Abschiebehaft geht vor Corona?
Afghanistan, Nigeria, jetzt vermutlich auch Pakistan. Eine Charterabschiebung nach der anderen wird abgesagt. Zwangsläufig müssen die Personen in Abschiebehaft damit auf freien Fuß gesetzt werden. Abgesagt werden die Flüge nicht vom Bundesinnenministerium, vielmehr akzeptieren die meisten Herkunftsländern in der Corona-Krise keine Abschiebungen. Eine dem Bayerischen Flüchtlingsrat vorliegende Liste des Auswärtigen Amtes zeigt, dass die Herkunftsländer inzwischen nur noch eingeschränkt oder gar nicht bei Abschiebungen kooperieren.
Trotzdem: in Bayern befinden sich noch immer ca. 20 bis 30 Personen in Abschiebehaft. Angesichts des Umstands, dass Abschiebungen nur selten noch stattfinden können, ist das sehr fragwürdig. Es geht hier auch nicht nur um Straftäter*innen, in Eichstätt und Erding sitzen abgelehnte Asylsuchende ohne jegliche Vorstrafen, obwohl es schon jetzt deutlich ist, dass in absehbarer Zeit eine Abschiebung nicht möglich ist. Und selbst, wenn dies der Fall sein sollte, wird es mit erheblichen Risiken für die Betroffenen verbunden sein. Die geplante Abschiebung nach Pakistan geht etwa in ein Land, das schnell wachsende Zahlen von Corona-Infizierten aufweist, und das nicht über ein tragfähiges allgemeines Gesundheitssystem verfügt.
„Überall, und vor allem seitens der Innenminister, wird dem Kampf gegen die Corona-Pandemie gerade absolute Priorität eingeräumt. Im Asylrecht sehen wir aber, dass hinter dieser Fassade andere Maßstäbe gelten. In den Ausländerbehörden haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter ihren Schreibtischen verschanzt. Aus Sicherheitsgründen gibt es keinen Kundenkontakt mehr, aber mit dem Leben und der Freiheit von Flüchtlingen treiben diese Leute ein zynisches Spiel. Menschen werden wochenlang in Haft genommen, obwohl die Abschiebung oft nicht durchführbar ist, und wenn es doch geht, dann gern mit hohem Risiko für die Flüchtlinge. Wir fordern den bayerischen Innenminister Herrmann auf, auch innerhalb seiner Behörde dafür zu sorgen, dass der Kampf gegen Corona ernst genommen wird. Bayern muss dem Beispiel anderer Bundesländer, z.B. Niedersachsens, folgen und die Abschiebehaft für die Dauer der Krise dichtmachen,“ fordert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
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