Regierung ignoriert Pflicht zur Leistungserhöhung für Asylsuchende
PRO ASYL: Widerspruch einlegen und Überprüfungsanträge stellen
Die Leistungen, die Asylbewerber*innen erhalten, sind zu niedrig. Obwohl das Bundesarbeitsministerium seit 2016 keine Erhöhung der Grundleistungen verkündet hat, besteht ein Anspruch von Gesetzes wegen. So hat es das Sozialgericht Stade in einem Urteil vom 13. November 2018 entschieden und dem Kläger einen um mehrere Euro erhöhten Betrag zugesprochen. PRO ASYL empfiehlt den Betroffenen, Ihre Ansprüche zu sichern: Durch Widersprüche und Überprüfungsanträge – noch in diesem Jahr. Haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingsberater können dabei helfen.
Zum Hintergrund: Die Leistungen für Asylsuchende müssen in ihrer Höhe jährlich entsprechend der Veränderungsrate des SGB XII angepasst werden, so § 3 Abs. 4 Asylbewerberleistungsgesetz. Klar: Alles wird teurer. Diese Veränderung wird laut Gesetz jedes Jahr zum 1. November verkündet. Das ist aber seit 2016 nicht mehr passiert. Eine solche formelle Verkündung ist aber nicht vonnöten, so das VG Stade, denn die Erhöhung ergebe sich auch direkt aus dem Gesetz. Es bestehe ein einklagbarer Anspruch darauf, dass die Leistungen in angepasster Höhe bewilligt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 über die Höhe der Asylbewerberleistungen zu entscheiden. Auch damals stand das jahrelange Versäumnis mehrerer Bundesregierungen im Zentrum, die Leistungen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen. Karlsruhe hatte Neuregelungen verlangt und sich zur Höhe des Bedarfes und der Prozedur geäußert, was zur geltenden gesetzlichen Regelung geführt hat.
Dass es Regierungskoalition nunmehr wieder versäumt hat, die Bedarfssätze anzupassen, ist ein veritabler Skandal. Bedürfnisse und Bedarf von Asylsuchenden scheint man auch jetzt wieder vorsätzlich zu ignorieren, ebenso den Wortlaut des Gesetzes.
PRO ASYL bittet Flüchtlingsinitiativen und Rechtsanwält*innen, möglichst vielen Betroffenen dabei zu helfen, ihre Ansprüche zu sichern. Bis zum 31.12 2018 sollte ein sog. Überprüfungsantrag nach § 44 SGB SGB X gestellt werden. Er hat das Ziel, dass die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide rückwirkend aufgehoben werden, also für 2017 und 2018 die Differenz nachgezahlt wird. Gegen die aktuellen Bewilligungsbescheide muss ebenfalls fristgerecht Widerspruch eingelegt (und ggf. dann geklagt) werden.
Um wieviel Geld geht es? Die Regelsatzhöhe in der Regelbedarfsstufe 1(Alleinstehende) hätte im Jahr 2017 bei korrekt vorgenommener Anpassung bei 358 Euro, in 2018 bei 364 Euro liegen müssen. Die tatsächlich ausgezahlten Beträge lagen und liegen wesentlich darunter, 2018 oft um 10 Euro. Für Asylsuchende sind das ebenso wenig Peanuts wie es Minderleistungen für Hartz IV-Bezieher wären, wenn deren Regelsätze falsch berechnet würden. Aufs Jahr bezogen summieren sich die Fehlbeträge natürlich.
Angesichts der hartnäckigen Weigerung der Großen Koalition und insbesondere des zuständigen Bundesarbeitsministeriums sollten Ehrenamtliche und hauptamtliche Unterstützer*innen die Chance nutzen, mit Widersprüchen in möglichst großer Zahl den Schaden für die Betroffenen zu begrenzen und deutlich zu machen, dass man vor regierungsamtlicher Ignoranz keinen Schritt zurückweicht.
PRO ASYL hat Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt, ebenso ein Muster für einen Widerspruch/Überprüfungsantrag.
Quelle: