Mit Söldnern, Dealern und Terror
Nach dem Scheitern einer Landungsoperation an der Küste Venezuelas am 3. Mai melden die Sicherheitskräfte des südamerikanischen Landes nahezu täglich die Festnahme weiterer mutmaßlicher Söldner. So wurden am vergangenen Sonntag in der Colonia Tovar – die aufgrund ihres deutschen Einflusses auch als „Schwarzwalddorf in den Tropen“ bekannt ist – drei Terroristen festgesetzt. Insgesamt wurden nach offiziellen Angaben im Zusammenhang mit der gescheiterten Invasion bislang mehr als 30 Personen inhaftiert, unter ihnen zwei US-Bürger.
Bei einem dieser beiden Nordamerikaner führt die Spur nach Deutschland. Airan Seth Berry war bis 2013 als US-Soldat in Stuttgart stationiert und lebt seither mit seiner Familie in Schweinfurt. Bei ihm wurden unter anderem ein deutscher Führerschein und eine Krankenversicherungskarte der Barmer Ersatzkasse sichergestellt. Seinen Aussagen zufolge wurde er vom US-Sicherheitsunternehmen Silvercorp für den Einsatz in Venezuela angeheuert. Der Chef der Firma, Jordan Goudreau, hat die Beteiligung an der Invasion inzwischen öffentlich bestätigt. Das geht auch aus einem Vertrag hervor, der unter anderem die Unterschriften von Goudreau und dem selbsternannten venezolanischen „Übergangspräsidenten“ Juan Guaidó trägt. Venezolanische Medien und die US-amerikanische „Washington Post“ haben das Dokument veröffentlicht.
Der Versuch, mit ausländischen Söldnern die rechtmäßige Regierung Venezuelas zu stürzen, stellt eine neue Etappe der imperialistischen Aggression gegen Caracas dar. Es geht offenkundig nicht mehr nur darum, den 1999 von Hugo Chávez initiierten Reformprozess endgültig abzuwürgen, sondern um die Zerstörung der Fundamente des demokratischen Staates selbst. In Venezuela wird dieses Vorgehen bereits mit dem Krieg in Syrien verglichen, wo islamistische Terrorbanden gegen die Regierung in Damaskus vorgeschickt wurden. In Venezuela setzt der ultrarechte Flügel der Opposition offenkundig auf eine Zusammenarbeit mit kriminellen Banden, die in einigen Vierteln von Caracas aktiv sind. Eine solche Koordination hat etwa der als Drogenhändler international gesuchte Alberto Socorro Hernández („Pepero“) nach seiner Verhaftung durch die venezolanischen Sicherheitskräfte bestätigt. So hatte es im Stadtviertel Petare fünf Nächte lang Feuergefechte gegeben, die offenbar die Sicherheitskräfte von der bevorstehenden Landung der Söldner ablenken sollten. Gegen diese Banden richtete sich in der vergangenen Woche eine Großrazzia der venezolanischen Sicherheitskräfte in Petare, einem gigantischen Barrio in Caracas, bei der Medienberichten zufolge zwölf Kriminelle getötet wurden. Der als „Pate von Petare“ bekannte Bandenchef Wilexis Alexander Acevedo Monasterios kündigte daraufhin Rache an. Nun gehe es nicht mehr nur um die Kontrolle des Gebiets, sondern um den Sturz Maduros, schloss er sich offiziell den Putschisten an.
Die Strategie der Regierungsgegner ist es, den Staat und die venezolanische Bevölkerung auf allen Ebenen gleichzeitig zu attackieren. Inmitten der Corona-Pandemie wird das gesellschaftliche Leben so durch die Provokation von Warenknappheit und Stromausfällen sowie durch Fälle von Korruption zerrüttet. In der vergangenen Woche prangerte die Regierung etwa neue Sabotageakte gegen die Energieversorgung an, durch die es landesweit zu teilweise mehrstündigen Stromausfällen kam.
Das bisherige Scheitern der „Operation Gideon“, wie die Offensive gegen die Regierung Maduro von den Contras genannt wurde, legt auch das völlige Versagen von Juan Guaidó offen, der praktisch nur noch von seinen Hintermännern in Washington getragen wird. Nach Bekanntwerden der direkten Verwicklung des „Übergangspräsidenten“ und einiger seiner engsten Berater in die Planung einer Söldnerinvasion rücken immer mehr seiner bisherigen Unterstützer im In- und Ausland von Guaidó ab. Manche machen ihn inzwischen sogar dafür verantwortlich, dass Maduro immer noch im Amt ist, und werfen ihm „Verrat“ vor. So habe diese erbärmlich geplante, dilettantisch durchgeführte und „zirkusreife“ Landung die Regierung weiter gestärkt.
Von den Regierungen der angeblich 50 Länder, die Guaidó als „Übergangspräsidenten“ anerkannt haben, herrscht zu den jüngsten Vorgängen nur Schweigen. In Venezuela wird das als Versuch gewertet, sich angesichts der Existenz eines Vertrages, in dem offen die Ermordung führender Politiker und auch von Zivilisten festgelegt wird, still und heimlich von Guaidó abzusetzen oder sich zumindest nicht noch weiter in seine Machenschaften hineinziehen zu lassen. Auch von der deutschen Bundesregierung gab es bis zum vergangenen Montag keine Stellungnahme zu den Vorgängen. Zugleich kursierten in Caracas Gerüchte, dass sich Guaidó in eine europäische Botschaft absetzen könnte, Frankreich habe ihm bereits Asyl zugesagt.
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