22. November 2024

Schlammlawine vor Konzernzentrale

München, 17.10.2019. Schlammbeschmierte Menschen mit der Aufschrift „TÜV-Süd-zertifiziert“ vor der Unternehmenszentrale in München: Mit einer symbolischen Aktion haben MISEREOR und der BUND gegen das Verhalten des TÜV Süd im Zusammenhang mit dem tödlichen Dammbruch einer Eisenerzmine bei Brumadinho in Brasilien protestiert. Die Organisationen sind Teil der „Initiative Lieferkettengesetz“, die von der Bundesregierung einen gesetzlichen Rahmen fordert, um deutsche Unternehmen künftig zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards zu verpflichten und Schadensersatzklagen gegen mitverantwortliche deutsche Unternehmen zu erleichtern.

„Der TÜV Süd bescheinigt die Stabilität eines Damms, der wenig später bricht und hunderte Menschen in den Tod reißt. Der Fall ist schockierend – und er reiht sich ein in eine traurige Liste. Immer wieder tragen deutsche Unternehmen weltweit zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung bei. Das muss aufhören! Deswegen brauchen wir endlich ein Lieferkettengesetz“, sagt Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz.

Bei demDammbruch waren am 25. Januar 2019 mindestens 272 Menschen getötet worden, 21 davonwerden bis heute vermisst. Vier Monate zuvor hatte die brasilianischeTochterfirma des TÜV Süd eine Stabilitätserklärung für den Damm ausgestellt,obwohl den Verantwortlichen in Brasilien wie auch in München gravierendeSicherheitsmängel bekannt waren. Hinterbliebene von sechs Opfern haben deshalb am15. Oktober 2019 gemeinsam mit ECCHR und MISEREOR eine Strafanzeige gegen einendeutschen Mitarbeiter des TÜV Süd und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gegendas Unternehmen selbst gestellt.

„Durch die Stabilitätserklärung von TÜVSüd wurde ermöglicht, dass der Betrieb der Mine wie gewohnt weiterging. HätteTÜV Süd das Zertifikat verweigert, hätten die brasilianischen Behörden Stabilisierungs-oder Evakuierungsmaßnahmen anordnen müssen. Dann wäre mein Vater heute noch amLeben“, so MarcelaNayara Rodrigues, Tochter eines bei dem Dammbruch gestorbenen Mannes.

Durch den Dammbruch wurde auch der Fluss Paraopeba mit Schwermetallen verseucht, der die Region mit Trinkwasser versorgt hatte. „Der Fall macht deutlich, wie eng Umweltverbrechen und Menschenrechtsverletzungen häufig zusammenhängen“, erklärt Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern. „Die Schlammwelle hat durch die Vergiftung des Flusses die Lebensgrundlagen tausender Menschen und die Existenz vieler Fischer*innen zerstört und gefährdet das Menschenrecht auf Wasser in der Region.“

Bei der Aktion vor dem TÜV Süd symbolisierten schlammbeschmierte Menschen mit der Aufschrift „TÜV-Süd-zertifiziert“ die Opfer des Dammbruchs. Mitarbeiter*innen von BUND und MISEREOR hielten entsprechend der zentralen Forderung der „Initiative Lieferkettengesetz“ einen symbolischen gesetzlichen Rahmen. Die „Initiative Lieferkettengesetz“ ist ein Zusammenschluss von 74 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie tritt dafür ein, dass Unternehmen Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten vermeiden und fordert hierzu von der Bundesregierung die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens. BUND und MISEREOR gehören zu den 17 Trägerorganisationen der Initiative.

Die Initiative Lieferkettengesetz wird getragen von:

Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland e.V. (agl), Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Christliche Initiative Romero e.V. (CIR), CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Forum Fairer Handel e.V., Germanwatch e.V., Greenpeace e.V., INKOTA-netzwerk e.V., Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V., Oxfam Deutschland e.V., SÜDWIND e.V., ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Weltladen-Dachverband e.V., Werkstatt Ökonomie e.V.

Quelle:

Initiative Lieferkettengesetz

Brasilien