Budgetrede II: Wie geht es den Menschen, die in Graz wohnen?
In der Budgetrede beleuchtet Klubobmann Manfred Eber wie es den Menschen in Graz geht und wie sich ihr Leben seit Schwarz-Blau in unserer Stadt verändert hat.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitglieder des Stadtsenats, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte zunächst meine Aufmerksamkeit jenen Menschen widmen, die in Graz ihren Lebensmittelpunkt haben, hier arbeiten und v. a. hier wohnen. Diese Menschen nämlich sind es, denen wir uns verpflichtet fühlen, für die und mit denen wir Politik machen, deren Sorgen und Nöte wir ernst nehmen.
Vor nunmehr gut zweieinhalb Jahren wechselte das Wohnressort in den Zuständigkeitsbereich von Vizebürgermeister Eustacchio. Was ist seither geschehen? Haben sich die Bedingungen im Bereich der Gemeindewohnungen verbessert? Meine Kollegin Sahar Mohsenzada hat bereits darauf hingewiesen, dass sich die Wartelisten und Wartezeiten deutlich verkürzt haben. Aber hat das auch eine positive Auswirkung auf die Wohnsituation in unserer Stadt?
„Prekäre Wohnverhältnisse nehmen zu. Durch befristete Mietverhältnisse werden viele Menschen in unserer Stadt zu einem Nomadentum gezwungen.“ Manfred Eber
Mit der Verschärfung der Richtlinien für die Zuweisung von Gemeindewohnungen, mit der steigenden Zahl an Verzicht auf die Mietzinszuzahlung, mit dem Druck, nur wenige Wohnungsangebote zu bekommen und sich rasch für eine Wohnung entscheiden zu müssen, haben sich die Bedingungen nicht verbessert, nicht für die ÖsterreicherInnen, schon gar nicht für unsere Mitbürger mit einer anderen (Nicht-EU-)Staatsbürgerschaft.
Prekäre Wohnverhältnisse nehmen zu.Durch befristete Mietverhältnisse werden viele Menschen in unserer Stadt zu einem Nomadentum gezwungen. Alle paar Jahre stehen daher viele immer wieder vor den gleichen Problemen: wo finde ich eine einigermaßen leistbare Wohnung, wie bezahle ich Kaution, Provision, Umzugskosten, notwendige Neuanschaffungen? Wir – die KPÖ – treten für grundsätzlich unbefristete Mietverträge ein, für klare Mietzinsobergrenzen und für die Abschaffung der Maklerprovison für MieterInnen.
Im Zusammenhang mit dem Wohnen stellen auch steigende Gebühren und Tarife für Müll, Kanal, Wasser eine Belastung dar. Bereits unter der schwarz-grünen Stadtregierung wurde die automatische Wertsicherung eingeführt. Das bedeutet, dass Erhöhungen in den Bereichen Kanal und Müll automatisch erfolgen und der Gemeinderat nicht mehr darüber beschließt. Dies wäre aber auch deshalb wichtig, weil Erhöhungen dann zumindest begründet werden müssen. Wir setzen uns für die Abschaffung der Gebührenautomatik ein, und wir setzen uns für einen Gebührenstopp ein, damit die Menschen in unserer Stadt zumindest ein bißchen durchatmen können. Für die meisten von uns, vielleicht für alle, mag eine Erhöhung der Betriebskosten um 5,– oder 10,– Euro nicht viel sein. Für Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, summieren sich aber derartige scheinbare Bagatellbeträge – und am Ende des Geldes ist dann noch viel Monat übrig.
Ein umstrittenes Projekt wurde heute ja bereits angesprochen, die Plabutschgondel.
Wir haben von Anfang an klar gemacht: wir wollen diese Gondel nicht und Gründe für unsere Ablehnung gibt es einige, und gute Gründe sind es noch dazu.
Bürgermeister Siegfried Nagl selbst war es, der Anfang September mit der Mitteilung aufhorchen ließ, dass das Geld für die Plabutsch-Gondel doch besser in einen Klimafonds gesteckt werden soll. Dreißig Millionen für Maßnahmen gegen den Klimawandel wurden in Aussicht gestellt.
„Plabutsch-Gondel: Es mutet aber eigenartig an, wenn man sich den Umweltschutz auf die Fahnen heften möchte, gleichzeitig aber Umweltzerstörung plant.“ Manfred Eber
Es mutet aber eigenartig an, wenn man sich den Umweltschutz auf die Fahnen heften möchte, gleichzeitig aber Umweltzerstörung plant. 3.600 Bäume müssten geschlägert werden. Das alleine wäre schon ein massiver Eingriff in die relativ unberührte Natur. Mit einer Kapazität von bis zu 1.600 beförderte Personen pro Stunde kann man sich auch leicht die Auswirkungen ausmalen, die auf das Gebiet um den Fürstenstand zukommen. Unter dem Schlagwort der „Attraktivierung“ wird hier wohl eine Event-Stätte entstehen, um möglichst viele Personen anzulocken. Erholung, Natur und Tiere bleiben wohl auf der Strecke.
Auch aus Kostengründen sprechen wir uns gegen dieses Projekt aus. Nachdem am Anfang noch von 25 Millionen geprochen wurde, sind nun schon rund 38 Millionen für die Plabutsch-Gondel in Diskussion. Zahlreiche Beispiele im In- und Ausland zeigen aber, dass mit Kostenüberschreitungen fast zwingend gerechnet werden muss. Aber auch 38 Millionen für ein Prestigeprojekt, das praktisch niemand braucht und fast niemand will, sind zuviel.
