Das Gegenteil von Frieden
Lassen wir einmal ein paar Eindrücke von der Münchner »Sicherheitskonferenz« Revue passieren, vor allem solche, die es in die Schlagzeilen geschafft haben. Da festigt sich der Eindruck, daß es in diesem Jahr noch stärker als bei den früheren Konferenzen tatsächlich in erster Linie um Krieg geht. Die Akteure der wichtigsten westlichen Staaten – Mister Pompeo vom USA-Außenministerium, Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Maas aus den Berliner Ministerien für »Verteidigung« und für Äußeres, Monsieur Macron aus dem Pariser Élysée – machten deutlich, daß sie die Worte »si vis pacem para bellum«, die dem alten römischen Berufsredner Cicero zugeschrieben werden und auch den Kadetten in den preußischen Militärschulen eingebläut wurden, durchaus ernst nehmen. »Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor« gilt auch den heutigen Berufsrednern des Westens, in ihrer eigenen Auslegung.
Angeblich geht es bei der Konferenz in München – die früher einmal Wehrkunde-Tagung hieß – um »Sicherheit«. Allgemein könnte man mit gesundem Menschenverstand annehmen, dies bedeutet, nach allen Mitteln und Möglichkeiten suchen, um eine höchstmögliche Sicherheit für unseren Planeten und seine Bewohner zu erreichen. Zu schaffen wäre das zuvörderst mit der Abschaffung von Kriegen. Soweit unsere Logik.
Politiker, deren vornehmste Aufgabe darin besteht, die höchstmöglichen Profitraten für die Besitzenden zu sichern, haben eine andere »Logik«. Da geht es in erster Linie um Vorherrschaft in der Welt, also dafür zu sorgen, daß »wir« – und niemand anders – die Produktivkräfte und die Ressourcen besitzen oder zumindest nach Kräften ausnutzen können, und auch darum, daß die Transportwege für Bodenschätze und Produkte gesichert werden. Jegliche Störung dieser Logik ist zu bekämpfen, mit allen Mitteln.
Nun ist es allerdings nicht so, daß »der Westen« uneingeschränkt über die ganze Welt herrscht, auch wenn der USA-Außenminister im Trumpschen Wahlkampfstil verkündet, »der Westen« werde »siegen«. Alles wäre viel schöner, wenn nicht Rußland und China sowohl wirtschaftlich als auch militärisch im Wege stehen würden, wenn nicht dieser dumme Assad den Anspruch auf die Souveränität Syriens betonen würde, wenn da nicht renitente Politiker in Lateinamerika wären, die nicht bereit sind, sich bis zur Unkenntlichkeit vor den Herrschern des Westens zu verbiegen. Dazu kommt noch dieser blöde Krieg in Libyen, den man zwar vor neun Jahren selbst angezettelt hat, dessen Folgen man aber nicht in den Griff bekommt.
In dieser Situation fällt diesen Leuten nichts anderes ein als nach mehr Stärke zu rufen. Was vor allem bedeutet, gegenüber den Renitenten in aller Welt militärische Macht zu demonstrieren und, wenn das nicht ausreicht, sie auch anzuwenden.
Wie sehr wir uns an die ständigen Kriegsdrohungen gewöhnt haben, zeigt ein Beispiel. Als im Dezember 2002 der damalige (sozialdemokratische) deutsche »Verteidigungsminister« Peter Struck öffentlich erklärte, die »Sicherheit Deutschlands« werde »auch am Hindukusch verteidigt«, ging ein lautes Raunen selbst durch bürgerliche Medien. Das hatte bisher kein Regierender so deutlich zu sagen gewagt. Wenn nun der (sozialdemokratische) deutsche Außenminister Heiko Maas in München erklärt, »deutsche Sicherheit« werde heute auch »im Irak, in Libyen und im Sahel« verteidigt, dann kommt er mit dieser Ungeheuerlichkeit nicht einmal mehr in die Schlagzeilen. Das hat nichts mit Sicherheit zu tun, denn das ist genau das Gegenteil von Frieden.
Uli Brockmeyer
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