20. November 2024

Die Dinge beim Namen nennen

In den Medien sind die jüngsten Ereignisse, die zu einer massiven Eskalation der Lage im Nahen Osten geführt haben, derzeit in den Schlagzeilen. Allerdings muß man bei den Meldungen in den bürgerlichen Medien auch mal etwas genauer hinschauen und Aussagen in Frage stellen. Denn die meisten Berichte beginnen mit Darstellungen, die nicht den Tatsachen entsprechen.

Da ist permanent von der »Tötung« des Generals Soleimani und seiner Begleiter die Rede. Das ist nicht wirklich eine Lüge, hat aber mit Tatsachen wenig zu tun. Denn diese gezielte Tötung ranghoher Militärs durch eine ferngelenkte Drohne des Typs »Sensenmann« war nichts anderes als ein feiger Mordanschlag. Alle an den blondierten Haaren des USA-Präsidenten herbeigezogenen Begründungen für diesen Auftragsmord sind von vorn bis hinten erstunken und erlogen.

Da ist von einem Akt der »Selbstverteidigung« die Rede, man habe »amerikanische Interessen schützen« müssen, heißt es. Selbstverteidigung ist, wenn man sich gegen einen Angriff zur Wehr setzt. Allerdings bezweifeln selbst höchste Kreise in Washington, daß ein Angriff oder auch nur die Absicht eines Angriffs irgendwie nachweisbar ist. Und welche – und wessen – Interessen haben denn die USA im Nahen Osten zu verteidigen?

In einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur kam am Freitag einmal das Wort »Ermordung« vor. Diese völlig richtige Wortwahl wurde wenig später in einer »Berichtigung« von dpa in »Tötung« verändert. Damit entsprach man der offiziellen Sichtweise der westlichen Politik, die auch in den Reaktionen der Repräsentanten der EU, insbesondere Deutschlands, Frankreichs und Britanniens zum Ausdruck kommt. Man ermahnt zur Zurückhaltung, wendet sich aber ausdrücklich vor allem an den Iran.

Der eben erst ins Amt gekommene Zuständige für die Außenpolitik der EU, der Spanier Josep Borrell, »bedauert« in einer Erklärung die Entscheidung des Iran, nun auch aus dem Atomabkommen auszusteigen. Das ist – freundlich formuliert – heuchlerisch, wenn man bedenkt, daß USA-Präsident Trump bereits im Mai 2018, also vor mehr als anderthalb Jahren, das Abkommen per Dekret aufgekündigt hatte und daß die beteiligten EU-Staaten Frankreich, Britannien und Deutschland trotz aller Beteuerungen nichts unternommen haben, um das Abkommen zu retten. Da siegten stets Bündnisinteressen mit den USA und der Kotau vor Israel selbst über handfeste wirtschaftliche Interessen.

Auch die Berichte von einem anderen Schauplatz der Politik strotzen vor Falschmeldungen. Die Rede ist von Venezuela, wo am Sonntagabend der Putschversuch eines Möchtegern-Staatschefs ein Ende gefunden hat. Mehr als 50 Staaten hatten den oppositionellen Schreihals Juan Guaidó unterstützt, der sich am 23. Januar letzten Jahres zum »Beauftragten Präsidenten« ernannt hatte. Nun zeichnete sich bereits lange vor dem Sonntag ab, daß Guaidó, der trotz großzügiger politischer und finanzieller Hilfe aus dem mit ihm befreundeten Ausland kein einziges seiner Ziele auch nur annähernd umsetzen konnte, die Wahl zum Parlamentspräsidenten nicht mehr gewinnen konnte. Also ging er gar nicht erst hin und ließ sich statt dessen beim Besteigen eines Zaunes fotografieren. In den bürgerlichen Medien der westlichen Welt bedauert man immer noch, daß der Putsch in Caracas nicht gelungen ist. Zum Ausgleich darf dann ein »Kenner« im »Tageblatt« ausführlich darüber referieren, daß der Putsch in Bolivien eigentlich gar kein Putsch war…

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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