Kita-Beschäftigte fühlen sich allein gelassen
Seit dieser Woche (Montag, 27.04.2020) öffnen die Kitas für eine weitere Elterngruppe ihre Notbetreuung. Nun können auch Alleinerziehende das zuvor wegen der Corona-Krise eingeschränkte Angebot wieder wahrnehmen. ver.di begrüßt die Erweiterung, fordert aber deutliche Maßnahmen, da der Gesundheitsschutz in den Kitas häufig nicht ausreichend eingehalten werden kann. Die Beschäftigten bekunden ihre Verunsicherung.
Die pädagogischen Fachkräfte in Nordrhein-Westfalen befürchten nun eine unkontrollierte Erhöhung der Nachfrage auf Notbetreuung und eine Überforderung der Kitas. „Um die pädagogischen Fachkräfte der Kitas gesund und die Kitas arbeitsfähig zu halten, müssen wir jetzt besonders gut auf die Beschäftigten achten und gute und sorgfältig geplante Arbeitssituationen schaffen“, erklärte Marlene Seckler, zuständige Gewerkschaftssekretärin für die kommunalen Kitas in NRW. „Zum Schutz aller Beteiligten müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die eine flexible Anpassung hinsichtlich wechselnder Entwicklungsszenarien ermöglichen. Die Öffnung für Kinder alleinerziehender Eltern befürworten wir grundsätzlich, doch dies darf nicht zur weiteren Ausbreitung der Epidemie führen. Wie viele der rund 316.000 Alleinerziehenden Kinder im Kita-Alter haben und wie viele davon auf die Notbetreuung angewiesen sind, ist nicht transparent.“ Am 23. April trat eine Erweiterung der anspruchsberechtigten Berufsgruppen in Kraft und seit dem 27. April gilt die Notbetreuung für alle Kinder alleinerziehender Eltern.
„Der Ausschluss von Masken für alle Kita-Kinder gemäß den Fachempfehlungen des Familienministeriums ist für uns nicht nachvollziehbar, insbesondere da seit Montag in Geschäften und ÖPNV eine Maskenpflicht gilt und hier sicherlich die Abstandsregeln eher einzuhalten sind als bei der Arbeit mit kleinen Kindern. Das Tragen von Masken könnte mehr Schutz bieten. Je nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes sowie der Situation vor Ort können sich Kinder sehr wohl an eingeübte Regeln halten und eine Maske tragen. Hier bedarf es jeweils einer pädagogischen Bewertung der Fachkräfte vor Ort. Deshalb halten wir weder ein Maskenverbot noch eine Maskenpflicht für zielführend“, betonte Agit Boztemur, zuständig für die nordrhein-westfälischen Kitas der Kirchen und Wohlfahrtsverbände.
Für die Vermeidung von Infektionen bleibe die Gruppengröße während des Notbetriebs ein entscheidender Faktor. Dieser hänge maßgeblich vom Betreuungsbedarf der Kinder, der die Alters- und Inklusionsbedarfe umfasst, sowie den örtlichen Räumlichkeiten und Bedingungen ab. Kontakte müssten minimiert und Abstandsregeln eingehalten werden können. Je nach Betreuungsbedarf und Örtlichkeit verringere sich dadurch die zu betreuende Zahl an Kindern pro Gruppe maßgeblich. Ein festgelegter Personal-/Kind-Schlüssel lässt diese unterschiedlichen Bedarfe der Kinder leider unberücksichtigt.
Das Familienministerium hatte am Sonntag die Fachempfehlung Nr. 16 veröffentlich, die Gruppen von 10 Kindern vorsieht und auch den Einsatz von einrichtungsfremden Personal ermöglicht. ver.di fordert, neben der Ausstattung der Einrichtungen mit Schutzmasken und Desinfektionsmitteln, sachgerechte Unterweisungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den individuellen Hygienemaßnahmen und die Unterstützung bei der Entwicklung pädagogischer Konzepte für die Ausnahmesituation durch den Arbeitgeber. Darüber hinaus müssten die Reinigungsstandards an die aktuelle Situation angepasst werden.
„Die fortschreitende Öffnung der Kitas muss an die jeweiligen Schutzmöglichkeiten gebunden sein. Hier benötigen die Beschäftigten Klarheit zu Quarantänekonzepten und Schließungsmechanismen. Der Vorschlag aus der Fachempfehlung 16, eine Reduzierung der Betreuung dem Dialog mit den Eltern zu überlassen, halten wir aufgrund des Leidensdrucks der Eltern für nicht praktikabel. Hier müssen die Träger in die Verantwortung genommen und das Kita Personal darf nicht allein gelassen werden“, so Seckler abschließend.
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