, als im Februar 2017 die eidgenössische Unternehmenssteuerreform III (USRIII) mit 59 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt wurde! Die Vorlage hätte im sozialen Bereich desaströse Auswirkungen gehabt. Dies erleben wir gegenwärtig mit der kantonalbernischen Senkung der Unternehmenssteuer, über die am 25. November 2018 abgestimmt wird: Im Hinblick auf die geplante steuerliche «Entlastung» der grossen Unternehmen hat die Berner Regierung bereits im Voraus umfangreiche «Einsparungen» budgetiert, unter anderem bei der Spitex, bei den Heimen, im Behinderten- und Sozialbereich, bei der Bildung und Gesundheit.
Nach dem Nein zur USRIII blieb der Druck der EU und der OECD auf die Schweiz gross, die Steuerprivilegien bei den sogenannten Statusgesellschaften (Holdings, gemischte Gesellschaften und Domizilgesellschaften) abzuschaffen. Somit überraschte es nicht, dass der Bundesrat eine neue Vorlage zur Reform der Unternehmenssteuer erarbeitete.
Die wichtige Frage lautete aber, ob diese Steuerprivilegien einfach durch andere, neue Steuerschlupflöcher ersetzt werden sollen, so wie es bei der USRIII der Fall war. Nach dem Absturz der USRIII in der Volksabstimmung hätte man von bürgerlicher Seite substanzielle Zugeständnisse erwartet, zum Beispiel in Form einer deutlichen Erhöhung der Dividendenbesteuerung.
Bemerkenswert ist, mit welcher arroganten Gewissheit ihrer Macht die bürgerliche Mehrheit eine neue Vorlage im Parlament durchsetzte, die sogenannten «Steuervorlage 17» (SV17), welche sich kaum von der abgelehnten USRIII unterscheidet. Bloss im taktischen Bereich haben sich FDP und CVP etwas Neues einfallen lassen. In einem Deal mit der SP wurde die Steuervorlage 17 mit Massnahmen zur Konsolidierung der AHV verknüpft. Das Ganze heisst jetzt STAF (Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung). Die Parteileitung der SP preist ihren Deal als historischen Durchbruch, während die bürgerliche Presse von einem Kuhhandel spricht. (Bauernpräsident M. Ritter seinerseits verwirft diese Bezeichnung – allerdings aus Motiven, die nicht die unsrigen sind –, weil das eine Beleidigung der ViehhändlerInnen sei …)
Wie ist es mit der Konsolidierung der AHV?
Kommen wir also zur AHV: Beharrlich wird uns von den bürgerlichen Medien eingehämmert, unsere Altersvorsorge sei in Gefahr. Damit wird psychologischer Druck aufgebaut, um künftige Rentenkürzungen politisch durchsetzen zu können.
Es stimmt, dass die berufliche Vorsorge, also die sogenannte 2. Säule, mittelfristig gefährdet ist, weil die von den Versicherten angesparten Altersguthaben auf den Kapitalmärkten angelegt werden müssen und somit von allen Unsicherheiten dieser Kapitalmärkte abhängig sind. Aus diesem Grund will die Partei der Arbeit der Schweiz mit ihrem Vorschlag einer eidgenössischen Volksinitiative die 2. Säule schrittweise in die AHV überführen, bei gleichzeitigem entsprechendem Ausbau der AHV. Die AHV ist im Gegensatz zur 2. Säule ein sicheres System, weil sie nach dem Umlageverfahren funktioniert, konkret: Die in einem Jahr einbezahlten Gelder finanzieren die laufenden Renten.
Das vom Bundesrat schon in den 90er Jahren prophezeite Defizit in der AHV ist bisher nicht eingetreten; insofern wurden seit 20 Jahren falsche Voraussagen gemacht. Sollten sich in zehn bis 15 Jahren beim Umlageverfahren der AHV aber tatsächlich rote Zahlen ergeben, müssten die Beitragssätze der ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen leicht angepasst oder die Beiträge des Bundes an die AHV erhöht werden. Dazu besteht schon heute die verfassungsmässige Grundlage und Verpflichtung. So hält Artikel 111, Absatz 1 der Bundesverfassung unter anderem fest: «Der Bund trifft Massnahmen für eine ausreichende Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge.» Und Absatz 2 regelt, dass «die eidgenössische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (…) ihren Zweck dauerhaft erfüllen kann.»
Die SP-Parteileitung will nun seltsamerweise die künftige Verwirklichung des zitierten Verfassungsauftrages dadurch erkaufen, dass sie den bei der Volksabstimmung zur USRIII von der gesamten Linken gemeinsam erkämpften Erfolg kurzerhand preisgibt und als Verhandlungspfand verhökert. Ein solches Vorgehen nennen wir Kuhhandel auf Sozialdemokratisch.
Demokratiepolitische Aspekte
Zur Verknüpfung der Reform der Unternehmensteuer und der AHV ist Folgendes zu unterstreichen: Bei Volksinitiativen wird pingelig auf das Prinzip der Einheit der Materie geachtet. So wurde zum Beispiel 1995 eine eidgenössische Volksinitiative als ungültig erklärt, welche Rüstungsausgaben senken und dafür die Ausgaben für die Friedensförderung erhöhen wollte. Das seien zwei verschiedene Anliegen, hiess es. Die StimmbürgerInnen müssten die Möglichkeit haben, ihren Willen zu einer einzelnen Frage frei zu äussern. Wenn die grossen Parteien im Parlament aber ihren Deal finden, gilt dieser verfassungsrechtliche Grundsatz plötzlich nicht mehr!
Es ist zu befürchten, dass die grossen Parteien in Zukunft immer öfter verschiedene politische Fragen unter sich aushandeln und zu einem Paket verschnüren, womit den StimmbürgerInnen am Ende nur ein Ja oder Nein zum Gesamtpaket übrigbleibt. Auf diese Weise wird das demokratische Instrument des Referendums ausgehöhlt. Die Linke hat ein vitales Interesse daran, dass die Instrumente der direkten Demokratie nicht ausgehebelt werden – dieses Thema sollten wir nicht wieder der SVP überlassen!
Aus all den genannten Gründen rufen wir euch auf, das Referendum gegen die STAF zu unterstützen und bei der Unterschriftensammlung mitzuhelfen! Infos: www.pda.ch
Partei der Arbeit Bern
Quelle: