Die Gefängniskrise in Kolumbien verschärft sich
Am gestrigen Montag, den 20. April, warnten in Kolumbien eine Reihe von Hochschullehrenden und Forschern aus den Bereichen Strafrecht, Kriminologie und Kriminalpolitik in verschiedenen Hochschuleinrichtungen des Landes vor der Schwere des Gefängnisnotstands und der Menschenrechte, die in kolumbianischen Gefängnissen aktuell sind.
Im Gefängnis von Villavicencio, wo letzte Woche der erste Fall eines mit Coronavirus infizierten Insassen bekannt war, sind nun 23 Ansteckungen bestätigt, noch gravierender ist die Zahl von drei Toten. Die staatliche Gefängnisbehörde INPEC bestätigte am Samstag die ersten beiden Fälle von Coronavirus im Gefängnis La Picota in der Hauptstadt Bogotá. Es handelt sich um zwei Insassen, die am 1. April aus dem Gefängnis Villavicencio in die Hauptstadt verlegt worden waren. Auch in dem Gefängnis in Florencia in der Provinz Caquetá wurde nun ein aus Villavicencio verlegter Häftling positiv auf das Coronavirus getestet.
Die Sachverständigengruppe fordert die nationale Regierung auf, alle Hindernisse für einen effektiven Zugang zu häuslicher Haft zu beseitigen und die Gesundheit und das Leben sowohl der Gefängnisinsassen als auch der Gefängnisbeamten auf reale und wirksame Weise zu gewährleisten. Schon seit Wochen fordern die Inhaftierten Straffreiheit oder Mechanismen der häuslichen Haft, jenseits der menschenunwürdigen Haftbedingungen in den überfüllten Gefängnissen, die bisher keinen Plan der Prävention gegen das gefährliche Virus haben.
Es sei daran erinnert, dass am 21. März Gefangene aus verschiedenen Gefängnissen des Landes Proteste und Unruhen initiierten. Sie forderten menschenwürdige Bedingungen in den Gefängnissen, die aufgrund ihrer Bedingungen einen Ansteckungsschwerpunkt darstellen würden. Im Gefängnis Modelo von Bogota sollen bei den Unruhen 23 Häftlinge getötet worden sein. Ministerin Margarita Cabello und INPEC-Generaldirektor Norberto Mujica sprachen von einem Fluchtversuch, soziale Organisationen hingegen von einem Massaker an den protestierenden Gefangenen. Die Staatsanwaltschaft richtete ein spezielles Team ein, um diesen Vorgang zu untersuchen.
Schon länger weisen nicht nur in Kolumbien, aber hier speziell aufgrund der Haftbedingungen, Experten darauf hin, dass die Inhaftierungsformen und die Überbelegung der Gefängnisse sie zu einem bedeutenden Übertragungsgebiet für das COVID-19-Coronavirus machen und damit die Gesundheit und das Leben aller Menschen gefährden kann, die in dieser Umgebung interagieren. Hauptprobleme der Gefängnisse sind die schlechte Qualität des Wassers, das diese Zentren versorgt, die begrenzten Räume und Schlafzellen, in denen sie die Nächte verbringen und die Alltagsgewalt, zum einen durch das „Recht des Stärkeren“ und zum anderen durch die Repressionen der Gefängnisbehörde und ihrer Bediensteten.
Viele Personen müssen sich zu kleine Räume teilen, die schlafen in Fluren und anderen Räumen als in eigentlichen Zellen. Aufgrund der geografischen und klimatischen Lagen gibt es häufig Probleme mit der Hygiene, keine Heizung oder Lüftung sowie permanente Feuchtigkeit. Die Überbelegung verschlechtert die Infrastruktur von Zellen, Bädern und Gemeinschaftsräumen, wobei einige unbrauchbar und ungesund sind, was zu unhygienischen Bedingungen und Einschränkungen im haftalltag führt. in den öffentlichen Dienstleistungen dieser Räume führt.
Die Gesundheitsdienste sind schlecht, oft aufgrund des Mangels an spezialisiertem Personal in den Gefängnissen. Zudem gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Hygieneartikeln sowie unzureichende Medikamente. Dies stellt ein Risikoszenario für die Ausbreitung von Krankheiten dar, bzw. für Folgeerkrankungen auch nach der Haftentlassung. Diese Bedingungen zu ändern fordern neben der Nationalen Gefängnisbewegung (MNC) auch soziale Organisationen oder Parteien wie die FARC, die sich jüngst in einem Aufruf an die Öffentlichkeit wendeten.
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