Auch 2020 weiter stramm in den Polizeirechtsstaat?
Ein repressives Jahr liegt hinter uns, das geprägt war von massiven Einschränkungen elementarer Grundrechte, einschneidenden Maßnahmen gegen politische Betätigungsmöglichkeiten und staatlichen Angriffen gegen linke Bewegungen. Die Meinungs- und Pressefreiheit wurde in vielfältiger Weise verletzt – angefangen beim Verbot des oppositionellen kurdischen Mezopotamya-Verlags über die zunehmende Behinderung von kritischen Journalist*innen am Rand von Demonstrationen bis hin zum anhaltenden Verbot der linken Online-Plattform linksunten.indymedia, dessen „Rechtmäßigkeit“ am 29. Januar 2020 gerichtlich geklärt wird.
In vielen Bundesländern prägend waren die breiten Proteste gegen die erneuten Verschärfungen von Polizeigesetzen, die den Ermittlungsbehörden umfassende Überwachungsmöglichkeiten, die Verhängung von präventiver Unendlichkeitshaft und die Ausstattung mit Kriegswaffen zugestehen. In den kommenden Monaten werden in weiteren Bundesländern neue Polizeigesetze beschlossen, die dort bereits in den Landtagen diskutiert werden.
Als Reaktion auf den wachsenden faschistischen Terror, der sich immer häufiger in mörderischen Anschlägen auf Synagogen und Moscheen, brutalen Attacken gegen migrantische Menschen und Morden an missliebigen Politiker*innen zeigt, kündigte die Regierung die Erhöhung der Stellen bei Kriminalämtern und Inlandsgeheimdienst an. Damit macht das Innenministerium den Bock zum Gärtner, indem gerade diejenigen Behörden, deren Verwicklungen in neonazistische Terrorbanden in den letzten Jahren regelmäßig für Furore sorgten, als Bastionen gegen Rechts aufgebaut werden sollen: der so genannte Verfassungsschutz war schon durch seine personelle Verquickung mit der Rechtsaußen-Partei NPD Grund dafür, dass deren Verbot scheiterte, und spielte bei den jahrelangen Morden der Naziorganisation NSU eine bis heute nicht aufgeklärte Rolle. Die Polizei, die sich lieber der Hatz gegen Linke widmet, wurde bundesweit durch ihre Mitarbeit bei rechten Umtrieben wie „NSU 2.0“ und dem „Hannibal“-Netzwerk bekannt, nicht aber durch ihr Engagement gegen Rechts. Ausgestattet mit mehr Personal und weiteren Überwachungsmöglichkeiten wird sich die Situation noch verschärfen.
Zudem wurden die Finanzämter als neue Akteure staatlicher Repression gegen linke Strukturen etabliert, indem politisch missliebigen Vereinen wie der globalisierungskritischen Organisation attac und zuletzt der antifaschistischen VVN-BdA die Gemeinnützigkeit entzogen und somit die finanzielle Grundlage ihrer Arbeit zerstört wird.
Ebenso ging die Verfolgung linker migrantischer Politiker*innen weiter, beispielsweise durch den seit nunmehr dreieinhalb Jahren laufenden Münchner TKP/ML-Prozess gegen zehn türkische Kommunist*innen oder durch verschiedene 129b-Prozesse gegen engagierte Kurd*innen, die großteils in Haft sind. Doch auch ansonsten wächst die Zahl der politischen Gefangenen: immer häufiger werden linke Aktivist*innen in lange Untersuchungshaft genommen wie im Fall der „Drei von der Parkbank“ in Hamburg, und die Proteste gegen den G20-Gipfel 2017 dienen weiterhin zur massiven Kriminalisierung von Linken. Mit gleich drei Massenprozessen wegen Teilnahme am Demonstrationszug im Rondenbarg steht für das kommende Jahr ein großes Repressionspaket bevor, dem wir mit unserer kollektiven Solidarität begegnen müssen, um die fast vierzig Betroffenen zu unterstützen. Hier ist die Mithilfe aller solidarischen Menschen gefragt: durch Spenden, Öffentlichkeitsarbeit, Prozessbegleitung und die Teilnahme an Protesten muss den staatlichen Angriffen geschlossen entgegengetreten werden. Auf diese Weise ist es auch bei den anderen Repressionsangriffen möglich, Erfolge zu verzeichnen, wie wir im vergangenen Jahr sehen konnten: durch anhaltende Proteste kamen nicht nur einige vom türkischen AKP-Regime inhaftierte Aktivist*innen frei, sondern auch inzwischen neun der im Münchner TKP/ML-Prozess Angeklagten sowie der französische Gipfelgegner Loïc, der nach 16 Monaten Untersuchungshaft am 18. Dezember freikam.
Und die Breite der Antirepressions- und Solidaritätsbewegung wächst: das zeigte sich nicht nur an den breiten Bewegungen gegen die Verschärfung der Polizeigesetze und den massenhaften Protesten gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit linker Organisationen, sondern auch an den Tausenden Beitritten zur Roten Hilfe e.V.
Der wachsenden Repression kann nur durch stärkere Solidarität begegnet werden.
Gemeinsam und solidarisch gegen die Angriffe auf Linke und gegen den Ausbau des Polizeirechtsstaats!
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