Ein Viertel der Wähler stimmen für Neonazis
Die Wahlergebnisse in Brandenburg und Sachsen haben ein breites Medienecho erzeugt. Dabei überwiegt die Aussage: „Gerade noch einmal davongekommen“, weil in beiden Bundesländern die regierenden Ministerpräsidenten die jeweils stärkste Partei repräsentieren. Außerdem wird in vielen Kommentaren hervorgehoben, dass doch mit der deutlichen Erhöhung der Wahlbeteiligung die Demokratie gestärkt worden sei. Doch uns als Antifaschisten können solche einfachen Antworten nicht zufriedenstellen.
Erschreckend sind die Ergebnisse für die AfD. Knapp 900.000 Menschen haben dieser Partei, die mit offen rassistischen Positionen und Faschismus verharmlosenden Thesen Wahlkampf gemacht hat, ihre Stimme gegeben. Das waren keine Protestwähler, die „denen da oben“ mal einen Denkzettel verpassen wollten, sondern das sind Überzeugungstäter. Ein Indiz dafür ist sicherlich auch die gleichzeitige Marginalisierung der NPD, die schon mal im sächsischen Landtag vertreten war. Auch deren Wähler haben sich der erfolgreicheren Partei zugewandt.
Wer den politischen Diskurs insbesondere in Sachsen in den vergangenen Jahren verfolgt hat, kann von den über 27 Prozent AfD-Zustimmung nicht überrascht sein. Dass sie damit nicht zur stärksten Partei wurden, mag das bürgerliche Feuilleton beruhigen, uns nicht. Insbesondere in der sächsischen CDU waren in den vergangenen Monaten deutliche Stimmen zu hören, die eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit diesen extremen Rechten signalisierten. Wenn eine Moderatorin des MDR am Wahlabend in einer Fragerunde von einer „bürgerlichen Regierungskoalition“ spricht und damit ein Bündnis von CDU mit der AfD meint, dann zeigt es, wie weit dieses politische Denken bereits die Medien erfasst hat, die in ihrer Berichterstattung einen erheblichen Anteil am Aufstieg der AfD haben.
Positiv hervorzuheben war die breite gesellschaftliche Bewegung gegen die AfD, die sich in Massendemonstrationen in Leipzig und in Dresden mit 40.000 Menschen auf der Straße zu Wort gemeldet hat. Ohne solche Protestaktionen und die damit verbundene Aufklärungsarbeit wäre das Ergebnis der AfD sicherlich noch stärker ausgefallen. Bei aller Kritik an der Regierungsarbeit der SPD und der Oppositionsrolle der LINKEN ist es erschreckend, wie weitgehend eine linke Perspektive bei dieser Wahl in Sachsen marginalisiert wurde. Das stellt antifaschistische Arbeit in diesem Bundesland in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen. Sie muss sich noch stärker im Netzwerk außerparlamentarischer Kräfte etablieren.
Auch das Ergebnis in Brandenburg ist dramatisch, selbst wenn das Ergebnis es der bisherigen Regierungskoalition ermöglicht, gemeinsam mit den Grünen die zukünftige Regierung zu stellen.
Auch hier zeigt sich eine gesellschaftliche Rechtsentwicklung in dem Wähleranteil von 23,5 % für die AfD. Eine Analyse der Wählerwanderung macht deutlich, dass die AfD ihre größten Zuwächse aus drei Quellen speiste: den bisherigen Nichtwählern, den Wähler der Oppositionspartei CDU und den Wählern der mitregierenden LINKEN. Offenkundig waren beide Parteien nicht in der Lage, ihre Politik gegen die AfD und für die Interessen der Menschen im Lande überzeugend darzustellen. Ein weiterer erschreckender Fakt ist eine geographische Spaltung des Bundeslandes, die sich ebenfalls in den Ergebnissen für die AfD ausdrückt. Während der „Speckgürtel“ um Berlin, durch ein wohlhabenderes Neubürgertum geprägt, den Grünen wahre Höhenflüge ermöglichte, erreicht die AfD in den südöstlichen und nordwestlichen Randgebieten Brandenburgs, die durch Abbau und Abwanderung geprägt sind, Zustimmungswerte sächsischen Ausmaßes.
Auch hier stehen antifaschistische Kräfte vor großen Herausforderungen. Denn oftmals fehlen in diesen ländlich oder kleinstädtisch geprägten Regionen eigene Strukturen, um als gesellschaftliche Gegenkraft sichtbar zu werden.
Nach diesen Wahlen und in Vorbereitung auf die Wahlen in Thüringen bleibt die Unterstützung von „Aufstehen gegen Rassismus“ und weiterer antifaschistischer Initiativen unabdingbar.
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