»Primitiver Zynismus und politische Brutalität«
KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner zu Ibiza-Video und schwarz-blauer Regierung
Innerhalb weniger Minuten wurde durch das Ibiza-Video im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus zum Skandal, was keines Videos bedurft hätte: dass es sich bei der FPÖ-Führung um eine korruptionsanfällige bis hoch korrupte Ansammlung von Populisten handelt, die lukrative Beziehungen zu Superreichen und Oligarchen pflegen und am konsequentesten verkörpern, was wir den autoritären Kapitalismus nennen. Was die Bedeutung des Videos für die Volksaufklärung nicht schmälert, denn die Kombination des primitiven Zynismus und der politischen Brutalität, die es widerspiegelt, ist atemberaubend.
Was das Video allein nicht ausleuchten kann, gehört seit Jahrzehnten zum politisch-kulturellen Alltag in Österreich: die Einbeziehung der extremen, deutschnationalen Rechten, sprich der FPÖ, in die politische Strategie von ÖVP und SPÖ. Vom hemmungslosen Buhlen um die Stimmen der Nazis gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs – gegen alle antifaschistischen Deklarationen und verfassungsmäßigen Vorgaben –, über die Einbeziehung der Nazi-Wiedergänger-Partei in diverse Koalitionen aus Landes- und Bundesebene, die freundliche Behandlung der FPÖ in den medialen und politischen Salons – es ist die Verantwortungslosigkeit der politischen Klasse Österreichs, der bürgerlichen und sozialdemokratischen Mitte, die Haider und Strache groß werden hatte lassen. Und die das aktuelle Zusammenspiel der neokonservativen Rechten mit den Rechtsextremen in Österreich und anderswo in Europa zu einer gefährlichen, demokratiebedrohenden Realität hat werden lassen.
Das Problem, auf das uns das Ibiza-Video hinweist, und das die demokratische Öffentlichkeit Österreichs zu lösen hat, lautet: es gibt im österreichischen Parlament keine konsequente linke Opposition. Eine, die keinen Neoliberalismus light anstrebt; die weder der Industriellenvereinigung noch den Superreichen, also den Wenigen, sondern den Vielen verpflichtet ist; eine, die den antifaschistischen Auftrag des österreichischen Staatsvertrags ernst nimmt; die nicht nur jegliches Schielen hin zu den österreichischen Rechtsextremen bekämpft, sondern die Entfernung der Neofaschisten aus allen öffentlichen Ämtern und Behörden des österreichischen Staates im Programm hat.
Der ÖVP-Bundeskanzler Kurz hat sich für Neuwahlen entschieden. Neuwahlen sind gut, weil es besser werden könnte: wenn sie eine konsequente soziale, antifaschistische Linke in das österreichische Parlament befördern. Alles andere bleibt ein österreichisches Ringelspiel, und die nächsten Ibiza-Videos sind voraussehbar.
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