19. November 2024

ver.di fordert bedarfsgerechte Personalvorgaben

„Die Personalnot in der Intensivpflege ist dramatisch, das zeigt die hohe Zahl an Bettensperrungen. Der zugrundeliegende Teufelskreis aus schlechten Arbeitsbedingungen, fehlenden Fachkräften und steigender Belastung muss dringend durchbrochen werden“ kommentiert ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler anlässlich der am Wochenende bekannt gewordenen Studie der Deutsches Krankenhausinstitut (DKI). Demnach müssten 37 Prozent aller Kliniken mittlerweile Betten auf Intensivstationen schließen, um die Pflegepersonaluntergrenzen einhalten zu können. „In letzter Konsequenz darf es nicht tabu sein, planbare Eingriffe zu verschieben, damit die sichere Versorgung der schon anwesenden Patientinnen und Patienten gewährleistet ist.“ Um das sicher zu stellen, müsse die Nichteinhaltung der Personalvorgaben Folgen haben. Gerade für intensivmedizinisch zu versorgende Menschen sei das besonders wichtig.

Bereits vor der Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen hätten Berichte der Beschäftigten und ver.di vorliegende Gefährdungsanzeigen deutlich gemacht, dass das von Fachgesellschaften empfohlene Verhältnis von einer Pflegekraft für zwei Patienten meist nur in Ausnahmefällen eingehalten würde. Noch enger werde es, wenn Beschäftigte durch Krankheit ausfielen. „Die Einführung der Personaluntergrenzen hat die dramatische Situation in der Pflege bestätigt. Doch sie stellt die Krankenhausversorgung vor ein Dilemma: Einerseits sind Untergrenzen wichtig als rote Linie für eine Personalausstattung, die nicht unterschritten werden darf. Auf der anderen Seite ist bekannt, dass aus Bereichen ohne Vorgaben in die sogenannten pflegesensitiven Bereiche, in denen die Untergrenzen gelten, Personal ver-schoben oder Patientinnen und Patienten in andere Bereiche verlegt wurden. Statt die Versorgung sicherer zu machen, verschlechtert sie sich damit für die von den Untergrenzen ausgenommenen Bereiche“, so Bühler.

Die zunehmende Zahl offener Stellen in der Intensivpflege, aber auch in den anderen Pflegebereichen der Krankenhäuser sei hausgemacht: Aufgrund der viel zu dünnen Personaldecke verließen viele junge Pflegekräfte den Beruf, Beschäftigte reduzierten ihre Arbeitszeit, weil die Belastung in Vollzeit zu groß sei oder wechselten als Pflegekraft in einen Bereich außerhalb des Krankenhauses. Schon jetzt werde regelmäßig gegen Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes versto-ßen, seien Pflegekräfte überdurchschnittlich häufig und auch länger krank als andere Berufsgruppen. Besonders stark seien sie von psychischen Erkrankungen betroffen. „Statt den Fachkräftemangel in der Pflege zu beklagen, muss zügig gehandelt und die Arbeits- sowie Ausbildungsbedingungen verbessert werden“, so Sylvia Bühler weiter. „Beschäftigte lassen sich nicht mehr mit homöopathischen Dosen abspeisen. Zu lange und zu oft wurde die Empathie und das Engagement der Pfle-gefachkräfte von den Arbeitgebern ausgenutzt.“ Die Politik sei jetzt gefordert, endlich „Nägel mit Köpfen“ für verbindliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben im gesamten Krankenhaus zu machen, die Sicherheit für die Patientinnen und Patienten sowie Entlastung für die Beschäftigten bringen. Damit keine Zeit verloren ginge, müsse der gesetzliche Auftrag zur Entwicklung und Erprobung eines pflegewissenschaftlich fundierten Personalbemessungsinstruments jetzt erteilt werden.

ver.di bekräftigt die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für die Personalausstattung in den Krankenhäusern. „Wenn junge Menschen für die Pflege gewonnen und gehalten werden sollen, muss schnell gehandelt werden“, sagte Sylvia Bühler.

Quelle:

ver.di

Wirtschaft & Gewerkschaft