Den Schaffenden wird nichts geschenkt
Wie es die Praxis seit Jahren zeigt, landen Kollektivvertragsverhandlungen immer häufiger in der Sackgasse. Dies vor allem, weil von Unternehmerseite bei Lohnfragen das Bremspedal immer fester getätigt wird…
So dauerte es beispielsweise mehr als zweieinhalb Jahre und nahezu 20 Verhandlungsrunden bis sich bei ArcelorMittal Unternehmer und Gewerkschaften nach einem wahren Verhandlungsmarathon endlich einigen konnten. Viel kam dabei für die Schaffenden trotzdem nicht heraus, denn mit linearen Lohnerhöhungen von 0,75 Prozent für die Jahre 2019 und 2020 und 0,50 Prozent für 2021 sowie einem außerordentlichen Jahresbonus von 300 Euro fiel das Resultat im Vergleich zu den vom Konzern erzielten Gewinne letztendlich recht bescheiden aus.
Bei Cactus ergibt sich ein nahezu identisches Bild. Auch dort sitzen Patronat und Gewerkschaften schon seit mehr als einem Jahr am Verhandlungstisch. Dies ohne Resultat, so dass die Verhandlungen zur Erneuerung des Kollektivvertrags auch dort inzwischen in einer Sackgasse gelandet sind. Trotz der im Vorjahr von Luxemburgs größter Supermarktkette erzielten Rekordgewinne stoßen die finanziellen Forderungen der Gewerkschaften – minimale lineare Lohnaufbesserungen und Aufstieg in eine höhere Lohnklasse bereits nach zwei statt wie derzeit erst nach drei Jahren – beim Patronat seit Januar dieses Jahres auf taube Ohren. Weicht die Cactus-Direktion nicht von ihrer sturen Haltung ab, so dürfte ein Schlichtungsverfahren die nächste Etappe in diesem Tarifstreit sein.
So wie es übrigens vor einem Jahr auch beim Unternehmen Luxtram der Fall war – eine Gesellschaft, die zu Zweidrittel dem Staat und zu einem Drittel der Stadt Luxemburg gehört und somit öffentlichen Charakter hat. Nachdem alle Verhandlungen für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen gescheitert waren, sahen sich die Gewerkschaften gezwungen, das Nationale Schlichtungsamt mit dem Dossier zu befassen. Es dauerte dann fast noch ein ganzes Jahr, ehe endlich der erste Kollektivvertrag bei Luxtram unterzeichnet wurde. Für die Beschäftigten ein erster Schritt in die richtige Richtung, auch wenn ihre Lohnbedingungen nach wie vor deutlich unter den im öffentlichen Sektor üblichen Gehälter liegen.
Wenn von Tarifstreit die Rede ist, dürfen auf keinen Fall die langen und schwierigen Verhandlungen unerwähnt bleiben, bis vor zwei Jahren im SAS-Sektor ein neuer Kollektivvertrag endlich unter Dach und Fach war, die Laufbahnen der Beschäftigten aufgewertet und neu eingestuft waren. Vorausgegangen waren drei lange Jahre, gekennzeichnet von vielen Konflikten und Mobilisierungskampagnen – wobei der Höhepunkt eine große Demo in der Hauptstadt war, an der sich über 9.000 Beschäftigte aus den Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesen beteiligten.
Vier Beispiele, die in aller Deutlichkeit zeigen, dass das Patronat nicht freiwillig zu Zugeständnissen und Kompromissen bereit ist, sondern nichts unversucht lässt, um seine »lieben Mitarbeiter« in höchstmöglichem Ausmaß ausbeuten zu können. Zu dieser Logik gehört auch, dass in den letzten Jahren in so manchen Betrieben Einstiegslöhne gekürzt, Prämien, Zuschüsse und Sonderregelungen beschnitten oder abgeschafft und Urlaubstage für Neueingestellte gestrichen wurden.
Auch zeigen die oben zitierten Beispiele genau so deutlich, dass den Schaffenden nichts geschenkt wird, bessere Arbeitsbedingungen und höhere stets erkämpft werden müssen.
Ziele, die ohne starke Gewerkschaften und kampfbereite Lohnabhängige nur schwer zu erreichen sind.
gilbert simonelli
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