23. November 2024

Handy-Daten-Tracking: Grundrechte gelten auch in Krisenzeiten

Zu den Plänen der Bundesregierung, über Handy-Daten-Kontakte potenziell Covid-19-infizierte Personen zu identifizieren, erklärt Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:

„Nachdem Gesundheitsminister Spahn zuerst Funkzellenabfragen zur Kontaktverfolgung Covid-19-infizierter Personen vorschlug, die weder sinnvolle Erkenntnisse gebracht noch grundrechtskonform gewesen wären, gibt es inzwischen auch Konzepte von Tracking-Apps, die datenschutzrechtlich unbedenklich sind, da sie keine personenbezogenen Daten speichern.

Die Nutzung von Tracking-Apps ist für DIE LINKE nur dann akzeptabel, wenn sie dem Prinzip von Privacy by Design folgen, also keinerlei personenbezogene Daten erfassen, die nicht notwendig sind, wie z.B. Bewegungsprofile. Für die Einschätzung potenzieller Infektionsrisiken werden nur Informationen zu räumlicher Nähe (unter zwei Meter) und Dauer der Nähe (über 15 Minuten) benötigt, keineswegs Informationen dazu, an welchem Ort eine Begegnung stattgefunden hat.

Außerdem muss eine solche App freiwillig bleiben, und alle Daten müssen automatisch nach einer Frist von maximal 21 Tagen gelöscht werden. Die App ‚TraceTogether‘ aus Singapur könnte eine Basis für eine Deutsche Covid-19-Tracking-App sein, da sie über Bluetooth zufallsgenerierte, häufig wechselnde IDs zwischen Geräten in der Nähe austauscht und nur diese IDs bei expliziter Zustimmung Erkrankter an das Gesundheitsamt weitergegeben werden. Über eine Pushnachricht in der App kann das Gesundheitsamt Besitzer von Geräten mit diesen IDs über ihr Infektionsrisiko informieren und sie auffordern, sich testen zu lassen und zu Hause zu bleiben.

Es ist also möglich, datenschutzsensible Tracking-Apps zu entwickeln, die durch hohe Akzeptanz und große Verbreitung stark dazu beitragen können, Covid-19-Infizierte noch in der Inkubationszeit zu erreichen, dadurch früher als bisher zu testen und Infektionsketten zeitig zu unterbrechen. Dieser Nutzen entsteht jedoch erst, wenn es einen massiven Ausbau der Testkapazitäten gibt. Außerdem müssen alle Nutzer der App bei Vorlegen einer solchen behördlichen Pushnachricht den Anspruch auf einen Covid-19-Test mit Kostenübernahme durch die Krankenkassen und auf häusliche Quarantäne ohne Lohnausfall erhalten. Nur mit der Kombination dieser Maßnahmen wird eine Tracking-App ihr Ziel erreichen: Neuinfektionen zu verringern und Menschenleben zu retten.

Alle anderen Varianten von Handy-Daten-Tracking, die personenbezogene Daten erheben und unverhältnismäßig sind, lehnt DIE LINKE ab. Grundrechte heißen schließlich Grundrechte, weil sie immer gelten, also auch in Krisenzeiten. Sie ohne Notwendigkeit aufzuweichen, wäre ein schäbiges Ausnutzen der Angst von Menschen und wird auf unseren heftigen Widerstand treffen.“

Quelle:

Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag

Repression