Zeit nutzen, um Schulöffnungen seriös vorzubereiten
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat gemahnt, dass Kultusministerkonferenz (KMK) und Länder die Zeit bis nach den Sommerferien nutzen müssen, um die Schulen auf eine schrittweise Wiederöffnung vorzubereiten und sie zu unterstützen. Die Bildungsgewerkschaft warnte für „vollmundigen Versprechungen und einem Wetteifern um die schnellste und weitestgehende Öffnung von Schulen“. „Wir brauchen dringend – auch vor Ort – Runde Tische mit Vertretungen der Lehrkräfte, Eltern und Schüler sowie aus Medizin und Bildungswissenschaft, um bestmögliche Lösungen zu entwickeln und die Interessen aller an Schule Beteiligten weitgehend zu berücksichtigen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Freitag mit Blick auf die gestrigen Entscheidungen der KMK. Hygiene- und Abstandsregeln, pädagogische Konzepte und digitale Ausstattung der Schulen seien die drei zentralen Themenfelder, die jetzt geklärt werden müssten.
„Das Abstandsgebot und wirksame Hygienemaßnahmen sind weiterhin das A und O an den Schulen, um Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern vor Infektionen zu schützen. Hier braucht jede Schule mit Blick auf die Gebäude und die sanitären Anlagen ein eigenes Konzept. Auf das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen zwei Menschen in den Schulen zu verzichten, ist der falsche Weg. Solange die Abstandsregeln – aus guten Gründen – in der Gesellschaft eingehalten werden müssen, muss dies auch in der Schule gelten“, betonte Tepe. Sie wies auf die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen, bei Familienfeiern oder in Gottesdiensten hin, bei denen die Abstandsregeln offenbar nicht eingehalten worden seien. Zudem seien in vielen Bundesländern Schulen kurz nach der Öffnung wegen Corona-Fällen bereits wieder geschlossen worden. „Das kann niemand wollen. Erneute Schulschließungen belasteten die Familien zusätzlich“, unterstrich die GEW-Vorsitzende.
„Die Schulen müssen jetzt tragfähige pädagogische Konzepte für einen Mix aus Präsenz- und Fernunterricht entwickeln. Diesen folgt die Organisation des Schulbetriebs. Dabei müssen die Schulen die personellen Ressourcen und die räumlichen Möglichkeiten berücksichtigen“, sagte Tepe. Dafür brauchten die Schulen die Unterstützung der Schulämter sowie mehr und bessere Weiterbildungsangebote für die Lehrkräfte. „Bisher haperte es gewaltig an den Weiterbildungsangeboten für die Lehrkräfte zum Thema Digitalisierung. Laut einer aktuellen GEW-Studie sind nur 18 Prozent der Lehrkräfte mit den Angeboten zufrieden. Deshalb muss die Weiterbildung endlich schnell ausgebaut und passgenauer werden. Nur mit guten Konzepten können die Schulen die neuen Aufgaben gut bewältigen.“ Bei der Konzeptentwicklung müssten die Schulen von der Prüfungsfixierung wegkommen und stärker das „Lernen lernen“ in den Vordergrund stellen. „Die Corona-Krise bietet auch die Chance, Formen des selbstständigen Lernens aktiv voran zu treiben. Diese Entwicklungen müssen die Kultusministerien durch Regelungen unterstützen und den Schulen schulinterne Fortbildung ermöglichen. Damit könnte Schule die ohnehin benachteiligten Schülerinnen und Schüler, aber auch die besonders begabten besser unterstützen“, hob Tepe hervor.
„Voraussetzung für alle Konzepte ist, dass die Ausstattung der Schulen mit digitaler Infrastruktur und Endgeräten zielgerichtet und schnell vorangetrieben wird. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen noch stärker investieren als bisher im ‚Digitalpakt Schule‘ vorgesehen. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass 90 Prozent der Lehrkräfte ihre privaten Endgeräte nutzen müssen, um Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu halten. Auch die Kinder und Jugendlichen müssen schnell und unbürokratisch mit Geräten und Programmen ausgestattet werden“, sagte die GEW-Vorsitzende. „Es ist richtig, dass sich der Bund jetzt auch an der Ausbildung und Finanzierung der IT-Administratoren beteiligt. Dies ist jedoch eine Daueraufgabe, die eine dauerhafte Unterstützung benötigt. Die Befristung ist nicht sachgerecht und lässt die Schulen mittelfristig im Regen stehen.“
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