Krank, behindert, abgeschoben?
Am heutigen 30. Juli 2019 wird die 26. Sammelabschiebung nach Afghanistan vom Flughafen Halle-Leipzig starten. Auf dem Flug soll sich auch G. befinden. Ein umfangreiches aktuelles Gutachten bescheinigt G. eine schwere Traumatisierung und eine eingeschränkte geistige Entwicklung. Dennoch sitzt G. in Abschiebehaft und soll heute nach Kabul abgeschoben werden. Das Landesamt für Rückführung hat an dieser Abschiebung nichts auszusetzen, auch wenn ernste Zweifel bestehen, dass dieser junge Mann sich in Kabul in irgendeiner menschenwürdigen Weise am Leben erhalten kann. S., ein weiterer junger Afghane, wurde heute Morgen in Bayreuth aus der Psychiatrie heraus abgeholt. Auch hier die Diagnose: Depression, Traumatisierung, Suizidalität.
Der bayerische Ministerpräsident bescheinigt besagtem Landesamt „Humanität und Ordnung“ – doch wo bleibt hier die Humanität?
Bereits im Frühjahr 2017 wurde ein kranker junger Afghane aus Passau nach Kabul abgeschoben. Ein Fernsehteam brachte ihm notwendige Medikamente aus Deutschland. Trotzdem lief er orientierungslos durch die Stadt, wurde von einem Fahrzeug angefahren, lag mit gebrochenen Gliedern im Krankenhaus, hängt nun finanziell von einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher aus Passau ab, die ihn unterstützen.
Sollte G. abgeschoben werden, wird es ihm vermutlich ähnlich ergehen, doch ohne die Gewähr, dass es auch in seinem Fall Ehrenamtlichen gelingt, Kontakt zu ihm zu halten. Eine Unterstützerin und ein Freund besuchten ihn heute in der Abschiebehaft. Er liegt apathisch auf der Pritsche, redet nicht, bewegt sich nicht, seine Ärztin geht wegen dieser Schilderung von einer massiven Retraumatisierung aus und befürchtet einen Suizid, sollte es zur Abschiebung kommen.
„Wir appellieren an den bayerischen Innenminister, die Abschiebung von psychisch Kranken nach Kabul zu stoppen; sie ist menschlich nicht vertretbar. Niemand kann unter diesen Umständen die Verantwortung für die jungen Männer und ihr Leben übernehmen, sollten sie nach Kabul geschickt werden. G. braucht Behandlung und Unterstützung, er könnte durch ein Beschäftigungsangebot stabilisiert werden. Und wer wie S in der Psychiatrie ist, braucht Hilfe. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier hilfsbedürftige Menschen einfach ‚abserviert‘ werden sollen“, erklärt Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Der Innenminister hat es nun in der Hand, der Rede von Humanität Taten folgen zu lassen.“
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