24. Dezember 2024

SWÖ-KV: Da wär mehr drinnen und der nächste Schritt nötig gewesen!

Die Protestmaßnahmen und Streiks im Gesundheits- und Sozialbereich haben die Arbeitgeber gezwungen, das KV-Angebot doch noch nachzubessern, änderten aber noch nichts am kategorischen Nein zur Forderung nach Arbeitszeitverkürzung. Obwohl gerade jetzt die Stimmung in den Betrieben gut und kämpferisch war, sowie die Öffentlichkeit und Medien sehr positiv eingestellt waren, wurde durch die Zustimmung zu diesem KV-Abschluss eine, an Dynamik zunehmende, gewerkschaftliche Bewegung und die Chance auf tatsächlich substantielle Erfolge unter Federführung der SpitzenrepräsentantInnen des gewerkschaftlichen Verhandlungsgremiums abgewürgt.

Der Gap bleibt bestehen

Es ist unbestreitbar ein Erfolg, der durch die Protestmaßnahmen erst möglich wurde, dass die Erhöhung auf alle Gehalts- und Lohntafeln nun 3,2 % ausmacht – statt wie von den Arbeitgebern lange als Maximum angeboten 2,5 – 2,8%. Doch unbestreitbar wird damit auch die Einkommensarmut der Teilzeitbeschäftigten in den unteren Lohngruppen weiter fortgeschrieben, ist es keine genügende Abgeltung der Inflation, oder gar des für Beschäftigte viel aussagekräftigeren Miniwarenkorbs, und schreibt diese geringe Erhöhung den Unterschied zu den anderen Branchen und zwischen den Geschlechtern weiter fort. Die Forderung nach 6% Gehaltserhöhung war kein Wunschkonzert, sondern das ernsthafte Einfordern dringend notwendiger Einkommenssteigerungen im Sozial- und Gesundheitsbereich. Diese Ernsthaftigkeit ließ im Laufe der KV-Verhandlungen immer mehr nach, bis hin zu medial kolportierten Forderung „3% plus“ von Seiten der Gewerkschaftsspitzen, die jedoch nie demokratisch legitimiert waren.

Dienstplanwahnsinn mit Regelung

Die Verbesserungen in Richtung stabilerem Dienstplan und geregelteren geteilten Diensten sind Pyrrhussiege: Dem täglichen Wahnsinn von über den gesamten Tag verteilten Arbeitsstücken, dem permanenten Druck nach sofortigem Einspringen auch wenn man frei hat, der Unmöglichkeit nach Freizeitgestaltung durch spontane Dienständerungen – wird nun ein kleines Mäntelchen der Regulierung umgehängt. Sicher, viele KollegInnen, gerade im mobilen Bereich, atmen auch über kleine Schritte auf. Aber eine verbesserte Regelung unwürdiger Arbeitsbedingungen lässt sie trotzdem unwürdig bleiben! Die gewerkschaftliche Forderung müsste ganz klar sein: Weg mit geteilten Diensten! Volle Überstundenzuschläge für Einspringen und jegliche Dienstplanänderung!

Da war doch irgendwas mit der Arbeitszeit….???

Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung, nach einer 35-Stunden-Woche wurde in der letzten Verhandlungsnacht rund um Mitternacht noch einmal vom gesamten Verhandlungsteam (!) bekräftigt und ein Stufenplan als Vorschlag an die Arbeitgeber beschlossen. Kurz drauf konnte man einem Teil des Verhandlungsgremiums de facto beim Umfallen zuschauen: Das ein bisschen nachgebesserte Angebot der Arbeitgeber, in seiner Substanz wenige Stunden zuvor noch aufgrund des Fehlens der Arbeitszeitverkürzung als unannehmbar bezeichnet, war durch einen mauen zusätzlichen Urlaubstag plötzlich unterschriftsreif. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Gefordert waren 3 Stunden weniger pro Woche, geworden sind es knappe 4 Minuten … Sang- und klanglos vom Tisch gewischt wurden die klaren Beschlüsse der Belegschaften, bei Nichterfüllung unserer Forderungen, den Druck in Richtung SWÖ und Subventionsgebern weiter zu erhöhen und den Arbeitskampf zu intensivieren. Gleichzeitig wurde damit die bunte, kämpferische Protest- und Streikbewegung abgewürgt. „Lieber Sozialpartnerschaft als Streik“ war die klar ausgesprochene unterwürfige Botschaft.

Konsequenz statt „Sozialpartnerschaft“

Mit diesem Zurückschrecken der Gewerkschaftsspitzen, den Arbeitskampf nicht in aller Entschlossenheit und Konsequenz aufzunehmen und bis zum erreichbaren Erfolg zu führen, verwässern die Gewerkschafs-Oberen zugleich die hohe Kampfbereitschaft der Beschäftigten und unsere Warnstreiks. Und degradieren den Einsatz tausender engagierter KollegInnen weitgehend zu einem „sozialpartnerschaftlichen“ Manöver einer bloßen Verhandlungsmasse. Ähnlich den zumindest vielfach bereits zum bloßen Ritual erstarrten BR-Konferenzen, Betriebsversammlungen und wiederkehrenden Fotoaktionen.

Was Wunder, dass sich so der notwendige Druck auf die Arbeitgeber nur bedingt entfalten lässt. Hätten wir den nächsten Schritt gesetzt und die Auseinandersetzung weiter verschärft, wäre den Arbeitgebervertretern ihre Abkanzelung der Protestmaßnahmen im Hals stecken geblieben.

Zur Vernebelung einer konsequenten Gewerkschaftspolitik bedient man sich dabei vielfach der offenen Falschmünzerei, den devoten „Verhandlungsweg“ hinter verschlossenen Türen mit den vielfältigen Facetten eines KV-Verhandlungsprozesses schlechthin gleichzusetzen. So als ob kämpferische Auseinandersetzungen nicht auch in „Abschlüssen“ einmünden und es in kämpferischeren Abschnitten der Geschichte Österreichs oder in Ländern mit ausgeprägten gewerkschaftlichen Kampftraditionen keinerlei darin mitbetriebener Formen von „Verhandlungen“ gab oder gäbe.

Und last but not least, so zeigen die Erfahrungen mit KV-Abschlüssen auf breiter Front, bedarf es neben der breiten, aktiven Einbeziehung der Beschäftigten endlich Urabstimmungen über die Ergebnisse von KV-Runden.

Wir sind viele!

Das Positive an diesem KV-Abschluss ist – neben der tollen Bereitschaft tausender Beschäftigter, gemeinsam für die eigenen Interessen einzustehen – dass viele BetriebsrätInnen des Verhandlungsgremiums, quer durch die Bundesländer und Branchenteile, sich klar für eine Fortführung der Auseinandersetzungen aussprachen. Das und unsere kollektiven Erfahrungen der Proteste und Streiks sind die Basis für weitere Kämpfe.

Denn: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Quelle:

KOMintern

Österreich