24. November 2024

Neue Wege gehen: Video-Podcasts der IG Metall Ostsachsen

Fragen an Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen

Wie sieht Eure aktuelle Situation in der Geschäftsstelle Ostsachsen aus?

Jan Otto: Wir haben leider viele Betriebe, die in die Kurzarbeit gehen müssen –besonders betroffen sind wir von den Grenzschließungen, da wir viele Berufspendler aus Polen und Tschechien in unseren Betrieben haben, die jetzt nicht mehr ohne weiteres hier arbeiten können. Auch das Runterfahren der Industrie in Italien hat massive Auswirkungen auf unsere Betriebe.

Wir haben es aber in vielen Unternehmen geschafft, durch Betriebsvereinbarungen das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Wir wünschen uns mehr Unterstützung seitens der Politik, denn momentan bekommen die Unternehmen 100 Prozent Unterstützung und unsere Kolleginnen und Kollegen müssen einen viel höheren Anteil der Last tragen. Wenn man schon zu solch einschneidenden Maßnahmen greift, dann muss man nicht nur die Wirtschaft an sich retten, sondern auch die Beschäftigten, die sie am Laufen hält. Die Konsumkraft der Kolleginnen und Kollegen ist das Rückgrat unserer Marktwirtschaft. Gerade in Krisenzeiten müssen wir sie stabilisieren, um nach der Krise schneller wieder ins Laufen zu kommen.

Wir bekommen aktuell wahnsinnig viele Anrufe und Mails. Die Leute sind verunsichert und viele merken auch, dass es mit Betriebsrat und IG Metall eindeutig besser durch die Krise geht!

Was für Fragen richten die Mitglieder an Euch? Wie könnt Ihr unterstützen?

Es geht ganz konkret um Fragen zur Kurzarbeit, generell zum Umgang mit der Mitbestimmung in solch einer Ausnahmesituation und ob Krise oder nicht – die Arbeitgeber bleiben oft auch in ihrer Rolle und bescheren unseren Mitgliedern die üblichen Probleme, die es auch ohne Krise gibt. Das geht von Kündigungen bis hin zu Versuchen, in der Krise mal eben bestimmte Regelungen einzuführen, die zu Ungunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wirken würden.

Und da es ja momentan eine Art „Kontaktverbot“ gibt, wir aber die Geschäftsstelle in solch einer Situation auf gar keinen Fall schließen wollten, haben wir uns dazu entschieden, Video-Podcasts zu drehen und damit auch ohne persönlichen Kontakt im Dialog mit unseren Mitgliedern zu bleiben.

Was ist ein Video-Podcast? Wo können Interessierte diesen ansehen?

Wir drehen zu Fragen, die häufig gestellt werden, kleine Filme, die wir über die Internetseite www.igmetall-ostsachsen.de, über Facebook und auf youtube und Instagram (Links unten) stellen. Dadurch hoffen wir, Fragen, die häufig gestellt werden, schnell und unkompliziert zu beantworten. So entsteht eine neue Form der Kommunikation, die wir gerade nutzen müssen, um das direkte Gespräch zu ersetzen, das entweder aus Schutzgründen oder aus Zeitmangel nicht möglich ist.

Im ersten Schritt stellen wir dabei die politischen Sekretäre der Geschäftsstelle vor und regen auch zum Dialog per E-Mail, über die Kommentarleisten der Social Media Plattformen oder per Telefon an. Wir wollen uns den Themen widmen, die uns die Kolleginnen und Kollegen vorgeben. Innerhalb der nächsten Tage werden wir auch mit Betriebsräten, Vertrauensleuten und Aktiven kurze Videos drehen, in denen sie über ihre persönliche Situation reden, wie es ihnen gerade geht und was sie gerade tun, um ihre Kolleginnen und Kollegen so gut wie möglich zu schützen und zu unterstützen.

Was kann die IG Metall gerade tun?

Die IG Metall ist die stärkste und wichtigste Kraft, die Angestellte und Arbeiterinnen haben. Das gilt besonders in Krisenseiten. Für uns ist wichtig, dass wir für die Menschen in unserer Region ansprechbar bleiben. Wir stehen mit Rat und Tat zur Seite und sind für unsere Mitglieder, Betriebsräte, Vertrauensleute und Aktive da.

Wir erleben gerade jetzt, wie wichtig die Mitbestimmung und eine starke IG Metall in den Betrieben sind. In gut organisierten Betrieben bekommen wir schnell gute Betriebsvereinbarungen hin oder verhindern Unsinn, den die Arbeitgeber unter dem Krisen-Vorwand machen wollen. Gleichzeitig spüren wir eine starke Solidarität und ein Gemeinschaftsgefühl an dem wir als IG Metall einen nicht unerheblichen Anteil haben.

Wir sind mehr als Tarifverträge und Betriebsräte.

Wir sind in der Krise auch ein Stück Sicherheit für die Menschen. Deshalb müssen wir gerade jetzt besonders sichtbar sein und wir müssen die Politik und die Unternehmer weiter vor uns hertreiben. Wir müssen wachsam bleiben – die Krise darf nicht genutzt werden, um Arbeitnehmerrechte und Grundrechte zu verändern oder anzutasten.

Blick nach vorne?

Als IG Metallerinnen und Metaller sind wir krisenerprobt. Wir haben viele Schließungen verhindert unter dem Einsatz von Blut, Schweiß und Tränen und unter Herstellung von flächendeckender Solidarität. Das heißt konkret: Uns haut so schnell nichts um.

Wir gehen davon aus, dass der Lockdown sich in absehbarer Zeit wieder lockert – das muss er allein deshalb, damit wir die Industrie auch zügig wieder hochfahren können. Denn unser Gesundheitssystem hat bei aller Ausbaufähigkeit vor allem im Hintergrund eines: Geld, dass andere Länder nicht haben. Damit das so bleibt, muss man die Maßnahmen genau abwägen.

Und eines steht doch jetzt schon fest: Es wird eine Zeit nach Corona geben. Eine Zeit, in der wir genau hinschauen werden, wie sich die Arbeitgeber verhalten haben und in der wir beim Aufbau darauf achten müssen, dass die, die es am Ende immer richten – nämlich unsere Kolleginnen und Kollegen gerade DANN auch vernünftig und gerecht behandelt und entlohnt werden.

Die IG Metall wird eher mehr als weniger zu tun haben. Also gehen wir es an – mutig, entschlossen und vor allem: GEMEINSAM!

Quelle:

IG Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen

Sachsen