Im Kampf gegen Corona
Trotz wirtschaftlicher Misere, der Blockade durch die USA und anhaltendem Terror durch die radikale Opposition ist es Venezuela bislang gelungen, die Ausbreitung von Covid-19 einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Obwohl das Land in der Region die meisten Tests auf das neuartige Coronavirus durchführt – bis zum vergangenen Wochenende mehr als eine Million – ist die Zahl der Infektionen im Vergleich zu den Nachbarstaaten verschwindend gering. Gab es in Venezuela am vergangenen Wochenende gut 2.300 bestätigte Ansteckungen, meldete das benachbarte Brasilien am selben Tag über 670.000 Fälle. Peru kam auf über 190.000 Fälle, Ecuador zählte mehr als 43.000 Erkrankungen und Kolumbien kam auf knapp 37.000. Im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben waren in Venezuela zu diesem Zeitpunkt 22 Menschen – gegenüber fast 36.000 in Brasilien, 5.300 in Peru und 3.600 in Ecuador.
Trotzdem ist die Lage in Venezuela kompliziert, denn die Zahl der Neuinfektionen nimmt schneller zu als noch vor wenigen Wochen. Die Regierung führt das darauf zurück, dass inzwischen zehntausende Menschen, die in den vergangenen Jahren aus Venezuela ausgewandert waren, in ihre Heimat zurückkehren – und manche von ihnen schleppen das Virus ein. Insbesondere von Kolumbien aus soll es ohne größere Probleme möglich sein, gegen die Zahlung von Schmiergeld über Schleichwege die Grenze zu überqueren und so auch Gesundheitskontrollen zu umgehen. So hatte Venezuela in den 24 Stunden vom 5. auf den 6. Juni insgesamt 171 Neuansteckungen registriert, 105 davon bei Personen, die gerade aus Kolumbien zurückgekehrt waren.
Um das Einschleppen des Virus möglichst zu verhindern, müssen alle Einreisenden für zwei Wochen in Quarantäne – eine Regelung, wie sie in vielen Ländern der Welt gilt und zeitweilig auch in Deutschland angewandt wurde. Trotzdem veröffentlichte „tagesschau.de“ am 2. Juni eine regelrechte Horrorgeschichte über die „Quarantänelager“. Es seien dort 1.000 Leute zusammengepfercht, meldet das Flaggschiff des deutschen Fernsehjournalismus unter Berufung auf ein angeblich aus dem Lager geschmuggeltes Handyvideo. Die Regierung helfe den Rückkehrern nicht, sondern benutze die „Flüchtlinge“ nur für politische Zwecke, heißt es, und weiter: „Sie sagen, Kolumbien habe uns schlecht behandelt, aber das stimmt nicht. Dort haben sie uns geholfen, hier nicht.“
Auf UZ-Nachfrage weist Carolus Wimmer, Internationaler Sekretär der Kommunistischen Partei Venezuelas, solche Berichte zurück. Es gebe in Einzelfällen zwar Probleme und die von den USA und der Europäischen Union gegen das Land verhängten Sanktionen erschwerten die Lage, „aber bisher klappt es ganz gut“. Auch die Weltgesundheitsorganisation sei im Lande präsent und überwache die Lage. Die Horrorberichte führt Wimmer darauf zurück, dass die meisten Heimkehrer der Opposition angehören und auch nach ihren negativen Erfahrungen im Ausland kritisch gegenüber Präsident Nicolás Maduro und dessen Regierung eingestellt seien. Sie würden sicherlich nicht heimkehren, wenn es ihnen zum Beispiel in Kolumbien wirklich gut ergangen wäre, denn die wirtschaftliche Lage in Venezuela ist nach wie vor kompliziert, es herrschen Treibstoffmangel, Stromausfälle und Warenknappheit. Zudem greifen neben Covid-19 auch andere ansteckende Krankheiten um sich, etwa Tuberkulose. „Niemand, der im Ausland gut lebt, wird im Moment zurückkommen“, ist Wimmer deshalb überzeugt.
Eine leichte Entspannung bei der Benzinversorgung konnte Venezuela verzeichnen, nachdem seit Ende Mai fünf Tanker aus dem Iran den Bedarf für etwa einen Monat geliefert haben. Das Erdölland Venezuela kann seine Raffinerien derzeit praktisch nicht betreiben, weil durch die Blockadepolitik der USA und der EU dringend benötigte Ersatzteile fehlen. Auch hier hilft Teheran offenbar mit Technikern und Material, um zumindest einige der Anlagen wieder in Gang setzen zu können.
Für Unmut sorgt allerdings die Art und Weise, mit der Venezuelas Regierung die Benzinversorgung sicherstellen will. Nur in einem Teil der Tankstellen sollen die Venezolaner den Treibstoff zu subventionierten Preisen in der Landeswährung Bolívar erwerben können. An zahlreichen anderen können die Fahrzeuge dagegen nur gegen US-Dollar aufgetankt werden. Diese Zapfsäulen werden nicht vom Staatskonzern PDVSA, sondern von privaten Unternehmern betrieben – und die Zeitung der KP Venezuelas, „Tribuna Popular“, fragt in ihrer Juni-Ausgabe deshalb, woher denn diese Unternehmer das Benzin erhalten haben: „Warum und zu welchen Bedingungen übergibt man einer Handvoll Bourgeois 200 Tankstellen der PDVSA?“ Dieser Prozess der Privatisierung und Dollarisierung des Benzingeschäfts sei ein „historischer Rückschritt“ und widerspreche dem nationalen und Volksinteresse. „Die Regierung muss dem Volk erklären, warum sie inmitten einer schrecklichen Inflation und eines allgemeinen Kollaps der Wirtschaft, durch die sich die Lebensqualität des Volkes verschlechtert, einigen parasitären Bourgeois obszöne Privilegien verleiht. Wie ist es zu erklären, dass eine Regierung, die sich revolutionär nennt, anstatt zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel voranzuschreiten, die Privatisierung der strategischen Aktiva der Republik betreibt?“
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