AfD und Berliner Polizei zerrten Kommunisten vor Gericht – Freispruch
Christoph Hentschel im Gespräch mit Stefan Natke, UZ vom 20.09.2019
Die DKP Pankow hatte am 9. März 2017 zusammen mit der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) und der „Antifa Nordost“ einen gemeinsamen Antifaschistischen Kiezspaziergang unter dem Motto „Auf den Spuren des Antifaschistischen Widerstands in Pankow“ durch den Stadtteil Pankow in Berlin veranstaltet. Zwei Jahre danach stand der Anmelder, Stefan Natke, von der DKP Pankow, vor Gericht und wurde freigesprochen.
UZ: Wie kam es zum Freispruch?
Stefan Natke: Die Frage müsste eigentlich heißen: Wie kam es zu der Anklage? Wir vermuten, dass es Verbindungen von der AfD in die Berliner Polizei gibt. Nachweisen kann man natürlich nichts, aber es ist schon sehr auffällig, dass der Strafbefehl der Polizei über ein Jahr nach der Aktion bei mir ins Haus flatterte und ich, nachdem ich Widerspruch eingelgt hatte, zwei Jahre später vor Gericht stand.
Das Gericht sprach mich frei, weil widerlegt wurde, was die Polizisten ausgesagt haben. Die Anklage war, ich hätte den Antifaschistischen Kiezspaziergang in Berlin-Pankow gegenüber dem, was ich angemeldet hatte, wesentlich anders durchgeführt. Dazu gab es noch eine Anzeige von der AfD wegen angeblicher Nötigung.
UZ: Woran macht ihr das fest?
Stefan Natke: Der Spaziergang endete an der Romain-Rolland-Straße, Ecke Blankenburger Straße. Die Straße ist nach dem französischen Schriftsteller und Antifaschisten Romain Rolland (1866 – 1944) benannt. Auf der Blankenburger Straße ist der Eingang zum „Heinersdorfer Krug“. Dort sollte am Abend eine AfD-Veranstaltung stattfinden.
Der Vorwurf war, wir hätten versucht, die AfD-Veranstaltung zu blockieren und unsere Redebeiträge hätten sich nicht auf den vergangenen Faschismus, sondern auf die AfD bezogen. Mehrere Polizisten sagten in diese Richtung aus. Mein Anwalt legte ein Video vor, auf dem man sehen konnte, dass es zwar Rufe wie „AfD – Rassistenpack, wir haben euch zum Kotzen satt“ aus der Menge gab, aber die Redebeiträge zu Rolland, zu Buchenwald und Auschwitz, zum Geschichsunterricht in der heutigen Zeit und so weiter gehalten wurden. Auf Nachfrage meines Anwalts konnten sich die Polizisten plötzlich nicht mehr daran erinnen. Der Staatsanwalt konnte dann schließlich nicht anders, als auf Freispruch zu plädieren.
UZ: Was ist aus der AfD-Anzeige wegen Nötigung geworden?
Stefan Natke: Die AfD hatte einen Zeugen benannt, dieser beschwor aber, dass er seit zwei Jahren nichts mehr mit der AfD am Hut hätte und verwahrte sich energisch dagegen, von der AfD als Zeuge benannt zu werden. Die geladenen Polizisten behaupteten, wir hätten den Eingang der Gastwirtschaft blockiert, was nicht stimmte, denn da standen, wie man im Video sehen konnte, Polizisten drin. So war auch das hinfällig.
UZ: Wie sieht es in Pankow sonst mit rechten Umtrieben aus?
Stefan Natke: Der „Heinersdorfer Krug“ war eine einschlägige Nazikneipe. Den gibt es aber heute zum Glück nicht mehr, weil es nach dem Spaziergang immer mehr Proteste aus dem Viertel gab. Pankow ist ein Viertel mit einer langen antifaschistischen Tradition, aber Buch, eine Hochhaussiedlung im Norden des Bezirks Pankow-Weißensee, hat ein Naziproblem. Der Bus nach Buch fuhr am „Heinersdorfer Krug“ vorbei und dort sind früher immer die Nazis eingestiegen und nach Hause gefahren und dabei „Punks“ und „zecken“ zu verprügeln.
UZ: Wie sieht es in Buch aus?
Stefan Natke: Es gibt in Buch ein sowjetisches Ehrenmal für die gefallenen Rotarmisten. Das müssen wir immer am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschimus, ganztägig bewacht werden, damit es nicht beschmiert und geschändet wird. Das macht die DKP Pankow zusammen mit VVN-BdA, „Antifa Nordost“ und mit einem Arbeitersportverein aus dem Wedding. Dessen Boxer-Abteilung ist da sehr dahinter und die Jungs waren dieses Jahr den ganzen Tag vor Ort. Es gab dieses Jahr keine Probleme und wir werden auch nächstes Jahr wieder gemeinsam zur Stelle sein.
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