Und bereits jetzt kostet die Planung für die Gondel nicht wenig: eine Million Euro wurde in zwei Tranchen bereits im Gemeinderat für Planungen bereits beschlossen, 450.000 Euro sollen nächstes Jahr über die Holding fließen.
Wer behauptet, die Plabutschgondel wäre eine innovative Verkehrslösung, der irrt sich entweder, oder er möchte die Menschen in Graz bewusst in die Irre führen. Es wird wohl niemand ernsthaft glauben, dass jemand aus dem westlichen Umland von Graz mit dem Auto zum Thalersee fährt, um von dort in eine Gondel umzusteigen, die über den Plabutsch fährt, und dafür noch 13 – 15 Euro bezahlt – pro Fahrt. 38 Millionen Euro – jeder kann sich selber ausrechnen, ob es nicht besser wäre, dieses Geld für den Öffentlichen Verkehr auszugeben, z. B. für die Erhöhung der Zuzahlung für das Graz-Jahresticket. „Wie das Geld verpulvert wurde“ haben wir 2007 geschrieben, nun soll frisch und munter weiterpulvert werden.
Für mich wird eines zunehmend offensichtlich: die Volksbefragung über dieses Projekt soll erst stattfinden, wenn möglichst viele unumkehrbare Fakten geschaffen wurden.
Im Feber sprachen sich die gondolieri Nagl und Eustacchio aufgrund des Drucks der KPÖ für eine Volksbefragung im Frühjahr 2020 aus. Später war dann von Sommer 2020 die Rede, dann von einem Termin in der nächsten Gemeinderatsperiode.
Wir waren und wir sind der Meinung: je früher eine Volksbefragung stattfindet, desto geringer sind die Kosten, die entstehen, wenn die Grazerinnen und Grazer dieses Projekt ablehnen. Bereits bei der Idee, olympische Spiele in Graz abzuhalten, lautete die Bilanz: „außer Spesen nichts gewesen!“ Und genau das droht beim Gondelprojekt wieder. Deshalb haben wir uns vor wenigen Tagen dazu entschlossen, eine Volksbefragung nach dem steiermärkischen Volksrechtegesetz in die Wege zu leiten. Dafür müssen wir 10.000 Unterschriften von Grazerinnen und Grazern sammeln. So gut sollte man uns inzwischen auch schon kennen, um zu wissen: wir schaffen das.
Zuletzt möchte ich noch auf ein nicht nur mir persönliches wichtiges Thema kurz eingehen:
Bereits 1993 hat sich die KPÖ in einem Dringlichkeitsantrag für die Einführung eines Sozialpasses, für Menschen, denen es nicht so gut geht, eingesetzt. Immer wieder wurde diese Forderung von Elke Kahr und später Uli Taberhofer erhoben.
Es war sehr erfreulich, dass es im September 2012 zu einem einstimmigen Beschluss für die Einführung der nunmehr so genannten Sozialcard gekommen ist. Übereinstimmendes Ziel war es, Anspruchsberechtigten (GIS-Befreiung) unbürokratische Unterstützung zukommen zu lassen und eben nicht für jede Leistung einen eigenen Antrag stellen zu müssen. Das ist auch deswegen wichtig, weil wir wissen, dass sich viele Leute scheuen, Leistungen in Anspruch zu nehmen, zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aus Scheu.
„SozialCard: Tatsächlich wird hier aber der Weg zurück in die Vergangenheit eingeschlagen.“ Manfred Eber
Dass nunmehr seit 2018 für die Weihnachtsbeihilfe und für den Energiekostenzuschuss ein eigener Antrag notwendig ist, halte ich zum einen für kontraproduktiv, zum anderen für empörend.
Kontraproduktiv, weil nun erst wieder ein Mehraufwand entsteht, sowohl für die InhaberInnen der Sozialcard als auch für die MitarbeiterInnen im Sozialamt, und empörend, weil die InhaberInnen der Sozialcard zusätzlich noch unter einen Generalverdacht gestellt werden: sie könnten ja die 50 Euro in Zigaretten oder Alkohol investieren. Dieses Mißtrauen gegenüber Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze leben, ist zynisch. Und es hilft auch nicht gegen scheinbar mißbräuchliche Verwendung.
Wie u. a. Martina Schröck im September 2012 und Bürgermeister Nagl im Oktober 2015 völlig richtig gesagt haben: die Leistungen der Sozialcard müssen ausgebaut werden. Tatsächlich wird hier aber der Weg zurück in die Vergangenheit eingeschlagen, und dafür sind wir nicht zu haben.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei all jenen – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im „Haus Graz“ bedanken, die tagtäglich dafür sorgen, dass unsere Stadt funktioniert und lebenswert ist:
Stellvertretend für alle, bei:
Karl Kamper und Michael Kicker und ihrem Team Bettina Infeld-Handl, Magistratsdirektor Martin Haidvogel, Baudirektor Bertram Werle, Stadtplanungschef Bernhard Inninger, Rechnungshofdirektor Hans-Georg Windhaber, Thomas Fischer, Barbara Urban und Wolfgang Feigl und allen Amts- und Abteilungsleitern und Geschäftsführern.
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