26. Dezember 2024

Todesstoß für Entspannung

Am Freitag haben die USA einem wichtigen Abkommen den endgültigen Todesstoß versetzt, dem sogenannten INF-Vertrag über das Verbot bestimmter landgestützter Mittelstreckenraketen – ein Vertrag, der bei seiner Unterzeichnung mit vollem Recht als ein bedeutendes Zeichen der Entspannung inmitten einer schier hoffnungslos hochgerüsteten Welt angesehen wurde.

Der Abschluß des INF-Vertrages zwischen der Sowjetunion und den USA, der auch nach dem Ende der Sowjetunion für deren Nachfolgestaat Rußland volle Gültigkeit hatte, war ein Ergebnis langwieriger und durchaus komplizierter Verhandlungen.

Dafür gebührte den beteiligten Militärs und Politikern höchste Anerkennung – aber ebenso den Hunderttausenden Menschen, die in vielen Ländern Europas gegen die Stationierung von atomar bestückten Mittelstreckenraketen der USA und der Sowjetunion ihre Stimme erhoben hatten und deren Protest Straßen und Plätze füllte. Zwar ist noch heute zuweilen die Rede von einem »Nachrüstungsbeschluß« der NATO, der laut NATO-Propaganda eine angebliche Überlegenheit der Sowjetunion und der Staaten des Warschauer Vertrages auf diesem Gebiet »aufholen« sollte, doch es ist auch bekannt, daß diese Behauptung selbst von hochrangigen Militärs der NATO als »Bedrohungslüge« entlarvt wurde.

Nun deutet sich an, daß jene Geschichte sich wiederholen wird, als Farce, als eine höchst gefährliche allerdings. Die aktuelle Führung der USA, ihre Vasallen in allen NATO-Staaten – einschließlich Luxemburg – und die ihnen hörigen Medien werden nicht müde, bis zum Erbrechen die Behauptung von einer »alleinigen Schuld« Rußlands zu wiederholen. Ein Beweis dafür ist nie erbracht worden, die USA- und die NATO-Führung gehen nämlich lediglich von der Annahme aus, daß ein gewisses russisches Raketensystem gegen die Bestimmungen des INF-Vertrages verstoße. Angebote der russischen Seite, das System vor Ort zu überprüfen, wurden in gewohnter Arroganz abgelehnt.

Ebenso abgelehnt wurde ein wiederholt von Moskau unterbreiteter Vorschlag, sich über ein Moratorium zu verständigen, also darauf, per Vertrag festzulegen, daß beide Seiten nach Ablauf des INF-Vertrages keine zusätzlichen Raketensysteme in unmittelbarer Nachbarschaft stationieren. Das wäre bei etwas gutem Willen machbar – und angesichts der auf beiden Seiten vorhandenen Satellitentechnik auch überprüfbar. Die Begründung seitens der NATO ist so plump, daß man erstmal darauf kommen muß. Es sei ein »Angebot ohne jede Glaubwürdigkeit«, sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Übersetzt: »Der Russe lügt sowieso.«

Umgekehrt wird allerdings ein Schuh daraus. Die NATO beteuert, sie habe keine Pläne zur Stationierung neuer Raketensysteme in der Nähe der russischen Grenze. Dabei pfeifen sämtliche Spatzen von allen Brüsseler Dächern, daß genau dafür Pläne in den Schubladen bereitliegen.

Zu befürchten – im wahrsten Sinne des Wortes! – ist nun nicht nur ein neues Wettrüsten, sondern auch, daß die USA weiterhin das russische Angebot zu Gesprächen über die Verlängerung des »New-Start«-Vertrages über die Reduzierung strategischer Waffen ebenso ausschlagen werden.

Es geht hier nicht darum, einer von beiden Seiten Recht zu geben. Um die Gefahr eines neuen Krieges zu verringern, sollten ALLE Atomwaffen weltweit abgeschafft werden, alle Mittelstreckenraketen und strategischen Waffensysteme verschrottet werden, ohne Ausnahme. Die Erinnerung an den 6. August 1945 in Hiroshima und den 9. August in Nagasaki sollte dafür dringende Mahnung sein!

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

USA